20130408

Martin Adel: Die Auferstehung fordert unseren Glauben

07.04.2013 Sonntag Quasimodogniti
Predigttext: Markus 16,9-14

1. Predigttext (Luther)
9 Als aber Jesus auferstanden war früh am ersten Tag der Woche, erschien er zuerst Maria von Magdala, von der er sieben böse Geister ausgetrieben hatte. 10 Und sie ging hin und verkündete es denen, die mit ihm gewesen waren und Leid trugen und weinten. 11 Und als diese hörten, dass er lebe und sei ihr erschienen, glaubten sie es nicht. 12 Danach offenbarte er sich in anderer Gestalt zweien von ihnen unterwegs, als sie über Land gingen. 13 Und die gingen auch hin und verkündeten es den andern. Aber auch denen glaubten sie nicht. 14 Zuletzt, als die Elf zu Tisch saßen, offenbarte er sich ihnen und schalt ihren Unglauben und ihres Herzens Härte, dass sie nicht geglaubt hatten denen, die ihn gesehen hatten als Auferstandenen.



Liebe Gemeinde,
ist die Auferstehung heute eigentlich noch notwendig? Könnten wir sie nicht einfach weglassen? Dann wäre vieles einfacher für uns vernünftigen Menschen. Dann müssten wir nicht an so absurde Dinge glauben, wie z.B. ein leeres Grab und gespensterähnliche Erscheinungen des Auferstandenen, der irgendwie ganz anders aussieht, so dass man ihn zunächst nicht erkennt, der durch Türen geht und zum Schluss zum Himmel auffährt, wo wir doch wissen, dass dort oben nur die verschiedenen Schichten der Atmosphäre sind und dahinter das luftleere Weltall.
Wenn wir die Auferstehung Jesu weglassen würden, dann wäre vieles einfacher. In den Evangelien selbst würde gar nicht so viel fehlen. Es sind ja jeweils nur die letzten Kapitel, die von der Auferstehung erzählen.
Bei Markus ist es nur 16,1-20
Bei Matthäus ist es nur 28,1-20
Bei Lukas ist es nur 24,1-53
Bei Johannes 20,1-23 und 21,1-25
Das würde gar nicht weiter auffallen, wenn wir jeweils die letzten Kapitel weglassen würden und dann hätten wir einen Jesus, der als guter Mensch lebt und für seine Überzeugung stirbt und damit ein gutes Vorbild ist, dem wir begeistert nacheifern könnten. Das würde doch reichen und wir müssten nichts bekennen, das wir eh nicht glauben – „am dritten Tage auferstanden von Toten. Aufgefahren in den Himmel …“.
Außerdem: Für eine bessere Welt brauchen wir keine Auferstehung. Dazu reichen auch Menschen mit einer guten Gesinnung, die 10 Gebote, die Menschenrechte, gerechte Gerichte, ein internationaler Gerichtshof in Den Haag, demokratische Strukturen und eine menschliche Bürgergesellschaft mit dem Willen zur Beteiligung.
Das würde doch reichen! Und vernünftiger wäre es auch.
Denn beweisen, beweisen kann die Auferstehung eh keiner und bringen tut sie auch nichts.

Liebe Gemeinde,
mit einer solchen Haltung sind wir nicht weit weg von dem, was damals an Ostern geschah.
Jesus, das war etwas Reales. Das konnte man handgreiflich miterleben. Die Menschen, die sich um ihn versammelten. Die Wunder, die um ihn herum passierten. Die Begeisterung und die Ablehnung. Das Abendmahl, die Verhaftung, selbst die Kreuzigung und die Grablegung. Das konnte man sehen. Das konnte man miterleben. Das alles war kein Problem. Und wenn man eine Frage hatte, dann konnte man sich an ihn wenden. Ganz real. Und manchmal hat er einen begeistert und manchmal hat man sich an ihm gerieben und an ihm geärgert. Aber man konnte ihn sehen und erleben und zur Not anfassen.

Doch dann kommt Ostern und damit verändern sich die Dimensionen. Hier wird der Glaube belastet und vom greifbaren Vorbild werden wir herausgefordert uns verwandeln zu lassen hin zu einem Glauben, dass das gilt, was Jesus gelebt hat - auch wenn er nicht mehr real lebt. Dass das, was er gelebt hat, verbindlich gilt, über sein Leben hinaus. Ja noch mehr: Dass es Gott selbst ist, den wir hier im Leben und Sterben gesehen haben und wir hier an ihm und in ihm das Heil für uns selbst sehen.
Das ist das Ungeheuerliche an der Auferstehung. Dass wir uns vom Sehen verwandeln lassen müssen hin zum Glauben. Und das ist so ungeheuerlich, dass auch die Jünger schwer damit zu kämpfen haben. Denn hier wird der Glaube gefordert und die innere Gewissheit wird zur lebenstragenden Säule für die Entscheidungen im Leben.

Hören wir den heutigen Predigttext aus Mk 16 – die letzten Verse, die wir auch weglassen könnten:
9 Als aber Jesus auferstanden war früh am ersten Tag der Woche, erschien er zuerst Maria von Magdala, von der er sieben böse Geister ausgetrieben hatte. 10 Und sie ging hin und verkündete es denen, die mit ihm gewesen waren und Leid trugen und weinten. 11 Und als diese hörten, dass er lebe und sei ihr erschienen, glaubten sie es nicht. 12 Danach offenbarte er sich in anderer Gestalt zweien von ihnen unterwegs, als sie über Land gingen. 13 Und die gingen auch hin und verkündeten es den andern. Aber auch denen glaubten sie nicht. 14 Zuletzt, als die Elf zu Tisch saßen, offenbarte er sich ihnen und schalt ihren Unglauben und ihres Herzens Härte, dass sie nicht geglaubt hatten denen, die ihn gesehen hatten als Auferstandenen.

Christus selbst lässt keinen Zweifel daran. Erst mit der Auferstehung wird das ganze Leben Jesu, sein Reden und Handeln ins Recht gesetzt. Gute Menschen, Wundertäter, Heiler, Freiheitskämpfer gab es immer und gibt es immer zu allen Zeiten – Gott sei Dank. Aber dass wir in Jesus das göttliche Gebot und den Maßstab für das Leben und Handeln des Menschen sehen, das wird erst mit der Auferstehung bestätigt. Er wird zum christlichen, zum göttlichen Gebot und Maßstab im Leben und im Sterben, ja selbst im Tod und aus ihm heraus zum neuen Leben.
„… hinabgestiegen in das Reich des Todes. Am dritten Tage auferstanden von den Toten. Aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten Gottes des allmächtigen Vaters. Von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten.“

Hier wird der gute Mensch Jesus zum Christus, zum Gesalbten, zum Heilsbringer und Vollender. „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Keiner kommt zum Vater denn durch mich.“
„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.“


Ohne die Auferstehung verliert Jesus seine letzte Verbindlichkeit. Doch ein Leben nach Gottes Maßstäben fordert immer wieder Kraft und Mut. Denn es sind Eigenschaften, die uns gar nicht so selbstverständlich von der Hand gehen:
- Uneigennützig, selbstlos, hilfreich und hilfsbereit, fürsorglich
- widerstehend, selbstbewusst, verbindlich, verantwortlich.
Und das Leben bleibt voller Aufbrüche und Einbrüche, Begeisterung und Resignation, falsche und richtige Entscheidungen, obwohl wir uns orientieren an seinem Wort, voller Widerstand und Ergebung.
Doch für solch ein Leben, das nicht mehr allein aus sich selbst lebt, sondern sich an Maßstäben orientiert, die gar nicht so selbstverständlich sind, dazu braucht es Gewissheit und eine Verortung. Eine verlässliche Größe, an die ich mich wenden kann. Eine Kraft, die trägt, selbst da, wo ich zerbreche. Eine Instanz, wo Schuld zu vergebener Schuld werden kann und Umkehr und Veränderung möglich sind.

Liebe Gemeinde,
das leere Grab allein nützt uns gar nichts. Das wussten schon die damals. Selbst ein Fotobeweis würde bis heute alle Kritiker auf den Plan rufen. Das leere Grab allein nützt nichts.
Aber an den Menschen können wir es sehen, was diese Botschaft auslöst. Denn die Begegnung mit dem Auferstanden durchbricht ihren Unglauben und ihre Herzens Härte. Und sie fangen als Erwachsene noch einmal neu an, sich in ihrer Bedürftigkeit Gott anzuvertrauen. (Bsp: Petrus, Paulus)
Das Gute ist, die biblischen Erzählungen von der Auferstehung sind so unterschiedlich, dass sie einen nicht nötigen an Gespenster zu glauben. Doch eines haben sie alle gemeinsam. Die Auferstehung ist der Ort, an dem der Glaube tragen muss, gegen den Augenschein. Hier verlassen wir die Selbstvergewisserung und die Selbsterlösung und wechseln hinüber ins unbeweisbare Vertrauen. Hier wird der Mensch erwachsen in seinem Glauben, in dem er sich mit seinem ganzen Sein Gott anvertraut, in dem Wissen, dass es sich erst am Ende aller Tage erweisen wird, ob es sich als wahr erweist. Doch Gottes Wort ist so stark in mir, dass ich mich bereits heute darauf verlasse und versuche, danach zu leben.

Ist die Auferstehung wichtig?
Die Auferstehung lässt uns zu Empfangenden werden, zu Beschenkten. Etwas, das wir uns nicht verdient haben, sondern das wir uns gesagt sein lassen müssen und damit treten wir hinaus oder hinein in den Wirkkreis Gottes, als letzte Instanz über unser Leben und aller Leben.

Die Auferstehung ist das Größte aller Wunder und deshalb drücken wir uns darum herum. Die Wirklichkeit Gottes verkommt zur Idee und zurück bleibt der Mensch, der wieder sich selbst an seinem Schopf heraus ziehen muss aus allem Kummer und allem Leid und aller Not, ob seelischer, körperlicher oder materieller. Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.
Doch am Ostermorgen spricht Gott und der Mensch muss es sich gefallen lassen und gesagt sein lassen, damit sie mächtig wird, die Kraft Gottes, uns zum Heil. Fürchte dich nicht. Und nun tritt heraus ins Leben. Tag für Tag neu. Dort, wo ich dich hinstelle.

Dass uns diese Botschaft zur Gewissheit wird, das können wir nicht machen und auch nicht erzwingen. Darum müssen wir Gott bitten. Aber wir dürfen es uns schon jetzt gesagt sein lassen und darauf vertrauen. Weil es gilt. Sogar mehr gilt, als wir uns vorstellen können.
Amen.