20141230

Martin Adel: Sie kamen und sahen

Predigt Christvesper 24.12.2014

Predigttext Lukas 2,1-20
1 Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.
2 Und diese Schätzung* war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war.
3 Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt.
4 Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war,
5 damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger.
6 Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte.
7 Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.
8 Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde.
9 Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr.
10 Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird;
11 denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.
12 Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.
13 Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:
14 Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.
15 Und als die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen nach Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat.
16 Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen.
17 Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war.
18 Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten.
19 Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.
20 Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.


Liebe Gemeinde,
1. Krippenausflug „Sie kamen und sahen.“
Waren sie schon einmal auf dem Krippenweg in Bamberg?
Am 3. Adventssamstag waren wir mit St. Heinrich unterwegs auf einem ökumenischen Krippenausflug und Herr Sandner führte uns dabei sachkundig durch die Stadt. Am Domberg vorbei ging es zur Maternkapelle mit der großen Krippenschau der „Krippenfreunde Bamberg“. Und da stand sie dann vor mir in ihrem Guckkasten, die Krippe von Florian Hofmann aus Neuensee-Michelau mit der Themenüberschrift: „Sie kamen und sahen.“
Es ist keine klassische Krippe. Denn man sieht keine Maria, keinen Josef und auch kein Jesuskind. Und doch hat sie mich tief beeindruckt.
Zu sehen ist die Vorderseite eines gemauerten Stalls und davor drängen sich mehrere Hirten. Junge, Alte und die Schafe steht dicht neben ihnen. Der Älteste steht an der Stalltür und hat sie einen Spalt geöffnet und alle versuchen durch diesen Spalt hinein zu sehen und aus dem Spalt strahlt ein helles, gleisendes Licht.
Mehr sieht man nicht. Aber das reicht.
Menschen, die ihm Strahl dieses Lichtes selbst erhellt werden. Erst in diesem Licht ist ihr Gesicht deutlich zu erkennen. Die Unbedarftheit der Jungen und die Furchen des Lebens im Gesicht der Alten. Nur in diesem Lichtstrahl sieht man ihre Kleidung, ihre Haltung, ihre Person. Ohne dieses Licht blieben sie ein schemenhafter Haufen im Dunkeln. Jetzt stehen sie im Licht.
„Sie kamen und sahen.“

2. Was sehen wir im Stall? Weihnachten ist oft schwer.
Nicht jeder, der in diesen Tagen seine Stalltür aufmacht, sieht dieses gleißende Licht. Bei manchen ist es nur ein fahler Schein und bei manchen öffnet sich sogar die Kammer des Schreckens.
Im Krankenhaus bereiten sie sich für diese Tage schon besonders vor auf die, die dann ihr Leben selbst beenden wollen.
Und nicht wenige meinen: schafft doch das Weihnachtsfest ab, dann gäbe es nicht so viel Streit in den Familien.
Als ob das eine Lösung wäre. Vor allem verkennt sie Ursache und Wirkung. Als ob die Not, die eigene und die fremde, aus der Welt wären, wenn wir nicht mehr hinsehen.
Weihnachten ist doch oft so schwer, weil man sich dann nicht mehr davonstehlen kann vor der Realität. Man muss sich dem stellen, wovor man sich sonst so gerne drückt.
Deshalb tut es an diesen Tagen besonders weh, der Unfriede in der Welt, der Streit in der Familie, der Verlust eines geliebten Menschen, die Einsamkeit.
Und deshalb ist es auch so wichtig, dass Gott immer wieder neu in diese Welt kommt, damit sich in seinem Licht die Schatten von unseren Seelen lösen können und wir etwas von dem spüren, was mit ihm in die Welt kommt.
Denn das war schon in der Heiligen Nacht damals nicht anders. Israel war müde vom Warten. Die ganzen Prophezeihungen der Alten waren nicht eingetroffen. Und während sie ermüdet ihren Blick nach unten senken, festgefahren im immer gleichen Lied, kommt das Heil von oben.

3. Eine andere Idee für unser Leben
Ein Neuaufbruch, der so ganz anders kommt, als erwartet. Der Neubeginn mitten in der Besatzungszeit durch die Römer. Nicht im Glanz des Palastes, sondern in der Armut des Stalles kommt der Heiland zur Welt. Und ein paar Hirten und ein paar Weise machen sich auf den Weg, weil sie´s glauben, dass Veränderung noch möglich ist. Und im Blick in den Stall wird es ihnen bewusst: hier liegt eine andere Idee für unser Leben und für das aller Menschen. Ein anderes Prinzip, Gott selbst eben.
Im Hingehen und Hineinsehen wird es den Hirten innerlich zur Gewissheit. Es gilt: Friede ist möglich. Hier liegt der Garant. Das Ideal ist kein Hirngespinnst und keine Traumtänzerei. Und kein Mühen ist umsonst! Hier ist der Verbündete gegen Crystal Meph und Pegida und die IS und alle andere Ungerechtigkeit und Gewalt und Zerstörung.
… Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.
Und deshalb haben sie es damals weiter erzählt bis zum heutigen Tag. In der Krippe sehen sie Gott selbst. Und er zeigt ihnen, wohin es gehen soll und wohin es gehen wird – aller Gewalt der Welt zum Trotz. Immer und immer wieder. Damit der Mensch sich nicht weiter an seinem Nächsten vergeht.

Die jüngste Nobelpreisträgerin mit 17 Jahren, Malala Yousafzai aus Pakistan, hat in ihrer Rede in Oslo folgende beeindruckende Worte gesagt:
„Mir ist aufgefallen, dass Menschen mich ganz unterschiedlich beschreiben.“ Manche nenne mich „das Mädchen, das von den Taliban angeschossen wurde“ und andere „Nobelpreisträgerin“. „Soweit ich weiß, bin ich einfach nur eine engagierte und sture Person, die eine gute Ausbildung für alle Kinder, gleiche Rechte für Frauen und Frieden in jeder Ecke der Welt sehen will.“

4. Das Programm Gottes für uns
Ja, liebe Gemeinde,
stur müssen wir sein und dann die Tür aufmachen, die uns die Kraft gibt, um allen Schrecken zu trotzen.
Wie die Hirten und die Weisen müssen wir uns immer wieder auf den Weg machen, um die Orientierung und den Halt und den Mut nicht zu verlieren und um uns zu vergewissern, dass es noch gilt – auch für unser kleines Leben: Gott kommt auf die Erde, kommt, dass Friede werde!
Denn das ist das große Programm Gottes, für das er Mensch wird. Ganz bewusst im Stall, damit WIR ins Nachdenken kommen. In ungeordneten Verhältnissen, damit WIR dazu lernen. In eine Welt, die bis heute der Liebe und Offenheit mit ihrer Falschheit und Hinterhältigkeit begegnet. Damals hieß er Herodes, heute haben sie andere Namen. Doch an den Taten können wir sie erkennen, weil sie – wie damals – versuchen das mit Gewalt zu vernichten, was das GUTE ist. Und dann werden - wie damals - die Kinder ermordet. Und WIR, wir fallen sogar noch darauf herein, indem wir Gott anklagen, wie er das zulassen kann in seiner Allmacht. Anstatt zu sehen, wie hier der MENSCH entlarvt wird in seiner Brutalität und in seinem Egoismus und in seinem Machtstreben.
Und deshalb ist es so wichtig, dass Gott bis heute immer wieder neu in die Welt kommt und wir uns von ihm ausrichten und aufrichten lassen. Damit wir uns verbünden mit denen, die auch guten Willens sind und in unserem Mühen nicht verzagen und das Ziel nicht aus den Augen verlieren.

5. Friede ist möglich
Liebe Gemeinde,
lassen wir es uns nicht klein reden. Wie vieles haben wir schon geschafft – im Kleinen wie im Großen. In vielen Familien ist heute kein Streit und die Kinder kommen gerne zusammen und Alt und Jung freuen sich aneinander. Lassen wir uns das Ideal nicht kaputt machen.
Und vieles schaffen wir auch nicht. Wir müssen nicht „Heil, Heil“ rufen, wo keines ist. Aber wir müssen wissen, in welcher Richtung das Heil zu finden ist. Denn auch wo Not ist, kann Friede einkehren und wo Angst ist, müssen wir nicht zwingend erstarren. Gott hat sich in Christus festgelegt – wie ein leuchtender Stern am Firmament; damit wir die Orientierung nicht verlieren.
Und wo uns der Geschmack an diesem Heil der Welt entgleitet, weil der Alltag zu schwer oder das Jahr zu erdrückend waren, da lasst uns trotzdem hingehen und Gott bitten, dass er uns anschaut und uns anstrahlt. Und wenn es auch nur ein schwacher Lichtstrahl aus der Stalltür ist: In seinem Licht sehen wir das Licht.

Als die Hirten noch am Feuer saßen in der Nacht, da haben sie vielleicht auch von der Härte des Alltags und von der Ungerechtigkeit des Lebens und vom immer, gleichen Lied gesprochen.
Doch dann ließen sie sich auf die Botschaft der Engel ein:
Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; 11 denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.

Und sie machten sich auf den Weg. Und sprachen untereinander:
Lasst uns nun gehen nach Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. 16 Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. 17 Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. 18 Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten. 19 Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. 20 Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

Amen

20141110

Martin Adel: Wir gehören nicht der Finsternis noch der Nacht

Drittletzter Sonntag im Kirchenjahr
09.11.2014
Predigttext 1. Thessalonicher 5,1-6(7-11)

Thema: … wir gehören nicht der Finsternis noch Nacht

Leben im Licht des kommenden Tages
5 1 Von den Zeiten und Stunden aber, liebe Brüder, ist es nicht nötig, euch zu schreiben; 2 denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommen wird wie ein Dieb in der Nacht.
3 Wenn sie sagen werden: Es ist Friede, es hat keine Gefahr –, dann wird sie das Verderben schnell überfallen wie die Wehen eine schwangere Frau und sie werden nicht entfliehen.
4 Ihr aber, liebe Brüder, seid nicht in der Finsternis, dass der Tag wie ein Dieb über euch komme. 5 Denn ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages. Wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis. 6 So lasst uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein. 7 Denn die schlafen, die schlafen des Nachts, und die betrunken sind, die sind des Nachts betrunken.
8 Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil.
9 Denn Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn, sondern dazu, das Heil zu erlangen durch unsern Herrn Jesus Christus, 10 der für uns gestorben ist, damit, ob wir wachen oder schlafen, wir zugleich mit ihm leben. 11 Darum ermahnt euch untereinander und einer erbaue den andern, wie ihr auch tut.


Liebe Gemeinde,
1. Licht und Finsternis liegen oft dich zusammen
Licht und Finsternis liegen oft dich zusammen. Und Licht und Finsternis werden auch nicht von allen gleich gedeutet. Nehmen wir nur den 9.November 1989 – heute vor 25 Jahren ist die Mauer zwischen der DDR und der BRD gefallen. Und während die einen Jubeln: „Das ist der Tag des Aufbruchs“ – klagen die anderen und mahnen lautstark: „Das ist der Tag des Niedergangs – ihr werdet es schon noch sehen.“ Und für die Gewinner war es ein Tag des Aufbruchs und für die Verlierer ein Tag des Niedergangs. Und für Viele irgendetwas dazwischen.
Licht und Finsternis?
An einem anderen 9.November war auch ein schwarzer Tag. Heute vor 76 Jahren brannten im ganzen Land die jüdischen Synagogen. Und im Licht des Feuers bejubeln die Nazis ihren Sieg und viele jubeln mit auf dem Wahn ins tausendjährige Reich und reißen ganz Deutschland in die tiefste Finsternis. Dass daraus ein vereinigtes Europa und bereits 69 Jahre Frieden in unserem Land entstanden sind, ist ein großartiges Geschenk und eine noch viel größere Aufgabe. Immer wieder.
Licht in der Finsternis.

2. Berufen zu den Kindern des Lichts
Aber damit wir nicht unsicher werden in unserem eigenen Bemühen, schreibt Paulus ganz klar an die Christen in Thessalonikie:
5 Denn ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages. Wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis.
Das ist die Berufung von uns. Wir sind Kinder des Lichts und des Tages. Ob wir´s nun wollen oder nicht. Und auch die dunklen Seiten auch in unserer Kirchengeschichte kommen ans Licht, weil wir selbst gemessen werden am Licht – an Christus. Und das ist gut so, denn es kann nicht zweierlei Maßstäbe geben. Und so, wie wir für das Licht eintreten, werden wir auch an diesem Licht gemessen – Gott sei Dank. Aber wir müssen nicht mehr scheinen, als wir sind. Gott sei Dank. Wir müssen uns nicht ins rechte Licht setzen oder mit Photoshop unsere Fassade aufhübschen. Gott sei Dank.
Denn nicht wir müssen glänzen. Und wir haben auch nicht das Licht, mit dem wir den anderen heimleuchten könnten, sondern das Licht – Christus - hat uns und wir wollen ihm nachfolgen.
Und manchmal zeigen wir das öffentlich, so wie heute in diesem Gottesdienst und manchmal im stillen Kämmerlein, in der Seelsorge, im Glaubensgespräch, in der hilfreichen Tat und manchmal im Verborgenen, wie bei unseren Geschwistern in den Ländern, in denen sie wegen ihres Glaubens verfolgt werden. Aber Kinder des Lichts sind wir alle. Wir sind zwar nicht alles Leuchten, aber wir können vom Leuchten erzählen und uns darin üben und gegenseitig stärken und aufbauen in dem, was uns trägt und was uns hält.

3. Kinder des Lichts!
Kinder des Lichts! Sind wir das?
Keiner von uns würde sich wahrscheinlich so nennen.
Aber wir haben alle eine Vorstellung, wie das aussehen könnte oder sollte – ein Kind des Lichts. Das klingt altertümlich und uncool. Aber manchmal sagen wir das ja auch zu einem anderen: Du bist ein Engel. Oder: Dich schickt der Himmel. Oder: Du bist ein Schatz – und wir meinen, da ist ein Lichtstrahl in meine Leben bekommen. Eine Sorge, eine Hilflosigkeit, eine Not löst sich auf. Eine Perspektive für mein Leben entsteht.
Und umgekehrt können wir auch sagen: Der hat ganz finstere Gedanken. Dich reitet wohl der Teufel. Was für eine Gehässigkeit. – Und hoffentlich meiden wir diese Orte oder halten den Umgang in der richtigen Distanz.

Wir haben alle eine Vorstellung, wie die Kinder des Lichts aussehen könnten. Und das ist gut so, denn dann haben wir eine Orientierung, ein Ausrichtung für unser Leben und für unser Entscheiden. Wir lassen uns ansprechen und sind ansprechbar – selbst zwar fehlerhaft, mit Makel und unzulänglich – aber wir sind ansprechbar auf die Vorstellungen vom Leben und vom Miteinander in der Gesellschaft, so wie Christus es uns vorgelebt hat. Und wir mühen uns redlich in der Liebe und in der Nächstenliebe - hoffentlich, im Versöhnen und in der Barmherzigkeit wider alle Hartherzigkeit – auch in uns.
Leicht ist es nicht und oft ermüden wir darüber, doch gerade darin sind wir Kinder des Lichts, weil wir nicht nachgeben, sondern parteiisch unser Leben in die Hand nehmen. „So soll es sein“ und dafür mühe ich mich. Allein geht das nicht, und deshalb schreibt Paulus:
Darum ermahnt euch untereinander und einer erbaue den andern, wie ihr auch tut.
Nicht nur ermahnen! .. und einer erbaue den anderen steht hier auch – vergessen wir das nicht.

4. Gottes Rüstung für uns
Doch neben dem ermahnen und erbauen finde ich das andere noch viel wichtiger – das da steht. Denn Christus lässt uns nicht alleine im Licht stehen. Sondern hier heißt es:
8 Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil.
Nicht aus eigener Kraft, sondern Christus ist unsere Rüstung – und das reicht. Und dann schwindet die Angst und die Liebe bricht sich ihre Bahn.

Lassen sie mich ein Beispiel dazu erzählen:
Hof – schon lange her. Wir hatten im Stadtteil einen alten Tante Emma Laden. Das Geschäft lief schlecht und die Besitzerin musste bis ins hohe Alter im Laden stehen, da die Rente nicht reichte. Dann wurde sie krank. Die Nachbarn betreuten sie, versorgten sie mit Essen, doch eigentlich waren sie überfordert, denn die Frau war auch eine eigenwillige Person.
Ich wurde gebeten, einen Besuch zu machen und das Bild, das sich mir bot, war erschütternd. Eine verwahrloste Wohnung und mitten darin sitzend eine alte Frau, krank, mit schrecklich offenen Beinen. Doch sie wollte nicht zum Arzt und meinte, sie könnte es auch nicht bezahlen. Eigentlich wollte sie nur noch sterben.
Unsere Seniorenbegleiterin leistete dann ganze Arbeit – in Liebe, mit Geduld aber nüchtern und sachlich kam sie fast täglich vorbei und nach zwei Wochen war die Dame bereit ins Krankenhaus zu gehen. Dort mussten ihr beide Füße amputiert werden und nach weiteren zwei Wochen ist sie gestorben und ich habe sie beerdigt.
In der direkten Nachbarschaft hat man sich dann über die Kirche aufgeregt, dass man der alten Frau noch so etwas antut. Hätte man sie zu Hause gelassen, dann wäre sie schneller gestorben. Was für ein Zynismus. Was für eine Härte.
Doch ich habe ein anderes Bild vor meinem inneren Auge. Kurz vor ihrem Tod hatte ich die alte Krämerin im Krankenhaus noch einmal besucht. Und da lag sie in ihrem Bett, halb aufgerichtet - das Bettzeug über ihre Fußstümpfe gezogen und lächelt mich selig an und sagt: Dass ich das noch einmal erleben darf. In einem sauberen Bett zu liegen. Vielen Dank.
Wie heißt es im Wochenspruch: Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist die Zeit des Heils.
Da gibt es kein Objektiv mehr, sondern nur noch den parteiischen Einsatz – voller Hoffnung.
Kinder des Lichts?
Die Orte sind ganz unterschiedlich und vieles bleibt unentdeckt. Doch lassen wir uns nicht durcheinander bringen, sondern lassen wir uns leiten von der Zusage Christi:
8 Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil. 9 Denn Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn, sondern dazu, das Heil zu erlangen durch unsern Herrn Jesus Christus, 10 der für uns gestorben ist, damit, ob wir wachen oder schlafen, wir zugleich mit ihm leben – bis in die Ewigkeit.
Amen

Martin Adel: Neugeboren - Feel the spirit

Gospelgottesdienst am 26.10.2014
Predigttext Exodus 34,4-10

Predigt
4 Und Mose hieb zwei steinerne Tafeln zu, wie die ersten waren, und stand am Morgen früh auf und stieg auf den Berg Sinai, wie ihm der HERR geboten hatte, und nahm die zwei steinernen Tafeln in seine Hand.
5 Da kam der HERR hernieder in einer Wolke, und Mose trat daselbst zu ihm und rief den Namen des HERRN an.
6 Und der HERR ging vor seinem Angesicht vorüber, und er rief aus: HERR, HERR, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue,
7 der da Tausenden Gnade bewahrt und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde, aber ungestraft lässt er niemand, sondern sucht die Missetat der Väter heim an Kindern und Kindeskindern bis ins dritte und vierte Glied!
8 Und Mose neigte sich eilends zur Erde und betete an 9 und sprach: Hab ich, HERR, Gnade vor deinen Augen gefunden, so gehe der Herr in unserer Mitte, denn es ist ein halsstarriges Volk; und vergib uns unsere Missetat und Sünde und lass uns dein Erbbesitz sein.
10 Und der HERR sprach: Siehe, ich will einen Bund schließen: Vor deinem ganzen Volk will ich Wunder tun, wie sie nicht geschehen sind in allen Landen und unter allen Völkern, und das ganze Volk, in dessen Mitte du bist, soll des HERRN Werk sehen; denn wunderbar wird sein, was ich an dir tun werde.



Liebe Gemeinde,
1. Verunsicherung
Wie ist das denn in unserem Leben. Können wir es einfach so heraussingen: He´s got the whole world in his hand?
Er hält auch dich und mich in seiner Hand?

Denn das ist ja die Emotion, das Gefühl, das hinter den Gospels steht und mitschwingt, diese einzigartige Bezogenheit auf Gott.
Der Gospel, the god spell – übersetzt: Das Evangelium / die gute Nachricht

Ja, ja, ich weiß auch: Wir Deutschen sind nicht so emotional. Wir sind abgeklärter, sachlicher, nüchterner. Darf ja auch sein.
Aber müssen wir deshalb unklarer werden.
He´s got the whole world in his hand? - Was für eine Behauptung. Doch wir sagen ganz abgeklärt: So absolut kann man das ja auch nicht sagen. Also, WIR glauben dass Gott die Welt in seiner Hand hält, also zumindest ein bisschen. Und ich will ja den anderen auch nichts überstülpen oder ihn vereinnahmen, deshalb ist es vielleicht besser wenn ich sagen: ICH glaube – denn jeder glaubt ja irgendwie auch immer etwas anderes …

Und hier wird gesungen: He´s got the whole world in his hand.
Was für ein Unterschied, was für eine Kraft. Bedingungslos: Du für mich. Und ich für dich. Und dann kann man loben und klagen
Welche Aussage: Nobody now´s, the truble if´s seen – was ich alles mit ansehen musste …. Sometimes, I feel, like a motherless children – wie ein mutterloses Kind ….
Und wir können die Flüchtlingsströme davor und dahinter sehen, auch die Flüchtlinge, die jetzt bei uns ankommen, weil sie die Mittelmeerländer nicht mehr fassen können – und es gibt nicht gleich wieder Antworten, sondern nur Schluchzen und Weinen, dass einem der Schauder über den Rücken herunter läuft … ob des Elends und des Leids auf der Welt und in der Welt. Und es ist ja nicht nur das fremde Leid, es ist ja auch das eigene Leid hier im Blick.

2. Das ABER Gottes – Let my people go!

Aber!
Aber! Es bleibt nicht dabei.
Wir werden es nachher singen:
Die Erinnerung ist da: When Israel was in Egyptland oppressed so hard, they could not stand – unterdrückt so hart, dass sie es nicht aushalten konnten …
Aber das ist nicht das letzte Wort, sondern zwischenhinein wird gesungen: Let my people go!
Gott positioniert sich in seinem Gospels und er positioniert sich im Glauben: Let my people go – Lass man Volk gehen.
Ihr Mächte, ihr Kräfte der Finsternis, Bedrohung, Lebenszerstörung, Resignation – lasst mein Volk frei! Und das ist das Entscheidende.
Der, der den Gospel singt, weiß, dass Gott parteiisch ist. Mein Leid wird nicht das letzte Wort sein, sondern die Freiheit Gottes, die wird das letzte Wort haben.

Let my people go!

Und ich frage mich? Haben wir es hinübergeschrien über die menschenverachtende Mauer zwischen Ost und West in die damalige DDR: Let my people go! Oder haben wir eher Angst bekommen, als sie alle kamen, unsere Brüder und Schwestern aus dem Osten, die den Krieg zweimal verloren hatten und viele dann lieber wieder zugesperrt hätten – im Westen wie im Osten, damit man sein Ding schön für sich machen kann.

Let my people go!
Was für ein gewaltiges Geschenk bis heute. Die Freiheit. Die Freizügigkeit in ganz Europa.
Wer spricht denn von Zuckerschlecken? Schlaraffenland ist abgebrannt. Aber was geworden ist, ist doch einmalig.
Israel wanderte damals nach dem Auszug aus der Sklaverei 40 Jahre durch die Wüste und murrt und meutert und fertigt sich sogar ein Goldenes Kalb. Alles ist durcheinander.
Aber zum Schluss, zum Schluss wird dieses Ereignis das alles entscheidende Ereignis und zum Grundbekenntnis der Juden bis heute: Der Herr, unser Gott, der uns aus Ägyptenland aus der Sklaverei geführt hat.
Wir bringen diese Ereignisse ja gar nicht mehr mit Gott in Verbindung, sondern nehmen es hin als Zufall, als günstige Fügung, das Zusammentreffen glücklicher Umstände.
Wie ignorant wir sind. Und wie wir dabei all die missachten, die dafür eingetreten sind, dass die Einheit möglich wird, die dafür ihr Leben riskiert haben, den Traum nicht ausgeträumt hatten, hier wie dort.
Gott sei Dank gab es und gibt es bis heute immer wieder Menschen, die sich hinstellen und dieses alte Lied anstimmen:
Let my people go!


3. Nicht die perfekt Kirche, sondern die Nachfolgende Kirche
Doch wo stehen wir? Wo stehen wir persönlich und wo stehen wir mit unserer Kirche?
Mir tun unsere Schüler leid:
Beispiel: FOS-Schüler, die mutig erzählen, dass sie sich zur Kirche halten oder sich in der Gemeinde engagieren und bei allem Erzählen kommt sofort als Beiwerk, das große Problembewusstsein, dass die Kirche ja auch versagt hat in der Nazi-Zeit und dann werden alle die Sünden aufgezählt von Hexenverbrennung, Kreuzzüge …
Und wir dürfen das alles auch nicht vergessen.

Aber lassen wir uns doch nicht immer wieder hineintreiben in die Sklaverei der Moderne, die uns aburteilt an unseren Fehlern, an unseren Schwächen, an unseren Versäumnissen – und wir dann kleinlaut und womöglich nur noch heimlich unseren Glauben leben. Verunsichert, ob man in der heutigen Welt überhaupt noch glauben darf. He´s got the whole world in his hand!

Denn welcher Fußballfan lässt sich permanent mit den gewalttätigen Hooligans vergleichen. Er sagt: Aber ich bin kein Hooligan. Ich distanziere mich von denen und bin trotzdem ein echter Fußballfan.
Welcher Deutsche lässt sich heute noch als Nazi beschimpfen. Wir sind es ja auch nicht mehr. Gott sei Dank. Wir haben gelernt. Sehr viel gelernt und sind trotzdem Deutsche. Mit der Geschichte und trotzdem heute ganz anders.
Doch im Glauben gehen wir denen auf den Leim, die an ihrem Idealbild einer „perfekten Kirche“ und einem Wundergott gescheitert sind und dann jeden Makel zum Fallstrick für das Ganze erklären.
Doch wir sind keine perfekte Kirche, sondern wir sind eine nachfolgende Kirche und wo Schuld ist, da muss sie ans Licht.
Doch wir leben nicht von unserem Hochglanz, von unserer Arroganz oder von unserer Makellosigkeit, sondern wir leben aus der Gnade Gottes. Wir sind Kirche Jesu Christi, die Gott bittet, wie damals Mose:
Haben wir, HERR, Gnade vor deinen Augen gefunden, so gehe in unserer Mitte, denn wir sind ein halsstarriges Volk; und vergib uns unsere Missetat und Sünde und lass uns dein Erbbesitz sein.
Und dann lasst uns glauben und Gott vertrauen und Freud und Leid mit ihm teilen. Und lasst uns von ihm verwandeln und uns zu „Neu geborenen“ werden, die von der Liebe und der Vergebung und der Versöhnung wissen und von der Gerechtigkeit Gottes geschmeckt haben und dafür eintreten schon hier auf Erden für alle Menschen.

4. Die Zukunft ist beschrieben
Das ist die Welt des Gospels – allen Widerfahrnissen zum Trotz. Ein freies Leben – schon in der Unterdrückung, in aller Angst und Verzagtheit, die uns immer wieder überfällt.
Doch sie weiß: Ihre Kraft kommt aus Gott. Nicht aufzugeben, sondern Millimeter um Millimeter dieses Reich Gottes zugewinnen?
- Frau Walter und der Missionsdienst für Christus in Indien!
- Oder beim Möbel Höffner oder in Zirndorf oder in der eigenen Familie oder in der Nachbarschaft ums Eck
Und die Erschöpftheit und der Frust und manche Resignation gehören dazu.
Es ist noch nicht vollbracht, aber die Zukunft ist beschrieben! Die Vorfreude! Die Vorfreude, wie wir sie bei Enkeln und Urenkeln erleben. Ich werde es vielleicht nicht mehr schauen, aber sie! Und dafür lohnt es sich immer, sich einzusetzen. Und manchmal dürfen wir es sogar schon selber schmecken. Und hoffentlich wissen wir es dann auch zu würdigen, so wie es hier in unserem Predigttext steht:
10 Und der HERR sprach: Siehe, ich will einen Bund schließen: Vor deinem ganzen Volk will ich Wunder tun, wie sie nicht geschehen sind in allen Landen und unter allen Völkern, und das ganze Volk, in dessen Mitte du bist, soll des HERRN Werk sehen; denn wunderbar wird sein, was ich an dir tun werde.
Amen

20140519

Martin Adel: Gott wird sich durchsetzen

Sonntag Kantate am 18.05.2014
Predigt Offenbarung 15,2-4


Liebe Gemeinde!

Hinführung

Musik läuft bei uns ja oft im Hintergrund. Im Radio. Im Fernsehen. Bei jedem Film spielt die Musik eine wichtige Rolle, um die Stimmungen zum Ausdruck zu bringen.
Doch wie ist das bei ihnen selbst? Wann hören sie Musik? Bewusst Musik? Und zu welchem Zweck?
Was ist Musik für Sie?
Bei mir ist es eine Zeit der Entspannung? Eine Möglichkeit, meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen – mich fallen lassen, mitgehen, eintauchen in eine andere Welt – zumindest auf Zeit?
Auszeit von den Dingen, die einen sonst vielleicht allzu sehr beschäftigen und in Beschlag nehmen? Eine Lebensvergewisserung, angerührt von der Ästhetik, dem Schönen – nicht auf der Kopfebene, sondern auf der Gefühlsebene.
Musik - ein Schutzraum! Nicht nur ein Klangraum, sondern auch ein Kraftraum! Ein Kraftraum für unsere Seele.

1. Offenbarung - Apokalyptik - Weltuntergang

Wenn wir unseren heutigen Predigttext lesen, dann war das damals auch so. Johannes schreibt ein Lied. Ein Lied, dessen Melodie uns nicht überliefert ist. Aber es ist ein Lied mitten in den Wirrnissen des Alltags.
Und die Zeit damals um die erste Jahrhundertwende war garstig für die Christen. Lebensfeindlich. Lebensverachtend. Es ist die Zeit der Christenverfolgung unter Kaiser Domitian (Kaiser in Rom von 81-96 n.Chr.). Und der Evangelist Johannes schreibt das Buch der Offenbarung. Eine Apokalypse. Und seine Sprache ist mächtig und gewaltig. Er überträgt die täglichen Bedrohungen in eine Bildersprache und stellt damit fast schon jedes heutige Computerspiel in den Schatten - ob es nun die sieben Schalen des Zornes sind oder die sieben Posaunen, die das gleiche Unheil herbeirufen oder das Buch mit den sieben Siegeln. Oder denken wir nur an das Tier mit den sieben Köpfen und den zehn Hörnern und auf seinen Köpfen gotteslästerliche Namen … ähnlich einem Panther, und seine Füße waren wie die eines Bären und sein Rachen wie der Rachen eines Löwen. Und der Drache gab ihm seine Kraft ..."(Apk 12,18 13,2)

Die Visionen des Johannes sind zeitlos, weil es Bilder sind, die uns aus unseren eigenen Träumen und Phantasien und Erfahrungen vertraut sind. Fabelwesen, Dämonen, Ungeheuer. Und die Katastrophen, die in diesem Buch beschrieben sind, sind keine anderen als die, die auch wir noch kennen: Seuchen, vergiftete Gewässer, Dürre, gewaltige Steppenbrände, Katastrophen – Naturkatastrophen oder die Katastrophen, die der Mensch immer wieder über die Erde bringt: Gewalt, Krieg, Vernichtung. Welt - Untergangsstimmung.
Und die Kino´s produzieren sie, bis auf den heutigen Tag, die Apokalypsefilme: Apokalypse NOW. Harmagedon. Book of Eli. Und der Mensch auf der Welt auch.

2. Trost und Mut contra Angst

Und mit der Angst des Menschen kann man gutes Geld verdienen. Nicht nur im Fernsehen, sondern auch real. Denn der ängstliche Mensch lässt sich besser manipulieren und wird funktionalisiert. Dem kann man Versicherungen verkaufen oder man kann ihm Opfer abverlangen, unmenschliche Opfer, im Kampf gegen das Böse.
Wenn wir heute die Predigten vieler Pfarrer zum Beginn des ersten Weltkriegs lesen, wir einem richtig schlecht, wie das Buch der Offenbarung des Johannes dann herbeizitiert und der Krieg zum Kampf gegen den Sittenverfall Europas hochstilisiert wird. Als gottgegebenes Schiksal – wird er von der geistigen Elite Deutschlands beschrieben. Als Opferzeit für die gute Sache. Und am Ende haben 17 Millionen Menschen ihr Leben gelassen und Europa liegt in Trümmern.

Doch all das hat mit Johannes nichts zu tun. Denn für ihn stellt sich nicht die Frage, was kommen wird. Wie und auf welche Weise die Welt untergeht und wodurch sich der Mensch selber vernichtet.
Sondern für Johannes stellt sich in all den Leiderfahrungen die Frage: Wer wird sich durchsetzen. Und das ist für ihn klar. Gott wird sich durchsetzen.
Seine Worte sind keine Katastrophendiagnose zur Bestimmung endzeitlicher Ereignisse, sondern ein Trostbuch gegen die Angst. Und so stehen am Schluß der Offenbarung diese Worte, die bei vielen Beerdigungen noch am offenen Grab gesprochen werden:
"Und Gott selbst wird bei seinem Volk wohnen. Und er wird abwischen alle Tränen und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. ... Siehe, ich mache alles neu."

Und hier sind wir auch bei unserem Predigttext. Mitten in den apokalyptischen Beschreibungen steht dieses Lied – und es beschreibt den Sieg, der kommen wird, auch wenn wir im Jetzt es vielleicht noch nicht sehen oder daran zweifeln:

3. Off 15,2-4 (Zürcher)

Und ich sah etwas wie ein gläsernes, mit Feuerschein untermischtes Meer, und die SIEGER über das Tier und über sein Bild und über die Zahl seines Namens standen an dem gläsernen Meer und hatten Harfen zum Preise Gottes. Und sie sangen das Lied des Mose, des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes:
Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr, allmächtiger Gott; gerecht und wahr sind deine Wege, König der Völker. Wer sollte nicht fürchten, Herr, und preisen deinen Namen? Denn du bist allein heilig; denn „alle Völker werden kommen und vor dir anbeten“, weil deine gerechten Taten offenbar geworden sind.


4. Die Siegesfeier

Johannes schreibt ein Lied gegen die Angst. Und er beschreibt den Sieg über das Tier, das vollständig, das samt seinem Bild und der Schar seiner Anhänger besiegt ist. Hier wird der Sieg gefeiert. Der Sieg der Befreiung. Der Sieg der Wahrheit über die Lüge. Der Sieg der Gerechtigkeit über die Unterdrückung.
Und das gibt Kraft und Mut. Das sind die Hoffnungsbilder, mit denen wir selbst gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung angehen können. Nelson Mandeila, Paulo Freire und all die anderen Aktivisten haben daraus gelebt. I have a dream – von Martin Luther King (derzeit beeindruckend vertont von Lipo Sounds remix) sind Hoffnungsworte zur Orientierung, wo es hingehen soll, auch wenn sie sich so noch nicht abzeichnen – oder immer nur punktuell.
Wir empören uns gegen die Umstände, aber motiviert werden wir von der Idee, dass sich etwas verändern lässt und dass die Wirklichkeit so nicht gilt. Nie gilt. Das war 1945 so und 1989 so und gilt immer noch. Im Kleinen wie im Großen.
"... die Sieger über das Tier und über sein Bild und über die Zahl seines Namens standen an dem gläsernen Meer und hatten Harfen zum Preise Gottes." Das ist die Wahrheit, die immer noch dahintersteht.
Und die Musik ist dabei ein Ausdrucksmittel, das mehr sagen kann als all die Worte. Eine Atempause, eine Kraftquelle, ein Ausdruck der Freiheit.
Die Angst schnürt uns den Hals zu. Doch Paulus singt im Gefängnis gegen die Angst und er wird frei; innerlich und dann sogar äußerlich.
Und im Singen werden wir vielleicht hinweggetragen, so wie wir am Grab singen können von Dank und Lob, in aller Trauer und Abschied, weil wir uns nicht mehr nur binden lassen müssen von den Kräften, die uns ins Verderben ziehen wollen, sondern bereits angerührt sind von dem österlichen Morgen, der auch uns gilt, der Morgen Gottes, den wir der Welt entgegen halten wollen – weil Gottes Gerechtigkeit gilt.
Gott wird sich durchsetzen. Das ist die Basis, von der Johannes schreibt. Ohne einen solchen Glauben könnten wir die Welt nicht verändern und der Mensch oder die Menschlichkeit kommt unter die Räder. Nicht alle werden es erleben. Manchmal muss man auch kämpfen, ohne die eigenen Früchte ernten zu können; aber insgesamt wird es sich durchsetzen, was Gott bestimmt hat: Friede und Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit. Wo Langmut und Demut mehr zählen als Hetze und Parteiung und Streit ….
Gott wird sich durchsetzen. Darin ist sich Johannes sicher – und er schreibt sein Lied gegen alle Bedrohung und Angst, gewissermaßen jetzt schon ein Vorbote von Gottes Herrlichkeit. Was für eine Musik.

Und ich sah etwas wie ein gläsernes, mit Feuerschein untermischtes Meer, und die SIEGER über das Tier und über sein Bild und über die Zahl seines Namens standen an dem gläsernen Meer und hatten Harfen zum Preise Gottes. Und sie sangen das Lied des Mose, des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes:
Gross und wunderbar sind deine Werke, Herr, allmächtiger Gott; gerecht und wahr sind deine Wege, König der Völker. Wer sollte nicht fürchten, Herr, und preisen deinen Namen? Denn du bist allein heilig; denn „alle Völker werden kommen und vor dir anbeten“, weil deine gerechten Taten offenbar geworden sind.

Amen.

20140217

Martin Adel: "... und in bösen Tagen"

Sontag Septuagesimae
16.02.2014


Wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.
Daniel 9,18

Vorwort:
Liebe Gemeinde, auch wenn wir heute ganz besonders auf die Beziehung in der Ehe sehen, gelten die Worte weit darüber hinaus. Denn in Beziehung leben wir immer, ob zu unseren Kindern, zu unseren Geschwistern, zu unseren Eltern.
Machen Sie ihr Herz weit und schauen Sie, was Sie mitnehmen können.

Liebe Gemeinde,
das hat man davon. Da hat man eine Idee und denkt an nichts Böses. Gottesdienst zur Ehewoche – Was könnte das Thema sein. "Über die guten Zeiten kann jeder predigen“, denke ich mir, "dann nimm doch mal die 'bösen Zeiten.'"
Gesagt. Getan. Und schon steht es im Programm.
Und dann rückt der Gottesdienst immer näher und man bekommt etwas Bammel. Was kann man denn da sagen. Etwas sagen, das vielleicht auch noch hilfreich ist …
Und am liebsten würde man es wieder ungeschehen machen, weil es einen in eine Zwickmühle bringt und so anstrengend ist ….

Aber vielleicht ist DAS ja schon wegweisend. Denn in der Ehe ist das ja auch oft so.
Es beginnt mit der Idee, mit dem Gefühl, mit den guten Tagen … … und dann … „endet es mit den bösen Tagen?“

NEIN!

Und das ist wichtig, dass wir hier ein NEIN sagen können.
Denn alles andere wäre grausam.

Wenn wir bei der Trauung in der Kirche vor Gottes Altar knien und uns versprechen:
Gott hat euch einander anvertraut. Wollt ihr als Eheleute einander lieben und ehren und die Ehe nach Gottes Gebot und Verheißung führen – in guten und in bösen Tagen. Wollt ihr Freude und Leid miteinander teilen und euch die Treue halten bis dass der Tod euch scheidet so antwortet: Ja, mit Gottes Hilfe.

Wenn wir diese Worte sprechen, ja sogar versprechen, dann ist das doch keine zeitliche Abfolge: Zuerst die guten Tage und wenn wir die dann alle aufgebraucht haben, dann kommen die schlechten Tage.
Und genau hier liegt das Problem. Wenn wir in unserer Beziehung an einen Punkt kommen, an dem wir meinen: „Jetzt bleibt es für immer so“ – dann wird es gefährlich.
In den guten Zeiten wünschen wir uns das ja, dass es immer so bliebe, doch wir merken, wie es sich verändert. Aber in den schlechten Zeiten, da meinen wir oft: Jetzt schreibt es sich fest. Jetzt bleibt es für IMMER so! Kein Licht am Horizont. Keine Perspektive.
Aber wer sagt das?
Und es ist so, als ob die bösen Tage mehr Macht und Kraft hätten als die guten.

Und dann …
Dann fügt man sich entweder in sein Schicksal, sagt halt nichts mehr, lässt es halt so laufen, arrangiert sich – was nicht unbedingt schon schlecht ist – und begnügt sich mit dem wenigen oder mit gar nichts ….
Das hast du jetzt davon.
Spätestens wenn wir da angekommen sind, wird es Zeit, dass wir uns hinsetzen und die Hände falten: Herr, ich weiß nicht mehr weiter. In meiner Wut, in meinem Zorn, in meiner Hilflosigkeit entstehen die falschen Bilder in meinem Herzen.

Und weil wir nicht nur materiell in einer Wegwerf-Gesellschaft leben, werden wir auch in den Familien zu Opfern dieser Mentalität. Und dann wird ausgemistet. Und der Partner gleich mit. Und ich dann auch, wenn ich´s nicht mehr bringe.

Denn die bösen Tage sind ja nicht nur der andere, sondern die bin ja auch ich.
Da ist der Streit – der unerbitterliche Streit.
Das kann aber auch Krankheit sein – und da geht´s nicht um den Blinddarm, sondern Ereignisse, die eine Beziehung tief belasten können: Depression, Brustkrebs – also Ereignisse, die uns in unserem Miteinander bis hinein in das besonderer der Ehe, die Sexualität, betreffen. Oder der berufliche Misserfolg oder der Erfolg, Arbeitslosigkeit, körperliche Veränderungen, berufliche Veränderungen. Unterschiedliche Aufbruchs- und Veränderungszeiten und –wünsche.
Aber am Schlimmsten ist das alles, wenn die Beziehung hinterfragt wird: gilt es noch? Das ICH & DU. Das WIR. Denn das sind die eigentlich bösen Tage, wo das Fundament hinterfragt wird.
Und wenn dann solche Zeiten kommen, wird oft der Schleier immer dichter, bis nur noch vor unseren innerem Auge steht: Jetzt sind wir am Ende unserer Beziehung angekommen und das bleibt so. Jetzt wird nie mehr etwas anders. Nie mehr etwas besser. Jetzt heißt es nur noch: aushalten!

Einschub: Wir sprechen hier nicht von Gewalt. Von physischer oder psychischer Gewalt, von Sucht oder Dreiecksverhältnissen. Unter dem strikten Dogma: „Bis dass der Tod euch scheidet“ hatten vor allem die Frauen viel zu erleiden. „ … und in bösen Tagen“ ist nicht der Freibrief für die Willkürherrschaft eines Partners über den anderen oder über die ganze Familie.
Aber, meine Damen: Wir Männer müssen jetzt nicht für alles büßen, was die vor uns verbrochen haben.

„… und in bösen Tagen“ verweisen uns eher auf den Zustand davor, der uns hilft, durch die schwierigen Zeiten zu kommen. Denn sie kommen fast unweigerlich oder notwendig, weil wir ZWEI immer noch je einer sind und uns verändern und uns entwickeln und das nicht automatisch im Gleichklang.

Und deshalb ist es gut und wichtig, dass wir unser JA unter Gottes JA stellen und es ernst nehmen, dass ER uns einander anvertraut hat und wir auf sein JA und seinen Segen vertrauen können, wenn WIR gerade nichts mehr sehen.

Denn wie oft segeln wir hinaus bei schönem Wetter, blauäugig, ohne Kenntnis und haben nicht trainiert und geübt, um durch die Stürme hindurch zu navigieren und gehen über Bord, anstatt gemeinsam das Ruder zu halten, in der Erwartung, dass DAHINTER die See wieder ruhiger wird und nach dem Sturm wieder die Sonne scheint – auch wenn es vielleicht eine andere ist, wie davor und wir wo anders anlegen als da, wo wir abgelegt haben. Doch WIR haben es geschafft. Und wir können uns in der Sonne räckeln und das Segel flicken und dann neu setzen, zu unbekannten Ufern.

Denn wenn es stimmt, dass Gott uns einander anvertraut hat, dann weiß ER von einem Land hinter unserem Land und von einer Zeit nach dem Sturm und steht mit in unserem Boot, damit wir hindurch kommen.
Lustig ist das nicht. Und die Hände in den Schoß legen ist in solchen Zeiten auch nicht angesagt – aber eine Perspektive ist da. Wir wollen das gemeinsam schaffen. DU bist mir anvertraut und ICH bin dir anvertraut – und wir wollen achtsam nach dem anderen fragen.
Und die Mühe lohnt sich. Ich spreche bewusst nicht vom „aushalten“, sondern vom sich Mühen:
die Mühe mit sich selbst, die Mühe mit dem anderen, die Mühe mit den Kindern, die Mühe mit den Eltern … mit den Schwiegereltern.

Denn auf dieser Treue liegt eine Verheißung – auch wenn wir das vergessen haben sollten.

Gerade in der Beziehung, in der Familie braucht es ganz andere Bilder und Parameter als in unserer modernen Hochglanz- und Leistungsgesellschaft. Wir brauchen Entwicklungsbilder, Wachstumsbilder, die beides zulassen, die schönen und die anstrengenden Zeiten – das nervige nächtliche Schreien der Babys und die Begeisterung, wenn der Bub das Fahrradfahren lernt. Die Pubertät und die Freude, Opa sein zu dürfen. Und wir müssen wissen, wo wir stehen. Der Enkel muss über den Zaun hüpfen und nicht mehr ich. Und ich muss ihn dafür loben und er strahlt mich dafür an. Wissen wir das noch?

Und deshalb sprechen wir sogar am schönsten Tag des Lebens bewusst von „… und in bösen Tagen“ – weil sie uns den Blick öffnet wollen für die Tage hinter den bösen Tagen, die auf uns warten.

Eine Verheißung liegt auf unserem Bund. Und deshalb lohnt es sich zu kämpfen, zu bestehen, durch zu stehen und sich dabei verändern zu lassen. Was habe ich durch meine Frau gelernt! Was habe ich durch meine Kinder gelernt. Und das waren keine einfachen Prozesse und manches Schmerzhafte war dabei. Und manches Unnötige auch. Aber es hat sich gelohnt.
Oftmals sind die „bösen Tage“ die Übergänge, wo wir uns nicht mehr auf sicherem Terrain bewegen, wo wir aus unseren Meinungen und Haltungen und Prinzipien hinaus müssen ins ungeschützte, weite Land.
Und dann braucht es die Gewissheit: Wir gehen nicht allein. Da gibt es eine Verheißung Gottes über uns, die uns ein MEHR verheißt, als wir sehen können. Eine Entwicklung, ein Wachstum, ein Reifen – das uns noch gar nicht bewusst ist.

Und wie stolz die Paare oft sind, die Goldene Hochzeit feiern in der Kirche – wir haben es geschafft. Und da ist keiner mehr, so wie am Anfang. Aber das wäre auch fatal.

Verabschieden wir uns von diesen trostlosen und erschöpfenden Bildern: Jetzt bleibt alles so, wie es ist. Denn dann lohnt es sich nicht nur, nicht mehr zu kämpfen – sondern dann schreiben wir auch für den anderen fest, dass er sich gar nicht mehr verändern kann.
Doch das Land dahinter ist ein MEHR. Mit seiner eigenen Würde und seinem eigenen Wert. Nur, das müssen wir auch erst entdecken und erleben – doch Gott hält es für uns bereit.

Die bösen Tage sind keine schönen Tage, aber sie sind die notwendigen Tage im Reifen und Wachsen hin zu einem Leben in seiner ganzen Tiefe und Würde und in einem Reichtum, den unsere vordergründige Welt nicht in Hochglanz verpacken kann.
Denn hier darf auch ich Fehler haben und Macken und Defekte und ich bin trotzdem ein Geliebter. Nicht nur von Gott, sondern auch von meinem Gegenüber.

Amen

20140108

Martin Adel: Licht in uns

Epiphanias 06.01.2014
Predigttext 2. Korinther 4,3-6

Liebe Gemeinde,
1. Erhabene Momente
Da geht man früh noch in der Morgendämmerung los und macht sich an den langen, beschwerlichen Aufstieg. Die Kühle der Luft tut einem gut, man genießt die Stille der Natur und lauscht dem erwachenden Leben der Tiere im Wald. Hinter jeder Kuppe ein neuer Ausblick, ein neues Bild, eine andere Landschaft, die man durchwandert – Schritt für Schritt. Und dann, wenn man sein Ziel erreicht hat und den Blick in die Ferne schweifen lässt, dann wird man erfüllt von etwas, das einen selig macht. Das muss gar nicht lange sein. Nur ein kurzer Moment, der sich tief in unser Inneres eingräbt und uns noch Jahre später zum Leuchten bringt, wenn man sich daran erinnert oder davon erzählt.
Und dann kann es einem passieren, wenn man von so einem Moment mit Begeisterung und Leidenschaft erzählt, dass andere sagen. Na, du bist schön blöd, dich da so abzumühen. Da fährt doch eine Seilbahn hoch. Und außerdem: Das kann alles gar nicht mithalten mit der Natur in Norwegen oder in Alaska …

Ortswechsel. Sie sitzen in einem Konzert und die Musik schafft es, ihnen einen Schauder hinten am Nacken zu erzeugen. Ein Moment der Ergriffenheit, des innigen Getroffenwerdens an einem Punkt, an dem sich plötzlich manches löst – ein heiliger Schauder. Und ein tiefer Friede breitet sich aus.
Und als sie bei Gelegenheit von diesem Erlebnis erzählen wollen sagt der andere: Ach, die haben in der Zeitung eine ganz schlechte Kritik bekommen und außerdem ist das alles ziemlich provinziell im Vergleich mit der Seebühne in Bregenz oder dem Amphitheater in Verona ….

Und noch einmal ein Ortswechsel. Da gibt es so die Momente, an denen man abends nach dem redlich bestandenen Mühen des Tages noch einmal ins Kinderzimmer schaut und voller Andacht sich daran erfreut, wie friedlich Kinder schlafen können. Und es ergreift einen so ein Moment der Dankbarkeit und des Stolzes: Mein Sohn. Unsere Tochter.
Und wenn man davon später erzählt, sagt der andere: Kinder machen nichts wie Ärger. Sie haben andauernd irgendwelche Ansprüche und kosten nur Geld.

Und man fragt sich: Worum geht es?
Geht es nur ums weiter, höher, besser. Ums Haben. Ums Geld haben. Ums mehr Haben. Was für eine traurige Welt.
Oder geht es um diese einmaligen Augenblick, um die erhabenen Moment, wo uns die Welt anschaut, die Natur, die Kunst, der Mensch. Gott selbst?! Und wir werden getroffen und verwandelt, so verwandelt, dass wir sogar noch im Erinnern davon zehren können und beim Erzählen sich ein Leuchten in unsere Augen schleicht.

2. Die Hirten und Weisen im Stall
So ein Moment muss es gewesen sein, als die Hirten sich auf den Weg machten und an die Krippe kamen. Und die Weisen, die erst im Palast des Herodes gelandet sind, werden so tief ergriffen, dass sie ganz intuitiv spüren, den Herodes werden sie am Rückweg nicht davon berichten, weil er nur zerstören will, wo sie ihr Heil gefunden haben. Sein Kindermord in Bethlehem ist mehr als Beweis genug.
Einfache Hirten und ungläubige Heiden werden dort im Stall uns zum Zeugnis, wer da liegt in der Krippe. Das Erscheinen Gottes in der Welt. Und anderen ist es verborgen geblieben, weil sie nur ihres sehen wollten. Ihre Wahrheit. Die Wahrheit der Zahlen und Fakten, die keinen Platz mehr hat für solche offenen Momente, wo ich auf ganz unerklärliche Weise angesprochen werde auf einer Frequenz, die mich verletzlich macht, weil ich sie nicht mehr beweisen kann, sondern nur erleben und glauben.

Doch dieses höchst subjektive Erleben wird zum objektiven und tragenden Fundament, weil es sich um eine Wahrheit handelt, die sich außerhalb unserer messbaren Wahrheiten und Vernünftigkeit bewegt.
Denn kein Mensch kann uns beweisen, dass in diesem Kind im Stall in der Krippe der Heiland der Welt liegt. Aber wenn wir dem Zeugnis der anderen vertrauen und glauben, dann begegnen wir dem, der selbst unser Anfang und unser Ende ist.

3. Gott über aller Vernunft
Denn in Christus ist uns kein geringere erschienen als der, den wir als den Vater, den allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erden bekennen.
Größer, als all unsere Vernunft es begreifen und erfassen kann. Und dabei ist Gott nicht widervernünftig, sondern größer als unsere Vernunft. Und das muss er auch sein. Denn Gott muss es mit all unserer menschlichen Vernunft und all unserer Unvernunft aufnehmen. Er muss es aufnehmen können mit all unseren Ängsten und Sorgen und Nachdenklichkeiten und Bequemlichkeiten und Ungereimtheiten, mit all unserer Wut und Hinterhältigkeit und Hartherzigkeit – und die sind alle weiß Gott nicht vernünftig noch rational. Gott muss es sogar mit unserem Tod aufnehmen und ihn in den Schwitzkasten nehmen, bis wir frei sind und zu Neuem geboren werden hier oder dann dort in Ewigkeit. So groß muss Gott sein.

4. Predigttext 2 Kor 4,3-6
Und deshalb schreibt Paulus in seinem zweiten Brief an die Korinther im vierten Kapitel die Worte, die unser heutiger Predigttext sind: (Luther)
3 Ist nun aber unser Evangelium verdeckt, so ist's denen verdeckt, die verloren werden, 4 den Ungläubigen, denen der Gott dieser Welt den Sinn verblendet hat, dass sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi, welcher ist das Ebenbild Gottes.
5 Denn wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass er der Herr ist, wir aber eure Knechte um Jesu willen. 6 Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.

5. Christus - Schöpfungslicht

Und wir hören und spüren es förmlich. Paulus hat hier keinen Spielraum mehr – deshalb so klare, ja harsche und urteilende Worte. Man möchte ihn fast zur Mäßigung rufen, aber hier kann er nicht mehr mit sich verhandeln lassen. Das Erlebte ist zu gewaltig. Die Begegnung mit Christus hat seinen Blick grundsätzlich verwandelt. Der heilige Schauder, der ihm widerfahren ist, hat ihn vom Christenverfolger zum Christusbekenner verwandelt. Er ist vom Saulus zum Paulus geworden, weil ihn das helle Licht des Evangeliums getroffen hat.
Und was das für ein Licht ist, das bringt er durch seine Wortwahl zum Ausdruck. Er zitiert nicht zufällig aus dem ersten Schöpfungsbericht die Worte: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten
Es ist das Schöpfungslicht, das ihm da begegnet ist.
Vom ersten Schöpfungsakt am ersten Schöpfungsmorgen heißt es: Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag (Gen 1,3-4).
So grundlegend ist das Kommen Gottes in unsere Welt – eine neue Schöpfung. In Christus. Und Gott selbst hält dem Auge um Auge, Zahn um Zahn sein Wort der Versöhnung entgegen und anstatt nur die Freunde zu lieben und die Feinde zu hassen fordert er uns auf, auch die Feinde zu lieben. Noch am Kreuz wird er rufen: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.
Das ist die Herrlichkeit Gottes, die wir in Christus sehen. Das ist sein Licht.
Und es ist bewusst vom Licht die Rede und nicht von der Sonne, denn die Sonne ist nur ein Abglanz davon. Sie wird erst am vierten Tag als Himmelskörper neben dem Mond und den Sternen erschaffen werden. Aber am Anfang sprach Gott: Es werde Licht! Und es ward Licht! In diesem erstgeschaffenen Licht wird die ganze Schöpfung erstrahlen. Das ist Gottes ureigenster Wille: die Welt nicht in der Dunkelheit zu lassen.
Und dieses Licht ist mehr als die Sonne, denn es scheint sogar in unsere dunkelsten Ecken hinein. Es ist das Lebenselixier allen Lebens, denn es soll nicht bei der Gottesfinsternis bleiben. Das Licht, das am ersten Schöpfungsmorgen die Welt erhellt, soll in unser Herz leuchten.
Gott hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben. heißt es hier.
Es ist also schon da. Wenn auch manchmal verborgen.

6. Licht für uns
Und deshalb müssen wir Gott bitten, dass er uns mit seinem Licht immer wieder durchleuchtet, um die schädlichen Stellen zu finden und unsere dunklen Schatten zu vertreiben, die sich oft wie ein grauer Schleier um unser Herz legen wollen, weil wir an der Welt erschöpfen, an ihr zerbrechen oder an Gott zweifeln.
Und wir dürfen in all unserem Tun ungeduldig und neugierig darauf warten, bis Gott uns den Sinn öffnet, heraus aus unserer Welterklärung hin zu seiner Weltbestimmung.

Die erhabenen Momente, in denen wir in die Welt blicken und die Schöpfung uns ansieht, ob draußen in der Natur oder drinnen im Konzert oder daheim am Bett unserer Kinder, diese Momente sind nicht objektiv beweisbar, aber sie sind tiefe Begegnungen mit der Welt, wie sie Gott gewollt hat und darin Hinweis auf den Grund dahinter und darüber – Gott von Gott, Licht vom Licht.
… 5 Denn wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass er der Herr ist, wir aber eure Knechte um Jesu willen. 6 Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.
Lassen wir uns davon anstecken und verwandeln!

Amen