20100330

Martin Adel: Er erniedrigte sich selbst

28.3.2010 - Palmsonntag

Gute Nachricht – Phil 2,5-11
5 Habt im Umgang miteinander stets vor Augen, was für einen Maßstab Jesus Christus gesetzt hat:
6 Er war in allem Gott gleich, und doch hielt er nicht gierig daran fest, so wie Gott zu sein.
7 Er gab alle seine Vorrechte auf und wurde einem Sklaven gleich.
Er wurde ein Mensch in dieser Welt und teilte das Leben der Menschen.
8 Im Gehorsam gegen Gott erniedrigte er sich so tief, dass er sogar den Tod auf sich nahm, ja, den Verbrechertod am Kreuz.
9 Darum hat Gott ihn auch erhöht und ihm den Rang und Namen verliehen, der ihn hoch über alle stellt.
10 Vor Jesus müssen alle auf die Knie fallen –alle, die im Himmel sind, auf der Erde und unter der Erde; 11 alle müssen feierlich bekennen: »Jesus Christus ist der Herr!« Und so wird Gott, der Vater, geehrt.


Liebe Gemeinde,
wem folgen wir nach? Was sind unsere Leitbilder? Was sind die Grundwerte, an denen wir uns ausrichten? Werte, die uns stark machen, um auch widerstehen zu können!
Bei einem Elternabend in einer unserer Tagesstätten zum Thema Werte und Erziehung sind einige aufgestanden und gegangen, als es darum ging, dass man Kindern auch Grenzen setzen muss und unsere Kindern einen festen Rahmen brauchen, der auch uns Eltern in manche Konsequenz drängt und in die Pflicht nimmt.
Ja, liebe Gemeinde,
wir dürfen uns schon fragen lassen, was unsere Leitbilder sind, denn unser heutiges Bibelwort beginnt mit einem Rahmen und einem Leitbild für unsere Leben. Es beginnt aber nicht mit einer Frage, sondern gleich mit der Antwort: (Phil 2,5)
5 Habt im Umgang miteinander stets vor Augen, was für einen Maßstab Jesus Christus gesetzt hat:

Wissen wir das noch? Wir, die wir in der Nachfolge Jesu Christi stehen, haben ein Vorbild. Ein Vorbild, das nicht beliebig ist oder willkürlich, sondern ein konkretes Vorbild: Jesus Christus. Ob uns das passt oder nicht.
Und wir lassen uns darauf festlegen und werden daran gemessen – ob wir wollen oder nicht. Jesus Christus.
Das Schlimme an den Missbrauchsfällen in der Kirche ist ja nicht nur, dass es so etwas auch unter uns und in unseren Reihen gibt, sondern wie damit in unserer Kirche umgegangen wird. Wo die Wahrheit darüber steht, dürfen wir nicht vertuschen und lügen und verheimlichen – ob uns nun die Öffentlichkeit und manche einseitige Berichterstattung passt oder nicht. Was dunkel ist muss offenbar werden und kann erst im Lichte Jesu Christi wieder heil werden.
Die Bibel hat uns das doch vorgelebt.
Was ist denn mit einem Judas? Er ist nicht aus der Bibel herausretuschiert worden, damit der Jüngerkreis sauber bleibt. Oder Petrus? Der Fels, auf dem Christus seine Gemeinde bauen wird. Er wird zum Leugner seines Herrn da am Feuer bei den Soldaten. Und danach fragt ihn der Auferstandene: Hast du mich lieb? Und dann: Weide meine Schafe.
Oder Paulus – er bleibt mit seinem Makel überliefert. Der Christenverfolger und dann zum Heidenapostel gewandelt – durch Gottes Gnade.
Meinen wir, dass wir es als Kirche besser könnten als unser Herr?
Gerade wir sind doch in Christus befähigt von Schuld zu sprechen, Strafe auf uns zu nehmen und um Vergebung zu bitten. Sind uns nun auch schon die Einschaltquoten wichtiger als die Wahrheit?
Viele in unseren Tagen legen sich ja gar nicht mehr fest, damit sie auch nicht daran gemessen werden können. Oder man bastelt sich einfach seine eigene Moral und Ethik – vor der man dann zumindest selbst gut dasteht.
Aber wir Christen sind festgelegt – und das ist auch gut so. Und da spielt es keine Rolle mehr, ob katholisch oder evangelisch oder orthodox. Wir sind alle erkannt als Christen.
Nicht, dass wir es schon erfüllt hätten. Das sei ferne. Aber streben sollen wir danach. Uns mühen, gegenseitig ermutigen und befördern. Weil es eben nicht Wurst ist, was wir tun, sondern weil wir ausgerichtet sein – neu orientiert.
5 Habt im Umgang miteinander stets vor Augen, was für einen Maßstab Jesus Christus gesetzt hat:
Und wir dürfen stolz darauf sein. Weil wir durch diesen Maßstab etwas schaffen, was sonst gar nicht so selbstverständlich ist in dieser Welt. Gemeinschaft über alle Grenzen hinweg.
Alt und Jung. Hartz IV Empfänger und Millionäre. Arbeiter, Angestellte und Studierte. Arme und Reiche. Mann und Frau. Gesunde und Kranke. Und wir kommen aus den verschiedensten Teilen der Erde. Deutsche aus Russland. Deutsche aus Siebenbürgen. Bayern, Franken, Schwaben, Nordlichter und Menschen aus anderen Ländern und Teilen der Erde. Ein kleines Abbild des Reiches Gottes hier auf Erden. Bei uns in der Südstadt. Meistens sehen wir das nicht oder wollen es gar nicht wahrhaben. Und natürlich sind wir nicht perfekt – oh, das ist weit gefehlt. Aber ein Anfang ist gemacht.
Und das alles nicht, weil wir so toll sind, sondern weil uns der EINE hier zusammen geführt hat. Gott selbst in Jesus Christus durch seinen Geist. Und sei es nur erst einmal für diese eine Stunde in der Woche.
Sehen wir das überhaupt noch? Spüren wir das noch? Glauben wir das noch?
5 Habt im Umgang miteinander stets vor Augen, was für einen Maßstab Jesus Christus gesetzt hat:

Und der Maßstab diese Jesus Christus von Nazareth stellt die Maßstäbe dieser Welt auf den Kopf. Denn er spricht nicht vom Herrschen, sondern vom Dienen. Er spricht nicht vom Nehmen, sondern vom Geben. Die Bereicherung des Menschen stellt er an den Pranger und stellt ihr ein Armutszeugnis aus. Der Erste wird der Letzte und der Letzte der Erste sein.
Glauben wir das noch, wenn wir die Betrogenen sind, um unseren Arbeitsplatz beraubt, verspielt auf dem großen Roulett-Tisch der Börsen und Banken. Lüge und Betrug und womöglich haben wir sogar noch mitgespielt.

Doch was soll unser Maßstab sein, wenn wir schon nicht dieser Welt auf den Leim gehen wollen, die nach immer mehr giert und uns die Unzufriedenheit einprügelt, damit wir nur noch haben wollen und kaufen und noch mehr kaufen und unglücklich sind, weil wir uns nicht diesen Fernseher leisten können oder jenes Videospiel. Was ist unser Maßstab?

Und dann hören wir:
6 Jesus Christus war in allem Gott gleich, und doch hielt er nicht gierig daran fest, so wie Gott zu sein. 7 Er gab alle seine Vorrechte auf und wurde einem Sklaven gleich.
Er wurde ein Mensch in dieser Welt und teilte das Leben der Menschen. 8 Im Gehorsam gegen Gott erniedrigte er sich so tief, dass er sogar den Tod auf sich nahm, ja, den Verbrechertod am Kreuz.


Christus gibt alle seine Vorrechte auf!
Er, der gar keinen Grund gehabt hätte, seine königliche Macht und seine himmlische Hoheit aufzugeben, der macht sich selbst die Finger schmutzig und wird Mensch. Einer von uns.
Es wäre nicht notwendig gewesen. Christus hätte auch bleiben können – dort, beim Vater. Was interessieren ihn die Menschen. Wir hatten alles, so wie wir geschaffen wurden. Doch wir haben es verspielt. Immer wieder verspielt – weil wir nicht gehorsam sind. Wie oft bleiben wir in unserer Gier, in unserem Neid, in unserer Bequemlichkeit und unsere Unversöhnlichkeit.
Doch Christus macht sich auf den Weg – noch einmal zu uns, um uns einen anderen Weg zu zeigen und zu ermöglichen. Den Weg der Versöhnung und der Liebe und des Friedens. Doch die Welt hats nicht erkannt.
Luther übersetzt hier:
6 Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, 7 sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. 8 Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.
Christus geht den umgekehrten Weg. Und dadurch werden ganz andere Werte wieder wichtig. Werte, die oft so gar keinen Platz mehr in unsere Immer-Mehr-Haben-Wollen-Gesellschaft finden.
Die Mutter, die sich aufopfert für das Wohl ihrer Kinder. Der Vater, der noch ein paar Überstunden drauf packt, um der Tochter den Ausflug ins Schullandheim bezahlen zu können. Die Oma, die ihre Rente spart, damit die Kinder die Wohnung schneller abbezahlen können. Die Mitarbeiter, die sich treu für ihren Betrieb ins Zeug legen, bis die Krise überstanden wird. Und sie werden nicht beschissen, denn der Geschäftsführer setzt sich für seine Mitarbeiter ein und beteiligt sie fair am Umsatz und Gewinn. Das sind doch die Werte, die unsere Gesellschaft zusammen halten. In der Rücksicht aufeinander und der Fürsorge umeinander. Jesus zeigt mit seinem Leben da hin, wo wir oft gar nicht mehr hinsehen wollen. Wo neben dem Ich, Ich, Ich wieder ein DU in den Blick kommt und daraus ein WIR werden kann. Und er tritt dafür ein mit seinem ganzen Leben – bis zum Tod, ja zum Tode am Kreuz.
Und Gott hat sich in IHM festgelegt – festgelegt für uns, damit unsere Welt menschlicher wird und wir dadurch göttlicher, hin zum Reich Gottes. So wie es weiter heißt:
9 Darum hat Gott Jesus Christus auch erhöht und ihm den Rang und Namen verliehen, der ihn hoch über alle stellt. 10 Vor Jesus müssen alle auf die Knie fallen –alle, die im Himmel sind, auf der Erde und unter der Erde; 11 alle müssen feierlich bekennen: »Jesus Christus ist der Herr!« Und so wird Gott, der Vater, geehrt.
Amen.

20100324

Ute Lehnes-de Fallois: "So lange du deine Füße unter meinen Tisch streckst..."

21.3.2010 - Sonntag Judica
Anspieltexte Familiengottesdienst
Ansprache zu Markus 10,41-45


Spielszene 1: Die Hausaufgabenkontrolle

Beteiligte: Erzähler/in (Erwachsene); Mutter (Erwachsene); zwei Kinder;Szene: im Kinderzimmer; zwei Schreibtische; Büchertasche;

Erzähler/in: Es ist Abend. Frau Freudenberg-Müller, seit ihrer Scheidung vor zwei Jahren alleinerziehende Mutter, ist gerade wie an jedem Abend dabei, die Hausaufgaben ihrer Kinder Sven, 8 Jahre und Johanna, 10 Jahre, zu kontrollieren.

Mutter (an Johannas Schreibtisch zu Johanna):
Gab’s heute etwas Besonderes bei dir in der Schule?
Habt ihr die HSK-Probe zurückbekommen?

Johanna (strahlt): Ja, ich hab’ eine Zwei!

Mutter: Na, prima, das freut mich!
Lass mich mal noch kurz deine Hausaufgaben sehen!

Johanna (zückt willig ihre Hefte und reicht sie ihrer Mutter) ----

Mutter (betrachtet die Hefte nacheinander zufrieden):
Gut gemacht, meine Große! Auf dich kann ich mich halt verlassen.

Die Mutter (geht nun zu Svens Schreibtisch):
Na, Sven, was hattest du denn heute auf?

Sven: Lesen und Schreiben.

Mutter: Dann zeig mir mal dein Schreibheft und danach liest du mir dein Lesestück vor.

(Sven kramt umständlich nach seinem Schreibheft. Schließlich findet er es und gibt es der Mutter. Die Mutter schaut die Hausaufgaben an; dabei verfinstert sich ihre Miene etwas).

Mutter: Hast du dir die Sätze selbst ausgedacht?

Sven: Nö, die mussten wir als Hausaufgabe aus dem Buch abschreiben.

Mutter: Und wieso hast du dann so viele Fehler drin?

Sven: Weiß nicht.

Mutter (genervt):
Ich weiß gar nicht, wie oft ich es dir schon gesagt habe. Die Namenwörter schreibt man groß und die Tun – und Wiewörter klein. Sag’s nach.

Sven: die Namenwörter schreibt man groß und die Tun- und Wiewörter schreibt man klein.

Mutter: Richtig! Und warum machst du es dann nicht?
Also so können wir die Hausaufgabe unmöglich lassen.
Das macht einen ganz schlechten Eindruck.
Du schreibst das jetzt noch mal ab – und zwar richtig!

Sven: Bitte nicht! In 10 Minuten fangen die „Simpsons“ an.

Mutter: Darüber brauchen wir jetzt gar nicht zu diskutieren. Du kannst Fernsehen schauen, wenn du den Text richtig abgeschrieben hast, und vorher nicht!

Sven (den Tränen nahe): ich will aber nicht.

Mutter: Also gut, ich setz mich daneben und helf’ dir.

(Sven öffnet missmutig sein Heft und sein Buch und nimmt einen Stift in die Hand) ---

Mutter: Also beginnen wir mit der Überschrift: „Der rosarote Luftballon“.

(Sven beginnt zu schreiben) ---

Mutter: Wieso schreibst du denn „der“ klein?

Sven: Weil man der/die/das immer klein schreibt. Das hab’ sogar ich mir gemerkt!

Mutter. Aber doch nicht am Satzanfang! Am Satzanfang wird immer alles groß geschrieben.

(Sven seufzt und schreibt) ---

Mutter: Und wieso schreibst du jetzt „rosarot“ groß?

Sven: Wenn man bei dir immer alles groß schreiben muß, dann schreib’ ich jetzt eben immer alles groß!

Mutter (wird lauter): Das ist aber falsch. Kapier es endlich: Rosarot ist ein Wiewort – also klein. Wie ist der Ballon? Wie – also klein.

Sven: Dass der Ballon klein ist, steht aber nicht da, nur dass er rosarot ist ....

Mutter: Sven, du treibst mich noch in den Wahnsinn ...

Erzähler/in: Nach einer weiteren Stunde stehen die 5 Sätze endlich richtig im Heft.
Inzwischen ist es halb acht. Die Mutter ist genervt und Sven hat geweint. Na dann, gute Nacht und angenehme Träume.


Ansprache zu Markus 10,41-45
im Rahmen des Familiengottesdienstes „Solange du deine Füße unter meinen Tisch streckst ....“

41 Als das die Zehn hörten, wurden sie unwillig über Jakobus und Johannes.
42 Da rief Jesus sie zu sich und sprach zu ihnen: Ihr wißt, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an.
43 Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein;
44 und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein.
45 Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, daß er sich dienen lasse, sondern daß er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.



Liebe Eltern, liebe Gemeinde!

Im heutigen Evangelium, das uns Sieglinde Schmidt einmal vor den drei Anspielszenen und einmal danach vorgelesen hat, da geht es um zwei unterschiedliche Systeme, oder nennen wir sie Rahmen, innerhalb derer wir und unsere Kinder uns bewegen.

Da ist zum einen dieser erste Rahmen.
(Bilderrahmen mit Text Herrschaft und Macht zeigen:
Frage an die Kinder: könnt ihr es lesen? ...)
Stellt sich die Frage, wer über uns die Herrschaft und die Macht hat.
(Bilderrahmen weglegen).

Im vergangenen Herbst, als Sieglinde Schmidt und ich die Idee hatten, einen Familiengottesdienst in der Passionszeit mit Ihnen, der Gemeinde und unseren Hortfamilien zu feiern, da war einer unserer ersten Gedanken: worunter leiden denn unsere Kinder und worunter leiden auch wir als Erwachsene oft genug.
Was ist denn unsere Passion und unser Leiden?

Und als wir gemeinsam anfingen darüber nachzudenken, da ist uns ziemlich schnell ziemlich viel eingefallen.

Drei Szenen haben wir Ihnen vorgespielt:
Da war als erstes die alleinerziehende Mutter, Frau Freudenberg-Müller mit ihren beiden Kindern Johanna und Sven, Sie erinnern sich?
Sven, der einfach ein Problem mit dem Schreiben hat und auf der anderen Seite die Mutter, die doch einfach nur möchte, dass ihr Junge in diesem Schulsystem, in dem Rahmen, den eben die Schule vorgibt, besteht und die ihren Jungen vor dem Versagen und dem Frust bewahren möchte.
Am Ende unserer kleinen Anspielszene sind sie beide völlig k.o.
Sven weint, weil die Simpsons nun ohne ihn gelaufen sind und die Mutter ist völlig entnervt, weil sie sich Sorgen um die schulische Laufbahn ihres Sohnes. Und eigentlich meint sie es doch nur gut mit ihrem Jungen. Und eigentlich hat Sven ja seine Mama lieb, aber das mit der Groß-und Kleinschreibung versteht er halt einfach nicht!
Kennen sie solche Szenen?
Ich erinnere mich mit Grauen an häusliche Übungsdiktate und Vokabelabfragen mit meinen Buben.
Und meine jüngste Tochter karpft bis heute in Mathe und Betriebswirtschaftsrechnen zwischen vier und fünf. Vorrücken gefährdet – alle Jahre wieder.

Ich stelle noch einmal die Frage:
Wer hat über uns die Herrschaft und die Macht?
Wer oder was bestimmt da eigentlich unseren Alltag?

Im zweiten Anspiel sahen wir eine typische Schulszene.
Die Matheschulaufgabe wird herausgegeben.
Gute Noten, gute Kinder, schlechte Noten, schlechte Kinder ...
Aber ist das wirklich so?
Wie oft werden schlechte Schüler dazu ermahnt, sich mehr anzustrengen!
Nur nützen tut es meistens nichts.
Und am Ende leiden wieder die Kinder und die Eltern sind entnervt.

Und weil die Kinder den Druck dieses Systems spüren, darum wünschen sie sich zum Geburtstag oft nicht mehr alles Gute, Gesundheit, Spaß und Freunde, sondern gute Noten, viel Erfolg und einen guten Job.

Ich beantworte Ihnen die Frage, wer im Alltag oft die Macht über uns und unsere Kinder hat:
Es ist diese Leistungsgesellschaft, in der wir und unsere Kinder bestehen müssen, und nach deren Spielregeln wir spielen müssen, wenn wir ein einigermaßen abgesichertes Leben führen wollen. Es ist diese Leistungsgesellschaft, die auswählt.
Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen!

Wir können es Drehen und Wenden, wie wir wollen, wir werden diesem System von Leistung, Kontrolle und Druck nicht so schnell entkommen, obwohl sich dieses System selbst immer mehr ad absurdum führt.

Jesus sagt:
Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und die Mächtigen tun ihnen Gewalt an.
Klare Worte.
Solange es um Macht, Karriere und gutes Ansehen für wenige geht, fordert jedes System seine Opfer. Es bringt einige wenige Sieger hervor, aber viele Verlierer.

Verzeihen Sie mir an dieser Stelle ein persönliches Wort zum neuen bayerischen Kinderbildungs- und betreuungsgesetz, das seit dem 1.8.2005 in Kraft ist:
Seitdem dieses Gesetz in Kraft ist, sind uns als Träger vor Ort die Hände gebunden, um nicht zu sagen: wir sind an dieses Gesetz gefesselt. Es muss alles auf Cent und Euro abgerechnet werden, jeder Nachweis ist schriftlich zu führen, der Personalschlüssel muss stimmen, Ausnahmen können nicht mehr gemacht werden, da sonst die öffentlichen Gelder gestrichen werden. Die Leiterinnen der Kindertagesstätten müssen sehr viel Zeit und Energie für die Verwaltungsaufgaben investieren, und die Zeit fehlt dann für das Wichtigste: nämlich für die Kinder!
Und dabei brauchen doch gerade die Kinder die Nähe und Zuneigung, die Fürsorge und Aufmerksamkeit ihrer Erzieherinnen, um den schulischen Druck auch ausgleichen zu können.
Aber für Menschlichkeit und Nächstenliebe hat der Gesetzgeber keine Spalte in der excel-Tabelle vorgesehen. Menschlichkeit und Herzenswärme sind in diesem Abrechnungssystem nicht vorgesehen!

Und Jesus sagt.
Und genau so soll es bei euch eben nicht sein!
Sondern wer groß sein will unter euch,
der soll euer Diener sein; und wer unter euch der erste sein will, der soll aller Diener sein.

Und mit diesen Worten Jesu bin ich schon mitten drin im zweiten Rahmen, im zweiten Bild:
Und mit dem Zweiten sieht man besser!
Und ich habe für Sie und euch in diesen zweiten Rahmen ein Bild gelegt:
(zweites Bild zeigen – Aquarell Kirchgang)
Das Bild heißt der „Kirchgang“
Bei uns in der Kirche, in der Gemeinde, da soll es anders sein. Da soll Platz sein für Menschlichkeit und Nächstenliebe. Dafür gibt es bei uns eine Rubrik,auch wenn es für sie kein Geld gibt. Und diese RUBRIK heißt Liebe!

Es ist die Liebe von Ihnen, den Eltern zu ihren Kindern und die Liebe ihrer Kinder zu Ihnen, die dieses Bild bunt und schön macht. Es ist die gemeinsame Zeit im Schwimmbad, im Kino, beim Spazierengehen, es ist der Gute Nachtkuss und die Umarmung, die das Leben schön machen. Es ist ein gutes Wort, auch nach einer Fünf oder einer Sechs, das die Kinder tröstet. Dass eine Fünf eine schlechte Note ist, das wissen die Kinder schon selbst. Es ist das gemeinsame Leben in der Familie, das gemeinsame Suchen nach Problemlösungen, das die Kinder stark macht. Einzelkämpfer sind die Kinder in der Schule oder wir die Erwachsenen im Beruf oft genug. Es ist das andere, das zweite Programm, das uns das Leben bunter und schöner sehen lässt.

Und für diesen zweiten Rahmen, den Rahmen der Liebe, ist Jesus auf die Welt gekommen und genau für dieses Programm ist er auch gestorben.

Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass ER sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.

Und weil sich Einer schon den Mächtigen dieser Welt geopfert hat, darum brauchen das weder wir noch unsere Kinder zu tun. Wir sind frei, unser Leben zu leben und die Entscheidungen zu treffen, die wir für richtig erachten und die unserem Leben angemessen sind.
Entscheidungen, die vielleicht nicht immer der Karriere dienen, aber dafür der Liebe zu Gott und vor allem der Liebe zu unseren Kindern.

Es ist nicht jeder Viertklässler für’s Gymnasium gestrickt. Und lieber ein fröhlicher Haupt- oder Realschüler als Kinder, die sich dann jahrelang durch’s Gymnasium quälen, denen die Lust und die Freude am Leben verloren gehen, weil sie in diesem Leistungssystem nur noch ums Überleben kämpfen.

Ich will nicht der Faulheit das Wort reden, aber ich möchte Sie, die Eltern, ermutigen, sich selbst und Ihren Kindern die bunte Vielfalt dieses Lebens zu gönnen.

(„Kirchgang“ – zweites Bild zeigen)
Schauen Sie auf das Zweite Bild und sind Sie sich gewiss, dass EINER da ist, der Ihnen und den Kindern den richtigen Weg zeigen wird. Und der mit seiner Liebe für sie und ihre Kinder da ist. Und dann ist eine schlechte Note höchstens ärgerlich, aber kein Weltuntergang. Unterstützen Sie Ihre Kinder mit all Ihrer Liebe, aber gönnen sie ihnen auch die Freiheit und Unbeschwertheit dieses Alters. Amen.

20100316

Werner Otto Sirch: Gelobt sei Gott!

14.2.2010 - Sonntag Lätare

Predigt 2. Kor 1,3-7
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes,
4 der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.
5 Denn wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus.
6 Haben wir aber Trübsal, so geschieht es euch zu Trost und Heil. Haben wir Trost, so geschieht es zu eurem Trost, der sich wirksam erweist, wenn ihr mit Geduld dieselben Leiden ertragt, die auch wir leiden.
7 Und unsre Hoffnung steht fest für euch, weil wir wissen: wie ihr an den Leiden teilhabt, so werdet ihr auch am Trost teilhaben.


Liebe Gemeindeglieder,
liebe Schwestern und Brüder,

Gelobt sei Gott!, das sind die ersten Worte unseres heutigen Predigttextes. Gelobt sei Gott! Es ist nicht Bitte oder Dank, der den zweiten Korintherbrief eröffnet, sondern das Lob Gottes. Paulus spricht dieses Lob an Gott aus, trotz vieler schwerer Bedrängnisse und Leiden, die er erdulden musste: Schläge und Haft, Verleumdung, Krankheit, Verfolgung, Todesnot. Oft genug verzweifelte er am Leben.

Gelobt sei Gott! Wann ist uns, liebe Gemeinde, dieses Wort zum letzten Mal über die Lippen gekommen oder wann haben wir es in einem Brief geschrieben? Den Dank an Gott. Trotz allem was wir erleben, trotz allem was uns Not macht, trotz allem was uns am Leben verzweifeln und leiden lässt. Gelobt sei Gott! Wir neigen eher dazu zu jammern und zu klagen, Gott die Freundschaft aufzukündigen, aus der Kirche auszutreten, weil er nicht so ist wie wir ihn uns vorstellen und weil er ein so mieses „Bodenpersonal“ hat. Gelob sei Gott! Es bleibt uns im Hals stecken, wenn wir an die nicht enden wollenden Nachrichten von Missbrauch in Klöstern denken, wenn die Vorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands im Vollrausch durch Hannover fährt und ein Rummelsberger Rektor wegen gefährlicher Körperverletzung, die er als Vorgesetzter Untergebenen zugefügt hat, verurteilt wird. Gelobt sei Gott!

Liebe Gemeinde, das sollte jetzt nicht sarkastisch klingen. Es sind Vorgänge, die mich, und nicht nur mich, zur Zeit stark bewegen, worunter ich leide und mich schäme, dass so etwas möglich ist und getan wird, obwohl man es besser wissen müsste. Ich bin mir bewusst, dass es Menschen sind, die gefehlt haben, angegriffene Menschen und ich muss ja nur auf mich selbst sehen, dann entdecke ich auch einen, der sündhaft und voller Schuld ist. Ich habe also bestimmt keinen Grund mit meinem Finger auf andere zu deuten.

Gott sieht, dass wir leiden, an uns, an unseren Schwächen und an anderen, die uns wichtig sind, auf die wir geschaut haben und die nun so tief gestürzt sind. Gott sieht das unsägliche Leid, das in unserer Welt geschieht und in das auch wir Christen mit hineingezogen sind – und oft genug dabei schuldig werden. Es zieht uns herunter – auch jetzt, wenn ich davon spreche.

Eigentlich möchten wir Christen doch viel stärker sein und all dieser Bedrängnisse und Versuchungen mit der Hilfe unseres Glaubens standhalten können. Aber auch unter uns gibt es Krankheiten, die verzweifeln lassen und ohnmächtig machen. – Zerbrechende Ehen und Partnerschaften, Arbeitslosigkeit und Heimatlosigkeit, Alkoholismus und Drogenabhängigkeit aller Art, Ausweglosigkeit, Sinnleere und Selbstmord bedrücken die Gesellschaft und die Gemeinde. Das ist die Realität. Wir sollten nicht meinen, dass die Botschaft Christi die Boten mit besonderer Glaubensstärke und Ausstrahlungskraft ausstattet.

Wie sollen wir in all dieser Bedrängnis Trost finden? Was kann uns trösten? Wer kann uns trösten?

Unsere Bibel ist das Buch des Gotteslobs. Wir können in ihm von Menschen lesen, die als Leidbeladene und Getröstete in dieses Lob unseres Gottes einstimmen. Gerade die Psalmen zeigen uns solche Menschen, die gerade in schwerer Not, in Trostlosigkeit und Leid Zuversicht und Trost finden. Im bekannten Psalm 23 lesen wir: Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Gott tröstet und ist auch in schweren Zeiten bei uns, so dass wir uns nicht vor der Zukunft fürchten müssen. Viele sind durch schweres Leid hindurchgegangen und können, wenn sie von Gott reden, mit dem Beter des 94. Psalms bezeugen: Ich hatte viel Kummer in meinem Herzen, aber deine Tröstungen erquickten meine Seele.

Ja, so hatte ich das auch erlebt 2008, ein schweres Jahr für mich und meine Familie. Ich war oft an der Grenze, wenn auf der Intensivstation der Tod bei meiner Frau anklopfte. Und dann, nach Wochen und Monaten der Besserung, der Hoffnung, dass alles gut werden wird, der plötzliche Tod, innerhalb weniger Stunden. Ich hatte viel Kummer in meinem Herzen, aber deine Tröstungen erquickten meine Seele. Ich war am Ende meiner Kraft, gesundheitlich am Ende, traurig, depressiv – aber niemals am Ende mit Gott. Zu ihm konnte ich mich flüchten mit meinem Kummer und meinem verletzten Herz. Er tröstete mich und hatte die Medizin schon bereitgestellt: „Nimm Cristin zu dir!“ Auch so konkret kann Tröstung durch Gott sein. Und so entspringt aus dem Leid und der Not das Lob Gottes.

Gelobt sei Gott! Sagen wir manchmal, wenn es gerade noch mal gut gegangen ist. Vielleicht sollten wir das öfter sagen: Am Morgen, wenn wir gesund aufstehen können. Am Abend, wenn wir unseren Tag beschließen und uns zur Ruhe legen. Gelobt sei Gott, wenn wir von einer Krankheit genesen oder durch Bedrängnisse hindurchkommen, sie durchstehen können. Gelobt sei Gott, dass er unser Leben bis hierher bewahrt hat, uns und unsere Kinder beschützt. Gelobt sei Gott, dass wir in den Bedrängnissen unseres Lebens nicht ungetröstet bleiben müssen um depressiv zu resignieren.

Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden Es sind die Worte Jesu aus den Seligpreisungen. In mir klingen diese Worte wie frische Luft. Worte, die in die Zukunft weisen und Mut machen da anzupacken, wo wir wegen all der schrecklichen Leiden dieser Welt aufgeben möchten, weil wir sie nicht mehr ertragen können. Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. Es sind Worte der Zuwendung Gottes und des Heils an uns. Es ist der barmherzige Gott, der uns durch Jesus seine Liebe und Zuwendung schenkt.

Was kann uns in aller Bedrängnis und Not, in unserem Leid trösten? Wer kann uns trösten? Trösten ist Aufgabe der christlichen Gemeinde. Und hier sind vor allem die gefragt, die den Trost Gottes an sich selbst erfahren haben. Gott, der barmherzige und tröstende Gott, der in Jesus menschliche Gestalt angenommen hat, tröstet uns, damit auch wir trösten können.

Es ist soviel Trost unter uns nötig. Oft gar nicht auf den ersten Blick sichtbar. Viele versuchen ihre Not, ihre Verletzungen, ihr Elend mit sich selbst abzumachen. Und dann ist trotzdem der Wunsch da, dass da jemand ist, der ein gutes Wort hat, der das lösende Wort kennt, wenn das eigene Gewissen anklagt und der Glaube an sich selbst verloren gegangen ist. Wer sollte besser trösten können, als der, der selbst getröstet ist?

Trösten denkt nicht an meine noch so einfühlsamen und schlauen Worte. Trösten ist Gottes Wort in eine bestimmte Situation hineinzusprechen und dadurch Gottes Zuwendung zu erfahren. Das gilt ganz besonders im Angesicht des Todes, wo wir in äußerster Trostlosigkeit das Bekenntnis der Zuversicht der Nähe Gottes brauchen, um uns getrost auf den Weg machen zu können, auf den Weg, hin in Gottes Ewigkeit.

Gottes Trösten ist immer sein machtvolles und errettendes Handeln. Gott tröstet sein Volk, wendet sein Geschick führt es aus der Gefangenschaft, so können wir es immer wieder in der Bibel lesen. Gott tröstet uns, wendet unser Geschick und führt uns aus der Gefangenschaft unserer Bedrängnisse unserer Selbstbezogenheit und unseres Elends zur Freiheit und zum neuen Leben. Das ist die Nachricht an uns. Durch alle Bedrängnisse hindurch sind wir von ihm Getragene und werden mit den Erfahrungen seines Trostes beschenkt. Gelobt sei Gott! Amen.