20161107

Martin Adel: Lasst euch versöhnen

Mit-einander Gottesdienst zum Reformationsfest
06.11.2016 - Drittletzter Sonntag im Kirchenjahr

Thema: 2. Korinther 5, 17-20

17 Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.
18 Aber das alles ist von Gott, der uns mit sich selber versöhnt hat durch Christus und uns das Amt gegeben, das die Versöhnung predigt.
19 Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit ihm selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.
20 So sind wir nun aBotschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!


Liebe Gemeinde
1. Hinführung
„Jetzt versöhnt euch halt wieder!“ – und man merkt: Nie und nimmer. Das werde ich dir nie verzeihen!
Bin ich deswegen schon unversöhnlich?
Gibt es nicht Dinge, Ereignisse in meinem Leben, die ich nicht vergessen kann, nicht verzeihen kann? Tiefe Kränkungen. Verletzungen. Brüche – mit dem Partner, mit den Eltern, mit den Geschwistern – Vertrauen, für immer zerstört.
Und erschrecken sie nicht, was da alles in einem hoch kommt, wenn man bereit ist, in diesen Abgrund zu schauen.
Diese Woche kam ein Mann ins Pfarramt. Er hat jetzt erst erfahren, dass seine Schwester vor zwei Jahren verstorben ist und wir sie beerdigt haben. Sie hatte vor Jahren den Kontakt mit der Familie abgebrochen. Und nun ist er auf der Suche nach Antworten, nach Versöhnung mit dieser abgebrochenen Geschichte – um Frieden zu finden. Aber geht das überhaupt noch – auch nach dem Tod?
Und wie schnell solche Brüche manchmal gehen: die ungeliebte Schwiegertochter, das falsche Gebetbuch, der Vorwurf „die hat meinem Sohn das Kind naufgehängt.“ Wie schnell sind Worte gesagt und welch verheerende Folgen können sie haben. Und wie könnte man sie wieder einfangen oder wieder gut machen. Wie gelingt Versöhnung? Denn eines ist ja klar: Solche Dinge kann man nicht ungeschehen machen, weil sie Realität sind – und manchmal mehr, als einem lieb ist. Der Mensch vergisst nicht! oder nur sehr schwer.
Und wir kennen das auch aus unserer eigenen Gemeindegeschichte mit seinen Parteiungen und Verwerfungen:  Religiöse Spinner, Sekte, Ungläubige, Heiden etc.
Und dann tragen wir diese Unverzeihlichkeiten mit uns herum – entweder gut versteckt, damit sie uns in Ruhe lassen und wir weiterarbeiten können oder fleißig gehütet bis zum Tag der Vergeltung, an dem ich es ihm/ihr heimzahlen kann?
Doch beides ist nicht gesund, denn beides bindet uns und hält uns fest in der Vergangenheit – und Neues kann nicht werden.

2. Verletzungen
Aber wie kann ich sich das ändern. Wie komme ich in einen zustand der Versöhnung, damit wieder Friede werden kann in mir und die Chance für Neues für mich und für meine Umgebung.

Der erste Schritt ist, dass wir zuerst von den Verletzungen sprechen müssen. Die Lebensmarker der Enttäuschung sind gesetzt. Mir ist UNRECHT widerfahren – egal ob absichtlich oder unabsichtlich und ich bin dadurch aus der Bahn geworfen. Das Ungleichgewicht sucht einen Ausgleich. Das Recht muss wieder hergestellt werden.
Denn Schuld bindet und Sünde auch. Wenn wir ehrlich sind, dann sind wir durch Enttäuschung, durch die Kränkung oder was es auch war UNFREI geworden. Und die Reaktion auf die Verletzung treibt uns bisweilen in einen Zustand, den wir eigentlich nicht wollen. Wir kennen das bei tiefen traumatischen Erlebnissen von Gewalt, Vergewaltigung, Misshandlung, Vernachlässigung …
Entweder reagiert der Mensch aggressiv und mit Gewalt nach außen oder, was viel häufiger ist, mit autoaggressiver Gewalt nach innen: Die Folge sind Schlafstörungen, Selbstverletzungen, Konzentrations- und Beziehungsstörungen, Sprachlosigkeit – tiefes Schweigen und die verletzlichen Gefühle werden tief irgendwo ganz hinten in unserer Seele versteckt.
Das Lebenskonzept ist dann oft ein sehr nüchternes: „Ach hört mir doch auf mit dem ganzen Gefühlsquatsch. Träume sind schäume. Mir hat auch keiner etwas geschenkt. Das ist halt so. Da muss man durch. Da muss man sich halt zusammenreißen ….
Und weil die Last zu groß ist, suchen wir nach Ersatzmitteln, nach einem Ausgleich. Und dann schlagen manche ihre Kinder, weil sie selbst als Kinder geschlagen wurden und keiner sie damals beschützt hat. Das erfahrene Unrecht wird zum Argument oder zur Begründung, um selbst Unrecht zu tun. Oder sie zerstören oder bestrafen sich selbst. Und da gibt es viele Wege.
Beobachten sie sich mal, zu welchem Typ sie gehören. Doch das Unrecht ist dadurch nicht weg und die Verletzungen auch nicht.

3. Wiedergutmachung?
Doch wie komme ich zu einem Ausgleich, zur Versöhnung, zur Heilung – oder bin ich für immer Opfer? Gefangener der Sünde, die andere an mir begangen haben oder die ich begangen habe, an mir oder an anderen.
Der zweite Schritt ist die Wiedergutmachung – doch das ist ein sehr zweischneidiges Wort.
Sicherlich – juristisch Belastbares muss vor´s Gericht. Und da ist Gott sei Dank vieles in den letzten Jahren und Jahrzehnten passiert, so dass man das Unrecht auch benennen und anzeigen kann. Und wie gut tut es, wenn man Recht bekommt.
Aber sind dadurch die Verletzungen, die seelischen und psychischen Verletzungen schon wieder gut gemacht? Und wie ist das bei Dingen, die rechtlich nicht relevant sind, aber trotzdem Unrecht waren oder so erlebt wurden: Zurücksetzung, Ausgrenzung, … Wie kann da Zerbrochenes wieder heil werden?
Wie kann man denn verletztes Vertrauen wieder gut machen? Eine verlorene Kindheit kann man nicht nachholen. Die verkorkste Biographie – ist die wieder gut gemacht durch die Bestrafung der Eltern oder durch Geldzahlungen an Opfer. 10.000 Euro für ein getötetes Kind beim Flugzeugattentat mit der Germanwingsmaschine letztes Jahr in Frankreich. Bringt mir das wieder meinen inneren Frieden zurück? Oder Versöhnung, Heilung?
Der Lockführer, dem einer vor den Zug springt und er die Bilder nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Der Polizist, der jemanden versehentlich erschießt und dann seinen Dienst für immer quittiert.
Das Rad der Geschichte kann man nicht zurück drehen und die Zeit kann man nicht anhalten. Verlorene Zeit kann man nicht ersetzen und verlorene Menschen erst recht nicht. Und das „Wenn …“ und „Hätte ….“ Und „weil ….“ sind oft nutzlose Erklärungen und helfen nichts, wenn einen das Elend wieder überfällt.
Muss das so bleiben? Bleibt das so? Muss das Unverzeihliche auch unversöhnt bleiben?
Wie komme ich zu einem Zustand der Versöhnung, der mich wieder frei aufatmen und frei handeln lässt? Ein Weg, auf dem das Verletzte und Zerstörte in mir aufhört zu bluten und zu schmerzen und Heilung beginnen kann – auch die Verletzungen, die ich mir selbst auferlegt und zugefügt habe.
Und das ist wichtig, damit das zerstörerische Feuer der Wut, des Hasses, der ewigen Rache nicht permanent meine Wunde zum Eitern bringt.

4. Die Kraft der Versöhnung Gottes
Wie gelingt die Wiedergutmachung, die ich man nicht bezahlen noch sich erkaufen kann?
Wir haben für diese Zustände inzwischen viele hilfreiche Angebote gefunden. Neben der Justiz gibt es Selbsthilfegruppen, Psychotherapie und Traumtherapie, Psychopharmaka, Opfer-Täter-Ausgleich, bei denen geholfen wird mit dem Erlebten zu leben – und die sind alle wichtig und gut. Und das Gespräch mit dem Partner, mit Freunden, mit Vertrauen darf man hier ja nicht als zu gering ansetzen.
Aber das Größte Angebot auf diesem Gebiet empfinde ich immer noch dieses Wort Gottes an uns – das unser heutiger Predigttext ist, weil es uns auf ein neues Fundament stellen möchte, uns förmlich aus den alten Bezügen herausnimmt und uns dadurch eine neue Chance gibt. Der Ausgleich ist schon geschaffen! Auch für uns. Wir sind nicht mehr Opfer, sondern wir sind erlöst. Ein göttliches Geschenk gewissermaßen, das uns hilft, es neu mit unserer Geschichte aufzunehmen:
2 Kor 5,17-21
17 Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. 18 Aber das alles von Gott, der uns mit sich selber versöhnt hat durch Christus und uns das Amt gegeben, das die Versöhnung predigt. 19 Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. 20 So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! 21 Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.
Als ob Gott wusste, wie sehr seine Kinder oft leiden an ihrem Leben und ihrer Vergangenheit, setzt er sein Leben dagegen und stellt sich uns zur Seite:
Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.
Ich höre hier den grundlegenden Neuanfang für uns, als ob Gott rufen würde: Mach dich nicht kaputt und lass dich nicht kaputt machen. Du musst das Unrecht in deinem Leben nicht verstecken und die verzehrende Glut des Unrechts nicht auf ewig wach halten. Dir ist, dir wird Gerechtigkeit widerfahren. Öffne deine Fäuste und lass das Feuer frei, das dich selbst verzehrt. Zeig mir deine Wundmale, damit ich sie heile durch meine Wundmale.
Unsere Verletzungen, unsere Enttäuschungen nimmt Gott in sich auf, damit wir nicht mehr darüber zugrunde gehen müssen. Das Verlorene wird in ihm für uns wieder Ganz, so dass wir neu leben können. Das Vergangene ist dadurch nicht vergessen, aber es verliert zunehmen an Kraft und Herrschaft über uns und wir werden wieder Herr im eigenen Haus.
18 Aber das alles von Gott, der uns mit sich selber versöhnt hat durch Christus und uns das Amt gegeben, das die Versöhnung predigt. 19 Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.
Gott nimmt stellvertretend für uns die Last unserer Vergangenheit auf sich und setzt uns neu und erneuert in unser Leben zurück.
Der Preis dafür ist allerdings nicht unerheblich: Die Hingabe an Gott, das Loslassen unseres Selbst, indem wir uns selbst entsichern, weil wir am Ende sind. Aber im Abgeben dessen, was uns so sehr bindet und wir uns womöglich selbst nicht verzeihen können, bekommen wir unser Leben neu zurück – so Gottes Zusage.
Die Vergangenheit bleibt, aber sie ist ihrer zerstörerischen Macht beraubt – auch wenn ich es vielleicht noch nicht so leben kann. Aber es gilt bereits für mich. Der Zustand des Paradieses bleibt uns zwar für immer verwehrt, aber aus der Erneuerung durch Gottes Versöhnung kann unsere Biographie wieder heil werden, können wir uns versöhnen oder versöhnt werden mit unserer eigenen Geschichte. Die Wege sind danach können dann ganz unterschiedlich sein.
Manche bekommen daraus dann erst die Kraft, über ihre Vergangenheit zu sprechen, das Unrecht zu benennen oder auch Anklage zu erheben.
Manche bekommen daraus die Kraft, neu auf den Weg der Versöhnung zu gehen, gewissermaßen über ihre eigenen Schatten springend verzeihen zu können oder um Verzeihung zu bitten.
Billig ist da gar nichts und verschwiegen wird auch nichts. Das Dunkle muss ans Licht. Aber – gehalten in diesem freien Angebot Gottes – kann auf wundersame Weise das Leben auch für uns neu beginnen. Das ist manchmal ein mühsamer Weg, aber unendlich heilsam.
Und deshalb gilt für uns – auch wenn wir es noch nicht vollständig ergriffen haben:
20 So sind wir nun Botschafter an Christi statt und …. so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! 

 Amen

20160613

Martin Adel: Die Speisung der 5000

3. Sonntag nach Trinitatis
12. Juni 2016

Predigttext Lukas 9.10-17

10 Die Apostel  erzählten Jesus, wie große Dinge sie getan hatten. Und er nahm sie zu sich, und er zog sich mit ihnen allein in die Stadt zurück, die heißt Betsaida.
11 Als die Menge das merkte, zog sie ihm nach. Und er ließ sie zu sich und sprach zu ihnen vom Reich Gottes und machte gesund, die der Heilung bedurften.
12 Aber der Tag fing an, sich zu neigen. Da traten die Zwölf zu ihm und sprachen: Laß das Volk gehen, damit sie hingehen in die Dörfer und Höfe ringsum und Herberge und Essen finden; denn wir sind hier in der Wüste.
13 Er aber sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen. Sie sprachen: Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische, es sei denn, daß wir hingehen sollen und für alle diese Leute Essen kaufen.
14 Denn es waren etwa fünftausend Mann. Er sprach aber zu seinen Jüngern: Laßt sie sich setzen in Gruppen zu je fünfzig.
15 Und sie taten das und ließen alle sich setzen.
16 Da nahm er die fünf Brote und zwei Fische und sah auf zum Himmel und dankte, brach sie und gab sie den Jüngern, damit sie dem Volk austeilten.
17 Und sie aßen und wurden alle satt; und es wurde aufgesammelt, was sie an Brocken übrigließen, zwölf Körbe voll.

1. Jesus tut den Menschen

Jesus tut den Menschen gut! Deshalb sind sie ihm nachgefolgt. Irgendwie ist es gut in seiner Nähe zu sein.
Tut Jesus uns auch gut?
Die Frage ist vielleicht etwas zu direkt. Dann formulieren Sie sie für sich um, dass sie besser passt. Aber irgendwie muss sie ja beantwortet werden, diese Frage: Tut Jesus mir gut?
Oder: Ich gehe in den Gottesdienst, weil …. Oder wie bei der Kirchgeldaktion – die Zahlungsbitte für das Kirchgeld mit dem Logo: Ich bleib dabei! Also in der Kirche, weil ….
Und Sie bleiben sicherlich nicht in der Kirche, weil Sie Kirchensteuer oder Kirchgeld zahlen dürfen, sondern Sie zahlen ihren Kirchenbeitrag, weil dieses Geld für etwas ganz anderes steht  - vielleicht, weil die Kirche Sinn macht oder weil Sie dann kirchlich heiraten können oder weil es doch irgendwie einen Gott gibt oder weil Sie mal von der Pfarrerin beerdigt werden wollen oder weil die Gemeinschaft so schön ist oder weil Jesus Christus ihr persönlicher Herr ist oder weil Sie schon immer in der Kirche waren.

Jedenfalls braucht es darauf eine Antwort – heute wie damals. Und wenn Sie nur mit-laufen, weil es gerade gut ist.
10 Die Apostel kamen zurück und berichteten Jesus, was sie getan hatten. Darauf zog er sich mit ihnen in Richtung Betsaida zurück. 11 Sobald die Leute das merkten, folgten sie ihm.
Jesus tut den Menschen gut.
Und mir tut er auch gut.
Das ist die Ausgangssituation.
Und Jesus wies sie nicht ab, sondern sprach zu ihnen über das Kommen der Herrschaft Gottes und heilte alle, die Hilfe brauchten.

Und darüber wird es halt spät. So wie immer, wenn es gerade wichtig ist oder spannend oder mir gut tut. Dann vergisst man die Zeit.
Und hier ist es nicht anders: Darüber wurde es Abend, und die Zwölf kamen und sagten zu ihm: »Schick doch die Leute weg!
Wie die Mutter: Jetzt geht endlich in´s Bett.
Oder die Frau: Jetzt komm endlich zum Essen. Es ist schon Dunkel.
Sicher. Irgendwann muss Schluss sein. Dann muss man ja auch wieder vernünftig werden.

Schick doch die Leute weg! Sie sollen in die Dörfer und Höfe ringsum gehen, damit sie dort übernachten können und etwas zu essen bekommen. Hier sind wir ja in einer ganz einsamen Gegend.«

Das ist doch auch vernünftig! Aber genau da liegt gerade das Problem. Jesus geht in die Nähe, in die Beziehung und das tut den Menschen gut. Und die Jünger schicken sie in die Distanz: Schick doch die Leute weg.
Hier sehen wir Gottes tiefste Bestimmung. ER tritt in unsere Nähe, in die Beziehung mit uns. Und die Beziehung kann man auch aus der Ferne miteinander pflegen. Aber wo Distanz ist – da ist nur wenig Beziehung, da begegnet man sich distanziert, nüchtern, sachlich, geschäftlich, vernünftig.
Wo Liebe ist, da bleibt man in Verbindung, auch wenn man gerade nicht zusammen ist.

Vielleicht sind die Jünger ja auch ein bisschen eifersüchtig, weil sie ihren Jesus jetzt endlich wieder für sich alleine haben wollen Aber das sagen sie nicht. Mit dem Argument der Fürsorge begründen sie ihre Haltung:
Schick doch die Leute weg! Sie sollen in die Dörfer und Höfe ringsum gehen, damit sie dort übernachten können und etwas zu essen bekommen. Hier sind wir ja in einer ganz einsamen Gegend.

2. Wenn der Zweifel den Menschen zerfrisst

Natürlich ist das vernünftig, was die Jünger vorschlagen. Aber manchmal ist Vernunft zu wenig. Denn wenn man vernünftig ist, dann weiß man immer schon die richtige Lösung. So muss es sein. Und so muss es sein.
Und natürlich ist Vernunft nichts Falsches. Aber mit Vernunft kommt man an vielen Stellen im Leben nicht weiter. Da hat man die Kinder so und so erzogen und trotzdem kommt etwas ganz anderes raus. Da hat man alles richtig gemacht und trotzdem ist es falsch.
Und als Jesus sagt: »Gebt doch ihr ihnen zu essen!« ist es völlig aus.
Das geht gar nicht!
Wie stellt der sich das vor?
So einfach würde ich es mir auch machen wollen: „Gebt ihr ihnen zu essen!“
Und nun sollen WIR wieder alles machen und bezahlten.
Wir kennen ja diese Sätze auch in uns und solche Sätze machen uns nur enger und schotten uns noch mehr ab und jeder sitzt noch mehr auf seinem Besitz und hat Angst, dass es ihm jemand wegnehmen möchte, ob der Räuber oder eher Steuer oder die Inflation oder die Großkonzerne oder die Weltverschwörung oder die Flüchtlinge oder was weiß ich …
»Wir haben nur fünf Brote und zwei Fische; wir müssten erst losgehen und für dieses ganze Volk zu essen kaufen!« [Es sind] nämlich an die fünftausend Männer versammelt!
Gebt ihr ihnen zu essen – sagt Jesus. Und das ist nicht zynisch. Nein. Er traut es ihnen zu!
Gebt ihr ihnen zu essen, heißt ja nichts anderes als: Seid einladend. Geht nicht aus lauter Vernunft in die Distanz.
Denn die Jünger sind ja schon wieder beim Rechnen: Wir haben nur fünf Brote und zwei Fische.
Und ich weiß, beim Hartz IV oder als Kassiererin oder wenn man gerade eine Wohnung gekauft hat, da muss man rechnen und sparen.
Aber Jesus sagt ja nicht zu seinen Jüngern: Das müsst alles ihr bezahlen. Sondern er sagt: „Gebt ihr ihnen zu essen.“ Und die Jünger entdecken da erst, dass sie ja sogar selber etwas haben: Fünf Brote und zwei Fische.
Nur, die wollten sie halt nicht teilen – aus vernünftigen Gründen, denn für 5000 Männer (ohne Frauen und Kinder), da braucht man erst gar nicht anfangen zu verteilen. Da verhungern zum Schluss alle.
Doch Jesus meint: Das reicht.
Er schimpft die Jünger ja nicht, dass sie so wenig eingepackt haben. Er hat die Jünger nur daran erinnert, dass sie nicht NICHTS haben, sondern dass sie auch etwas haben! – auch wenn sie das als zu wenig ansehen.

3. Teilen macht alle satt

Liebe Gemeinde,
was Jesus hier vorschlägt ist das Gegenmodell zu „Geiz ist geil“. Geiz mag geil sein, aber eines macht er nicht: nämlich satt. Geiz ist ein Hunger, der nie gestillt wird!
Aber das muss jeder selber wissen.
Wer nur mit sich selber beschäftigt ist, der bekommt nichts dazu. Der hat danach vielleicht mehr, aber es bleibt Kampf und Kalkül und geschenkt bekommt er nichts – zumindest nimmt er es nicht mehr wahr.
Jesus lässt die Jünger das Wenige mit den anderen teilen und zum Schluss reicht es für alle. Ja, im Gegenteil: Es bleibt sogar noch mehr als genug übrig.
Wir glaube das immer nicht, aber wir sind momentan als Gemeinde der beste Beweis dafür, was Gott gemeint hat. Viele von ihnen erinnern sich vielleicht noch an die Situation vor 10 Jahren und das Lamentieren um das alte Gemeindehaus etc …
Und dann haben wir uns entschlossen das, was wir hatten, hergegeben. Wir haben das alte Gemeindehaus aufgegeben. Und zum Schluss haben wir zu unseren 200.000 Euro, die wir an neuen Spenden dazu gesammelt haben ein Gemeindehaus im Wert von 2 Millionen Euro bekommen. Weil wir das, was wir hatten, geteilt haben, haben wir Verbündete bekommen und das neue Gemeindehaus ist uns zum Segen geworden – für so viele.
Nichts anderes passiert uns gerade mit dem Paulsplatz. Wir haben uns entschlossen, den Paulsplatz weiterhin für die Stadtgemeinschaft zur Verfügung zu stellen und die Paulskirche mit der Rampe wieder für alle zugänglich zu machen und nun müssen wir selber nur 100.000 Euro an Spenden sammeln und die Stadt Fürth und die Gesamtkirchenverwaltung und die Landeskirche geben die fehlenden 630.000 Euro dazu – damit Alle etwas davon haben.
Und wir könnten das Beispiel mit den Kinderchor und der Sarah Buchdrucker so weiter führen.
Da steckt natürlich immer auch harte Arbeit dahinter und der Beitrag von euch und vielen anderen. Aber machen kann man das nicht, dass es dann so wird. Und wir hätten gerne immer Garantien, dass es auch so bleibt. Aber die gibt es nicht.
Jetzt ist es so! – sagt Gott. Und dann davon zehren und leben und erzählen. Wir hätten immer gerne gleich die Summe, das Ergebnis – aber wir sind nicht das Ziel. Wir sind auf dem Weg. Doch den Anfang machte das Teilen und das Hergeben.
Für mich ist das ein Wunder. Das Wunder der Brotvermehrung für unsere Gemeinde. Gottes gnädiges Geschenk an uns.
Halleluja. 

Amen 

Werner Sirch: Christus ist gekommen

Predigt 2. Sonntag nach Trinitatis
05. Juni 2016

Epheserbrief 2,17-22

17 Christus ist gekommen und hat im Evangelium Frieden verkündigt euch, die ihr fern wart, und Frieden denen, die nahe waren. 18 Denn durch ihn haben wir alle beide in einem Geist den Zugang zum Vater. 19 So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen, 20 erbaut auf den a Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist, 21 auf welchem der ganze Bau ineinandergefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn. 22 Durch ihn werdet auch ihr miterbaut zu einer Wohnung Gottes im Geist.


Liebe Gemeindeglieder,
liebe Schwestern und Brüder,

1. Frieden in einer friedlosen Welt

Alle Welt ruft nach Frieden, aber es ist kein Frieden. Kein Frieden unter den Völkern, kein Frieden in den Familien, kein Frieden unter den Religionen. Dabei sehnen wir uns nach Frieden. Können nicht miteinander leben im Hass, mit Mord und Totschlag, Krieg und Terror. Leben ohne Liebe, Leben in Furcht und Angst entstellt uns und gibt uns ein ganz böses Gesicht. Solch ein Leben macht uns körperlich und seelisch krank.

2. Befreit durch Christus

Gott will, dass wir frei sind. Frei von Krieg und Terror, Hass und Zerstörung, Angst und Sorgen. Durch Christus befreite Menschen. Das gilt für die, die Gott fern sind ebenso, wie denen, die schon immer Gott nahe waren. (Heute würden wir sagen: christlich sozialisiert sind.) Durch Christus sind wir befreite Menschen. Frei von Bindungen und Gebundenheiten. Frei davon, uns selbst gerecht zu sprechen. Frei von Bevormundung. Frei von der Macht des Kapitals, vom Egoismus, vom Hass, der Gleichgültigkeit und anderen Mächten die unser Leben bestimmen wollen.

3. Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen

Wir sind nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen. Wir gehören dazu. Wir sind Gottes Kinder, die den Vater im Himmel kennen und zu ihm gehören.
Hausgenossen sehnen sich nach Gemeinschaft, leben mit einander, freuen sich und trauern mit einander. Und leiden manchmal auch an einander. Aber sie vertrauen einander.
Mittelpunkt, Zentrum, der Eckstein der alles Zusammenhält ist Christus. Er hat unsere Bindungen, unsere Sünde und Schuld ans Kreuz getragen, damit wir frei sind. Ich denke an das was Paulus im Galatherbrief schreibt. Galather 5,1 „Zur Freiheit hat euch Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder unter das Joch der Knechtschaft zwingen.“ Wir werden keine Gerechtigkeit vor Gott finden durch Gesetzlichkeit, Selbstgerechtigkeit, Hass oder weil wir uns vornehmen ein besserer Mensch zu werden. Im Gegenteil, es nimmt uns die von Christus geschenkte Freiheit. Wir sind Gottes Mitbürger und Hausgenossen, weil uns Christus durch seinen Tod und seine Auferstehung dazu befreit hat. Liebe Gemeinde, was könnten wir, zu dem was Jesus für uns getan hat, aus eigener Kraft noch hinzufügen?

4. Von Christus geschenkte Freiheit

Die von Christus geschenkte Freiheit ist aber nicht bindungslose Freiheit, die gegenüber niemandem verantwortlich ist und nur für die eigene Lust oder Unlust lebt. Luther schreibt:
„Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ Freiheit, wirkliche Freiheit kann nur in Bindung gelebt werden. Und so sind wir als Christen befreit für ein Leben mit anderen Menschen, in unserer Familie und im großen Haus dieser Welt, wie Martin Luther King es beschrieben hat:
Ein großes Haus der Welt, in dem wir zusammenleben müssen:
Schwarze, Weiße, Morgenländer und Abendländer,
Juden und Nichtjuden
Katholiken und Protestanten.
Eine Familie, die in Ideen, Kultur und Interessen zu Unrecht getrennt ist.
Weil wir niemals wieder getrennt leben können, werden wir lernen müssen, in Frieden miteinander auszukommen.
Alle Bewohner der Erde sind Nachbarn.
Soweit Martin Luther King.

5. Christus ist gekommen

Wir lesen in unserem Predigttext:
17 Christus ist gekommen, um uns Frieden zu verkündigen, denen, die ihn kennen und denen, die fern sind von ihm.
Jesus will das heilen, was in uns zerbrochen ist: Unsere Unmöglichkeit mit uns selbst im Frieden zu leben, mit unserem Nachbarn, mit unserer Familie, mit Gott.
Wir vergeuden soviel Energie und Kraft mit unseren Streitigkeiten, mit unserer Verletzlichkeit, mit unserem Hunger nach Macht und dem Willen andere beherrschen zu wollen. Wir vergeuden Energie und Kraft, weil wir uns der Angst und Vorurteilen hingeben. Kraft, die wir an anderer Stelle dringend brauchen – ganz aktuell, fremden Menschen gegenüber, die sich zu uns flüchten um Verfolgung oder Hunger zu entkommen. Dabei sind wir nicht ganz unschuldig an ihrer Situation. Ohne schlechtem Gewissen haben wir ihre Landwirtschaft ruiniert und sie zu Billigkräften gemacht, um unseren Wohlstand zu mehren. Wir haben glänzende Geschäfte mit Waffen gemacht, vor welchen sie jetzt auf der Flucht sind. Sie haben um Hilfe gerufen, aber unsere Ohren sind taub. Jetzt kommen sie zu uns, weil unsere Hilfe nicht zu ihnen kommt.

6. Aufschrei

Norbert Blüm, Minister im Kabinett Kohl, schreibt in seinem Buch „Aufschrei! Wider die erbarmungslose Geldgesellschaft“, ein Kapitel über „Vorteilssuche als Weltformel“. Er zitiert darin den US-amerikanischen Ökonomen Garry S. Becker: „Der Mensch ist ein Vorteilssucher, sonst nichts.“ Das bringt Blüm zu der Frage, wer uns davor rettet, dass unser ganzes Leben eine Kalkulation von Vorteilen wird.
„Kein Handschlag ohne vorherige Berechnung, welche Vorteile damit verbunden sind. Keine Freundlichkeit, ohne vorher zu überlegen, was sie mir bringt. Selbst Lachen ist nur erwünscht, weil es gesund ist. Nichts gilt, was ‚nichts bringt‘.“ Und er sieht bei uns die hässliche Fratze der Geldgier. „Während in der islamische Welt sich eine Regression (eine Rückentwicklung) zum blutigen Fundamentalismus vollzieht, verflacht der Westen in einem unterhaltsamen oberflächlichen Konsumismus, dessen letztlicher Lebenssinn die Vorteilsnahme ist.“
Blüm weist darauf hin, dass sich keine Gesellschaft dauerhaft auf Vorteilssuche aufbauen lässt. „Ohne Vertrauen bricht die Gesellschaft mit allem, was dazu gehört, zusammen.
Ohne Vertrauen funktioniert selbst die Wirtschaft nicht. Geld verliert über Nacht seinen Wert, wenn die Menschen nicht mehr darauf vertrauen, dass es etwas wert ist. ‚An sich‘ ist Geld eine Null. Denn Geld ist eigentlich ein Vertrag zwischen seinen Benutzern. Ein Vertrag ist jedoch ein Fetzen Papier, wenn die Vertragspartner nicht ein Mindestmaß von gegenseitigem Vertrauen aufbringen."

7. Flüchtlinge was nun

Flüchtlinge was nun? Gibt es für uns einen Vorteil? Wir stehen da und überlegen was wir machen sollen, mit den vielen Menschen aus anderen Ländern. Sind sie nicht auch Geschöpfe Gottes, von ihm geliebt? Wir überlegen was billiger kommt. Zäune bauen und in Kauf nehmen, durch den behinderten Warenverkehr 5% weniger Waren in andere Länder zu verkaufen, oder Flüchtlinge aufzunehmen und bei uns zu integrieren?
Was ist für uns nützlicher?
Ist das der Umgang mit Menschen die Ihrer Heimat beraubt, durch Flucht ihr Leben gerettet haben, den brutalen Kopfabschneidern der IS, den Bomben und Gewehren, dem Hunger und der Perspektivlosigkeit ihres Lebens entronnen sind? Wie können wir die Frage beantworten wo diese Menschen hin sollen? Wo können sie sich sicher fühlen, ohne Hunger und mit menschlicher Würde leben? Oder geht uns das nichts an, weil für uns die Nützlichkeitsberechnungen nicht aufgehen?
Ich überlege, was unsere Angst vor Flüchtlingen wert ist, gegenüber der Angst die diese Menschen erlitten haben und nun ertragen müssen, weil sie zwar ihr Leben gerettet haben, aber niemand sie haben will?
Warum fällt es uns so schwer darauf zu vertrauen, dass sie nicht kommen, um uns als Islamisten zu bedrohen und unsere in christlicher Freiheit lebende Gesellschaft zu zerstören? Dass sie nicht kommen um unseren Sozialstaat zu plündern.

8. Lebendiger Stein, der von den Menschen verworfen ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar.

Meine provokative These: Sie kommen, um sich als Steine in den Bau einer christlich-freiheitlichen Gesellschaft einzufügen. Ich möchte das jedenfalls so glauben. (Bitte verhöhnen Sie mich jetzt nicht als einen der so genannten "Gutmenschen".) Natürlich kommen auch andere, die nichts Gutes vorhaben. Und für die dürfen wir genauso beten. Auch für die Schläfer die auf ihre Chance warten um möglichst großes Unheil anzurichten. Wir haben aber den Vater im Himmel, der über allem steht. Darum müssen wir uns nicht bestimmen lassen von der Angst vor Flüchtlingen und was durch sie geschieht oder geschehen könnte. Und wir haben Christus, der für alle Menschen gestorben und auferstanden ist. In uns lebt der Heilige Geist, der Menschenherzen wenden und den dreieinigen Gott als liebenden und mächtigen Gott zeigen kann – auch denen, die zu uns kommen.

Ich wünsche so sehr, dass Gott unsere Herzen anrührt und aus unseren oft toten und kalten Herzen Edelsteine macht, die nicht nur auf unseren Vorteil und Wohlstand bedacht sind, sondern anfangen zu lieben und achtsam mit denen umzugehen, die zu uns flüchten. Lasst uns zusammen kommen um Gott zu loben und zu preisen. Und lasst uns doch Glauben gegen allen Anschein aufbringen, dass „wir es schaffen werden“, mit der Hilfe unseres Gottes, der uns diese Menschen geschickt und vor die Türe gelegt hat. Wir Schulden es ihnen, dass sie Christus kennen lernen. Amen.

20160412

Martin Adel: Für die Sünde tot, für das Gute leben

Predigt vom 10.04.2016 Sonntag Misericoridas Domini (Güte des Herrn)
Predigttext 1. Petrus 2,21b -25


Einheitsübersetzung
21 Ihr wisst doch: Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt.
22 Ihr wisst: »Er hat kein Unrecht getan; nie ist ein unwahres Wort aus seinem Mund gekommen.« 23 Wenn er beleidigt wurde, gab er es nicht zurück. Wenn er leiden musste, drohte er nicht mit Vergeltung, sondern überließ es Gott, ihm zum Recht zu verhelfen. 24 Unsere Sünden hat er ans Kreuz hinaufgetragen, mit seinem eigenen Leib. Damit sind wir für die Sünden tot und können nun für das Gute leben. Durch seine Wunden seid ihr geheilt worden!
25 Ihr wart wie Schafe, die sich verlaufen haben; jetzt aber seid ihr auf den rechten Weg zurückgekehrt und folgt dem Hirten, der euch leitet und schützt.


Liebe Gemeinde.
1. Glaubens-Ansprüche
Die Frage stellt sich ja unweigerlich, wenn wir uns hier in der Kirche zum Gottesdienst am Sonntagvormittag treffen:
Hat sich durch den Glauben etwas in meinem Leben verändert?
Und ich meine jetzt nicht die Tatsache, dass sich natürlich etwas verändert hat, denn wir sitzen ja heute Morgen hier in der Kirche und könnten genauso gut noch in unserem warmen Bett liegen oder wandern in der Fränkischen oder fernsehglotzen oder Computer spielen.

Hat sich durch den Glauben etwas in ihrem Leben verändert?
Oder anders: verändert sich etwas in unserem Leben durch den Glauben? Oder noch anders: Würde ich anders leben, wenn ich nicht glauben würde?

Vielleicht haben sie sich noch nie diese Frage gestellt, aber diese Fragen sind interessant und wichtig. Und dann ja vor allem auch unsere Antworten darauf.
Denn, ob wir es wollen oder nicht, die anderen, die, die nicht mehr in die Kirche gehen oder die, die die Kirche und den Glauben vielleicht ablehnen, vielleicht sogar verschmähen und verspotten, die haben meistens eine ganz klare Vorstellung, wie wir Christen denn zu sein hätten und wie wir zu leben hätten oder noch besser, zu wissen, dass unser Leben nur gesetzlich und eng sein kann, lustlos und unfrei.

Wir alle kennen solche Sätze: Von ihnen als Christ hätte ich das nicht gedacht. Oder damals eine Lehrerin zu einer meiner Töchter: Von einer Pfarrerstochter hätte ich das nicht erwartet.

Letzthin erzählte mir einer Frau, dass ihre Nachbarin, mit der sie einen Streit hatte, sie dann anfuhr: Da rennen sie jede Woche hinein in die Kirche und können trotzdem so ekelhaft zu mir sein. Und die Frau hatte dann – Gott sei Dank - die schlagfertige Antwort gefunden: Was meinen sie erst, wie ekelhaft ich wäre, wenn ich nicht regelmäßig in die Kirche ginge.

Bei einem Beerdigungsgespräch von einem älteren Punker-Paar auf meine Frage, ob sie denn verheiratet wären: Nein, nein. Wir heiraten nicht. Wir sind jetzt seit 25 Jahren zusammen – sie hatten drei Kinder – und alle in unserem Bekanntenkreis, die kirchlich geheiratet haben, sind schon längst wieder auseinander. Und das klang fast so wie ein persönliches Versagen der Kirche oder womöglich sogar von Gott.
Die Nicht-Bindung als Garant für die Festigkeit einer Partnerschaft.


2. Macht Glaube erpressbar?
Macht Glaube erpressbar?
In gewissem Sinne schon – da müssen wir uns gar nichts vormachen. Wir sind erpressbar, weil wir festgelegt sind und uns festgelegt haben auf Christus. Für die einen beten wir dann zu wenig und für die anderen zu viel. Für die einen sind wir zu fromm – oft gleichgesetzt mit weltfremd – und für die anderen sind wir zu wenig christlich, d.h. wir sind nicht so lieb, so freigebig, so verständnisvoll, so nachgiebig oder so treu doof, wie sie es gerne hätten.
Und manche Geschwister in unserer Welt werden wieder dafür eingesperrt oder gefoltert oder umgebracht, weil sie Christen sind.

Jeder hat Bilder im Kopf, wie Christus war und welchem Ideal die Christen eigentlich nachfolgen wollen oder sollen.
21 Ihr wisst doch: Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt.
22 Ihr wisst: »Er hat kein Unrecht getan; nie ist ein unwahres Wort aus seinem Mund gekommen.« 23 Wenn er beleidigt wurde, gab er es nicht zurück. Wenn er leiden musste, drohte er nicht mit Vergeltung, sondern überließ es Gott, ihm zum Recht zu verhelfen.

Und deshalb ist die Antwort: Natürlich verändert der Glaube. Und das ist ja auch gut so.
Nehmen wir nur die biblischen Zeugen: die Jünger, Zachäus, Bartimäus, die Frauen, Petrus, Paulus, Stefanus
Oder die Heiligen aus der Kirchengeschichte: Elisabeth von Thüringen, Franz von Assisi und, und, und
Und kaum haben wir es ausgesprochen, kommt die Erpressung der anderen: Ja, aber …! Ja, aber die waren gar nicht so heilig. Die haben alle auch dunkle Flecken.
Und dann wird es aufgezählt ….
Und hoffentlich zucken wir dann nicht nur zusammen, sondern sagen: Ja, das war so. Und das ist auch sehr bedauerlich. Aber dennoch standen sie in der Nachfolge und haben sich dem Anspruch Gottes auf ihr Leben gestellt und ihr Leben hat sich verändert hin zu mehr Gutem, zu mehr Fürsorge, zu mehr Liebe – wenn auch nicht an allen Stellen.

Jetzt sind wir ja alle keine so Großen, aber auch uns hat der Glaube verändert. Und wenn wir uns zu erkennen geben, dann werden wir oft auch beobachtet und gemessen und gewogen – ob wir bessere Menschen wären, ob unsere Ehen länger halten, ob wir weniger Streit in der Familie haben, ob wir länger leben, ob wir gesünder sind … und was weiß ich.
Und wenn das alles nicht zutrifft, dann kommt die alles entscheidende und vernichtende Frage.
Was bringt dir dann der Glaube?

3. Glaube verändert
Und hoffentlich wissen wir das dann, was WIR dann sagen könnten. Letzthin sagte ein alter Mann zu mir. Wissen sie, Herr Pfarrer, wenn ich am Sonntag in meine Kirche gehe, dann schaffe ich den Rest meiner Woche viel besser. Meine Frau ist schon so lange krank. Aber nach dem Gottesdienst hab ich irgendwie wieder mehr Kraft.
Was für ein starkes Wort.

Glaube verändert. Die Begegnung mit Gottes Wort verändert. Das Sich-Gott-aussetzen verändert. Wir können nicht mehr so tun, als ob alles beim Alten bliebe. Jeder Streit schmerzt noch einmal mehr. Jedes Elend sieht uns noch einmal mehr an. Jede Ungerechtigkeit wühlt uns noch einmal mehr auf.
Lüge, Unwahrheit, Hartherzigkeit, Lieblosigkeit  - wir spüren sie in uns, weil wir empfindlich geworden sind und zulassen, dass unsere Sehnsucht eigentlich gilt, unsere Sehnsucht nach mehr Menschlichkeit – es ist Gottes Ruf in uns, für den wir empfänglich geworden sind.
Und wir spüren noch viel deutlicher, wo unser Leben Makel hat.
Aber das macht nichts.
Denn wir müssen es Gott nicht beweisen, dass wir gut genug für ihn sind – und den Menschen schon gleich gar nicht.
Und wir müssen es uns bei Gott auch nicht verdienen, dass er uns annimmt oder ansieht in unserer Unzulänglichkeit.
Denn er hat den ersten Schritt auf uns zu getan:
24 Unsere Sünden hat er ans Kreuz hinaufgetragen, mit seinem eigenen Leib.
Und nun kann sich die Veränderung in uns ihre Bahn brechen.
Damit sind wir für die Sünden tot und können nun für das Gute leben. Durch seine Wunden seid ihr geheilt worden!
So Paulus.

4. … für das Gute leben
Ich weiß nicht, wie es ihnen geht, aber ich spüre diese Veränderung bei mir in den letzten Jahren ganz besonders auf dem Friedhof. Soviel Schmerz, soviel Leid und Abschied. Alt und Jung und dazwischen. Und viel Kaputtes und abgebrochenes Leben.
Doch ich kann Zuhören und Mitfühlen und Aushalten und Trauern. Bei manchem verpfuschten Leben habe ich manchmal den Eindruck, dass ich der einzige bin, der um den Verstorbenen trauert.
Ohne den Glauben an die Auferstehung Jesu könnte ich manchmal nicht mehr dort stehen. Dieses befreiende Wort Gottes ist mir dann Trost und Kraft zugleich. Nicht ich muss es mehr tragen und aushalten, weil Gott trägt und aushält. Und so kann ich mich dem aussetzen, kann verstehen, wer jemand war und was er den Hinterbliebenen war und kann sogar vom Loben sprechen und vom Danken, obwohl ihr Mann mit 74 Jahren so früh gestorben ist. Da zeigt sich in aller Trauer der Dank für das Schöne und Gute. Und es ist nicht mehr nur schwarz und dunkel und aussichtslos und gnadenlos. Ich kann vom Ostermorgen sprechen, bereits an den Karfreitagen unseres Lebens.
Durch seine Wunden seid ihr geheilt worden!
Das ist nicht mehr mit dem Kopf erklärbar, aber in unserem Herzen fühlbar und kann von dort unseren Kopf wieder befreien.
Das hat sich bei mir verändert und verändert sich immer noch weiterhin. Ein anderer Blick auf´s Leben und die Bewertung der Dinge. Freier, mutiger – trotz und in so manchen Rückschlägen und Ermüdungen.
Wir müssen niemandem etwas vorspielen. Aber wir müssen uns auch nicht dem allgemeinen Gejammere beugen, diese Haltung der ewig zu kurz gekommenen

Weil wir für die Sünden tot sind … und nun für das Gute leben.

Ich bin durch Gottes Weg mit mir nicht nur barmherziger oder gnädiger geworden, manchmal bin ich auch konfrontierender, bohrender, widerständiger.
Wenn ich verletzt bin, hilflos, wütend kann ich das wahrnehmen und ich muss nicht immer gleich poltern und rasen und mich verteidigen. Ich kann auch mal zurück stehen.
Ich bin fähig geworden, auch Fehler zuzugeben, Entschuldigung zu sagen – auch wenn es mir schwer fällt.
Ich bin fähig geworden zu loben – nicht immer – aber doch deutlicher und ich kann mich sogar freuen, wenn jemand etwas besser kann als ich.
Ich lass mich trösten, überreden, weiß nicht alles besser – obwohl ich dazu neige, am liebsten alles für mich alleine richtig zu entscheiden.
Das hat sich verändert. Ein verstehenderes Herz, ein offeneres Ohr – manchmal schon fast zu viel, so dass es dann schmerzt und man schauen muss, wie man sich selber schützt.
Und ich weiß, vielen von euch geht es ähnlich.
Doch ohne Angst, im Gespür und in der Gewissheit – Gott schaut auf mich – auch da, wo ich´s selber noch nicht begriffen habe.

Wie geht es ihnen mit ihrem Herrgott?
Was ist bei ihnen anders geworden durch den Glauben?
Mehr Trost oder getröstet sein über allen Veränderungen?
Mehr Zuversicht?
Mehr Nächstenliebe?
Mehr Kraft – innerlich?
Mehr Vergebung, als ihnen sonst möglich wäre.
In der Erinnerung an Jesu Wort wieder einmal über den eigenen Schatten springen und den ersten Schritt wagen zur Versöhnung, zur Entschuldigung, zu einem neuen Anfang.
Wie heißt es in unserem Predigtwort:
25 Ihr wart wie Schafe, die sich verlaufen haben; jetzt aber seid ihr auf den rechten Weg zurückgekehrt und folgt dem Hirten, der euch leitet und schützt.
Und das gilt damals wie heute.  Wir sind keine Heiligen, aber auf dem Weg der Heiligen. Für die Sünden tot, können wir nun für das Gute leben. Durch seine Wunden sind wir geheilt worden!  – Gott sei Dank.


Amen

20160111

Martin Adel: Die Heiden sind Miterben

Epiphanias 06.01.2016
Predigttext Epheser 3,2-3a.5-6

2 Ihr habt ja gehört, welches Amt die Gnade Gottes mir für euch gegeben hat: 3 Durch Offenbarung ist mir das Geheimnis kundgemacht worden … 5 Dies war in früheren Zeiten den Menschenkindern nicht kundgemacht, wie es jetzt offenbart ist seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist; 6 nämlich dass die Heiden Miterben sind und mit zu seinem Leib gehören und Mitgenossen der Verheißung in Christus Jesus sind durch das Evangelium.


Liebe Gemeinde,

1. Und wenn es stimmt?
Wenn ich das schon höre: Mein Amt von Gottes Gnaden. Durch Offenbarung das Geheimnis Gottes kundgemacht. Dies war in früheren Zeiten den Menschenkindern nicht kundgemacht wie es jetzt offenbart ist seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist … Das sind schon steile Begründungen, mit denen Paulus hier sich Gehör verschaffen will. Diese Ausschließlichkeit. Diese Unangreifbarkeit. Diese Arroganz.
Und wir? Wir sind dann schon von vornherein misstrauisch. Da vereinnahmt einer Gott für seine Sache.
Das gehört sich nicht!
Das ist gotteslästerlich.
Dafür haben sie schon damals Christus gekreuzigt.
Warum nicht auch den Paulus. Im Namen Gottes!

Aber ist unsere Alternative besser? Wir haben es uns abgewöhnt von Gott zu reden. Viel zu viel Ungöttliches ist im Namen Gottes schon geschehen – und geschieht ja immer noch.
Wir reden deshalb heute lieber von uns. Vom Menschen. Rein Menschlich. Wir sagen: Das scheint sinnvoll. Das ist logisch. Das ist demokratisch.
Oder wir sagen gar nichts mehr, außer: Das ist halt MEINE Meinung! Und die Meinungsfreiheit ist uns ja sogar durch das Grundgesetz zugesichert. Der Rückzug ins unangreifbare ICH. Ich fühle. Ich empfinde. Ich meine. Ich glaube.

Aber was ist, wenn MEINE Meinung falsch ist?
Wenn meine Meinung vielleicht beleidigend ist, menschenverachtend, egoistisch, zerstörerisch – mich selbst oder andere? Wer korrigiert sie mir?

Und das war bei Paulus nicht anders. Er war der festen Überzeugung, dass die Christen verfolgt werden müssten. Und er tat es. Bis, ja bis er selbst von Gott gefunden wurde, damals bei Damaskus. Und diese einzige Frage: „Was verfolgst du mich?“ wird der Anfangs- und Wendepunkt im Leben des Paulus – Gott sei Dank. Vom Christenhasser verwandelt er sich hin zum großen Völkerapostel, der wie kein Zweiter später von der Liebe Gottes schreiben wird und von der Freiheit und von der Versöhnung, von der Auferstehung und immer wieder von der Verwandlung in Christus.
Die Befreiung von sich selbst, von seiner Meinung, von seiner engen Sichtweise empfindet er als so grundlegend, dass er nun davon erzählen muss, denen, die es hören wollen und denen, die es nicht hören wollen. Und die, die bleiben, die sind sein Gegenüber und bilden die jungen Gemeinden in Korinth oder in Thessaloniki oder in Rom oder wie hier in Ephesus. Bunt gemischt – in den Handelsstädten aus der ganzen Welt zusammengewürfelt.
Und es geht nicht um Mehrheiten oder Besitzstandswahrung,  sondern um das Bezeugen dessen, was ihn grundlegend umtreibt. Es geht um seine innerste Überzeugung.

Und etwas anderes machen wir heute ja auch nicht. Was haben wir denn im Glauben für Beweise, außer unsere eigene Haltung und die Haltung derer, die mit uns hier sind. Was haben wir anderes, als unsere Entscheidung, dass es sich lohnt, sich diesem Wort Gottes immer wieder neu auszusetzen, unser Denken, unser Handeln, und Sehnen und Hoffen durch die Aussagen der Bibel bestimmen zu lassen, die Welt von dort her zu betrachten. Das Wort Gottes nachzuleben und ihm Zuzutrauen, dass ES oder besser ER uns mit seinen Orientierungsmarken auf einen guten Weg führt.

Wir stellen uns gerne in diesen Fragen ein wenig Abseits oder auf das Podest der kritischen Vernunft und meinen dann: Aber so wie der Paulus kann man das nicht sagen. Das klingt viel zu absolut, viel zu endgültig. Da fehlt jede Offenheit. Man muss das alles immer auch relativ sehen. Und so genau kann man das doch …

Sicherlich, das ist auch eine Haltung, gerade in Glaubensdingen, so völlig unbestimmt und unsicher: Und was ist, wenn das alles nicht stimmt? Wenn das alles nur Einbildung ist, das in der Bibel.

Oder wir üben uns einmal in der anderen Haltung ein. Was ist, wenn das stimmt?


2. Wer gehört dazu?
Ja noch anders: Wäre es nicht wünschenswert, dass es stimmt, so wie Paulus hier mit aller Autorität und Macht sagt:
5 Dies war in früheren Zeiten den Menschenkindern nicht kundgemacht, wie es jetzt offenbart ist seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist; 6 nämlich dass die Heiden Miterben sind und mit zu seinem Leib gehören und Mitgenossen der Verheißung in Christus Jesus sind durch das Evangelium.

Denn was heißt das denn als raus auf die Straße. Das Evangelium muss unter die Menschen.
Im Judentum war das klar – und ist es bis heute. Jude wird man durch Geburt, d.h. durch eine jüdische Mutter. Ein auserwähltes Volk unter allen Völkern. Die wenigen Proselyten mal ausgenommen.

Aber bei den Christen muss das anders ein – so meint es zumindest Paulus. Da gibt es keine heilige Abgrenzung mehr. Alle sind angesprochen. Alle gehören dazu.
Und hier öffnet Paulus uns den Horizont gewaltig. Und seine Antwort ist ganz klar und eindeutig:
die Heiden sind Miterben, die mit zu seinem Leib gehören und Mitgenossen der Verheißung in Christus Jesus sind durch das Evangelium.
Alle sind angesprochen. Keine Exklusivrechte. Weltumspannend. Die ganze Welt.

Gut, wir könnten es jetzt noch etwas genauer eingrenzen und sagen: Paulus meint aber nur die, die sich zu Christus halten. Aber selbst da bleibt es eine Herausforderung, was da steht.
Reicht es ja schon, wie oft es uns untereinander schwer fällt, den Nachbarn in der Kirchenbank oder den schräg gegenüber vollwertig als Miterben im Leib Christi und als Mitgenossen der Verheißung zu sehen. Und da sitzt dann noch nicht einmal der Bettler und der Junki hinten drin und zwei Reihen weiter vorne der hart verhandelnde Geschäftsmann oder die reiche Witwe – wenn die überhaupt noch da sind.
Wie viel schwerer fällt es uns das dann noch, wenn unsere Glaubensgeschwister andere Sitten oder Haltungen pflegen, ob die Deutschen aus Russland oder die Siebenbürger Sachsen. Ob die Hände gefaltet oder hoch erhoben beim Lob Gottes. Ob bekreuzigt oder mit Kniebeuge und mit Weihrauch – wie die Katholiken oder ganz ohne Liturgie und schlicht in der gesamten Ausstattung – wie die Reformierten.
Was haben wir uns gegenseitig die Köpfe eingeschlagen und das Leben schwer gemacht – hätten wir es nur einmal geglaubt, was Paulus hier sagt:
6 nämlich dass die Heiden Miterben sind und mit zu seinem Leib gehören und Mitgenossen der Verheißung in Christus Jesus sind durch das Evangelium.

Denn Paulus ist von Christus der Blick geöffnet worden. Und so wendet er auch unseren Blick auf Christus hin, damit sich von dort her auch unsere Augen öffnen hin zur Welt. Zur ganzen Welt.

Und dann sind wir mit unseren Betrachtungen noch gar nicht außerhalb unseres Landes gegangen, um die Miterben und Mitgenossen vollwertig wahrzunehmen und uns an ihnen zu freuen – wer da mit uns auf dem Weg ist.
Die Armenischen Christen. Die Kopten in Ägypten. Die Geschwister in Tansania. Die pfingstlerische Erweckung in China.

Spüren wir das, wie Groß dieses Werk Gottes ist, oder beäugen wir es lieber kritisch: Na, ob die oder ob der …. Ich weiß ja nicht. Aber ich sach ja nix. Ma red ja blos. Ich denk mer nur.

3. Alle sind Miterben - lasst uns das freudig verkündigen
Der Dreikönigstag ist eine gute Gelegenheit, um uns wieder einmal bewusst zu machen, wie groß und reichhaltig Gott seine Kirche gebaut hat.
Nicht von ungefähr kommen bei Matthäus die Weisen aus dem Morgenland an die Krippe. Schon bald stehen diese Drei sinnbildlich für die Weisheit der ganzen Welt. In Alter und Hautfarbe werden sie unterschieden, um zum Ausdruck zu bringen, dass alle Generationen und alle Nationen hier willkommen sind. Zumindest hier soll Einheit herrschen und in der Verbeugung vor dem Kind werden die Hierarchien aufgelöst. Eins in Christus – wird Paulus später schreiben.
Ein Modell von weltumspannender Gemeinschaft, das nicht auf Macht und Gewalt beruht, sondern auf Verständigung der Gleichen unter Gleichen – Kinder Gottes. Und wie oft machen wir ein geschwisterliches Gezänk daraus!
Spaltung wollte Paulus keine, auch Luther nicht, aber Vielheit, die wir aushalten, weil wir alle eins sind in Christus.
Das ist immer Gabe und Aufgabe.
Und deshalb gilt es immer auch zu entdecken, was uns die anderen zu sagen haben und dann zu prüfen und das Gute zu bewahren. Ein lebendiger Prozess von Hören und Gehört werden.
Alle sind angesprochen.
Alle sind eingeladen zu diesem Wort Gottes.
Was für ein Geschenk.
Bauen wir keine Zäune darum herum, auch wenn wir nicht alle Haltungen und nicht alle Verlautbarungen und Meinungen und nicht alle Beschlüsse der anderen gut heißen, tolerieren oder unterstützen wollen. Vernunft ist nun mal Vernunft.
Aber eines muss uns dabei innerlich eine Freude bleiben, dass über ihnen und uns allen gilt:
dass wir Miterben sind und mit zu seinem Leib gehören und Mitgenossen der Verheißung in Christus Jesus sind DURCH das Evangelium.


Amen