Predigttext 1. Petrus 2,21b -25
Einheitsübersetzung
21 Ihr wisst doch: Christus hat für euch gelitten und euch ein
Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt.
22 Ihr wisst: »Er hat kein Unrecht getan; nie ist ein unwahres Wort
aus seinem Mund gekommen.« 23 Wenn er beleidigt wurde, gab er es nicht
zurück. Wenn er leiden musste, drohte er nicht mit Vergeltung, sondern überließ
es Gott, ihm zum Recht zu verhelfen. 24 Unsere
Sünden hat er ans Kreuz hinaufgetragen, mit seinem eigenen Leib. Damit sind wir
für die Sünden tot und können nun für das Gute leben. Durch seine Wunden seid
ihr geheilt worden!
25 Ihr wart wie Schafe, die sich verlaufen haben; jetzt aber seid ihr
auf den rechten Weg zurückgekehrt und folgt dem Hirten, der euch leitet und
schützt.
Liebe
Gemeinde.
1. Glaubens-Ansprüche
Die
Frage stellt sich ja unweigerlich, wenn wir uns hier in der Kirche zum
Gottesdienst am Sonntagvormittag treffen:
Hat
sich durch den Glauben etwas in meinem Leben verändert?
Und
ich meine jetzt nicht die Tatsache, dass sich natürlich etwas verändert hat,
denn wir sitzen ja heute Morgen hier in der Kirche und könnten genauso gut noch
in unserem warmen Bett liegen oder wandern in der Fränkischen oder
fernsehglotzen oder Computer spielen.
Hat
sich durch den Glauben etwas in ihrem Leben verändert?
Oder
anders: verändert sich etwas in unserem Leben durch den Glauben? Oder noch
anders: Würde ich anders leben, wenn ich nicht glauben würde?
Vielleicht
haben sie sich noch nie diese Frage gestellt, aber diese Fragen sind
interessant und wichtig. Und dann ja vor allem auch unsere Antworten darauf.
Denn,
ob wir es wollen oder nicht, die anderen, die, die nicht mehr in die Kirche
gehen oder die, die die Kirche und den Glauben vielleicht ablehnen, vielleicht
sogar verschmähen und verspotten, die haben meistens eine ganz klare
Vorstellung, wie wir Christen denn zu sein hätten und wie wir zu leben hätten
oder noch besser, zu wissen, dass unser Leben nur gesetzlich und eng sein kann,
lustlos und unfrei.
Wir
alle kennen solche Sätze: Von ihnen als Christ hätte ich das nicht gedacht.
Oder damals eine Lehrerin zu einer meiner Töchter: Von einer Pfarrerstochter
hätte ich das nicht erwartet.
Letzthin
erzählte mir einer Frau, dass ihre Nachbarin, mit der sie einen Streit hatte,
sie dann anfuhr: Da rennen sie jede Woche hinein in die Kirche und können
trotzdem so ekelhaft zu mir sein. Und die Frau hatte dann – Gott sei Dank - die
schlagfertige Antwort gefunden: Was meinen sie erst, wie ekelhaft ich wäre,
wenn ich nicht regelmäßig in die Kirche ginge.
Bei
einem Beerdigungsgespräch von einem älteren Punker-Paar auf meine Frage, ob sie
denn verheiratet wären: Nein, nein. Wir heiraten nicht. Wir sind jetzt seit 25
Jahren zusammen – sie hatten drei Kinder – und alle in unserem Bekanntenkreis,
die kirchlich geheiratet haben, sind schon längst wieder auseinander. Und das
klang fast so wie ein persönliches Versagen der Kirche oder womöglich sogar von
Gott.
Die
Nicht-Bindung als Garant für die Festigkeit einer Partnerschaft.
2. Macht Glaube erpressbar?
Macht
Glaube erpressbar?
In
gewissem Sinne schon – da müssen wir uns gar nichts vormachen. Wir sind
erpressbar, weil wir festgelegt sind und uns festgelegt haben auf Christus. Für
die einen beten wir dann zu wenig und für die anderen zu viel. Für die einen
sind wir zu fromm – oft gleichgesetzt mit weltfremd – und für die anderen sind
wir zu wenig christlich, d.h. wir sind nicht
so lieb, so freigebig, so verständnisvoll, so nachgiebig oder so treu doof, wie
sie es gerne hätten.
Und
manche Geschwister in unserer Welt werden wieder dafür eingesperrt oder
gefoltert oder umgebracht, weil sie Christen sind.
Jeder
hat Bilder im Kopf, wie Christus war und welchem Ideal die Christen eigentlich
nachfolgen wollen oder sollen.
21 Ihr wisst doch: Christus hat für euch gelitten und euch ein
Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt.
22 Ihr wisst: »Er hat kein Unrecht getan; nie
ist ein unwahres Wort aus seinem Mund gekommen.« 23 Wenn er beleidigt wurde, gab er es nicht zurück. Wenn er leiden
musste, drohte er nicht mit Vergeltung, sondern überließ es Gott, ihm zum Recht
zu verhelfen.
Und
deshalb ist die Antwort: Natürlich
verändert der Glaube. Und das ist ja auch gut so.
Nehmen
wir nur die biblischen Zeugen: die Jünger, Zachäus, Bartimäus, die Frauen,
Petrus, Paulus, Stefanus
Oder
die Heiligen aus der Kirchengeschichte: Elisabeth von Thüringen, Franz von
Assisi und, und, und
Und
kaum haben wir es ausgesprochen, kommt die Erpressung der anderen: Ja, aber …!
Ja, aber die waren gar nicht so heilig. Die haben alle auch dunkle Flecken.
Und
dann wird es aufgezählt ….
Und
hoffentlich zucken wir dann nicht nur zusammen, sondern sagen: Ja, das war so.
Und das ist auch sehr bedauerlich. Aber dennoch standen sie in der Nachfolge
und haben sich dem Anspruch Gottes auf ihr Leben gestellt und ihr Leben hat
sich verändert hin zu mehr Gutem, zu mehr Fürsorge, zu mehr Liebe – wenn auch
nicht an allen Stellen.
Jetzt sind
wir ja alle keine so Großen, aber
auch uns hat der Glaube verändert. Und wenn wir uns zu erkennen geben, dann
werden wir oft auch beobachtet und gemessen und gewogen – ob wir bessere
Menschen wären, ob unsere Ehen länger halten, ob wir weniger Streit in der
Familie haben, ob wir länger leben, ob wir gesünder sind … und was weiß ich.
Und
wenn das alles nicht zutrifft, dann kommt die alles entscheidende und
vernichtende Frage.
Was
bringt dir dann der Glaube?
3. Glaube verändert
Und
hoffentlich wissen wir das dann, was WIR dann sagen könnten. Letzthin sagte ein
alter Mann zu mir. Wissen sie, Herr Pfarrer, wenn ich am Sonntag in meine
Kirche gehe, dann schaffe ich den Rest meiner Woche viel besser. Meine Frau ist
schon so lange krank. Aber nach dem Gottesdienst hab ich irgendwie wieder mehr
Kraft.
Was
für ein starkes Wort.
Glaube
verändert. Die Begegnung mit Gottes Wort verändert. Das Sich-Gott-aussetzen
verändert. Wir können nicht mehr so tun, als ob alles beim Alten bliebe. Jeder
Streit schmerzt noch einmal mehr. Jedes Elend sieht uns noch einmal mehr an.
Jede Ungerechtigkeit wühlt uns noch einmal mehr auf.
Lüge,
Unwahrheit, Hartherzigkeit, Lieblosigkeit
- wir spüren sie in uns, weil wir empfindlich geworden sind und
zulassen, dass unsere Sehnsucht eigentlich gilt, unsere Sehnsucht nach mehr
Menschlichkeit – es ist Gottes Ruf in uns, für den wir empfänglich geworden
sind.
Und
wir spüren noch viel deutlicher, wo unser Leben Makel hat.
Aber
das macht nichts.
Denn
wir müssen es Gott nicht beweisen, dass wir gut genug für ihn sind – und den
Menschen schon gleich gar nicht.
Und
wir müssen es uns bei Gott auch nicht verdienen, dass er uns annimmt oder
ansieht in unserer Unzulänglichkeit.
Denn
er hat den ersten Schritt auf uns zu getan:
24 Unsere Sünden hat er ans Kreuz hinaufgetragen, mit seinem eigenen
Leib.
Und nun kann sich die Veränderung in uns
ihre Bahn brechen.
Damit sind wir für die Sünden tot und können
nun für das Gute leben. Durch seine Wunden seid ihr geheilt worden!
So
Paulus.
4. … für das Gute leben
Ich
weiß nicht, wie es ihnen geht, aber ich spüre diese Veränderung bei mir in den letzten
Jahren ganz besonders auf dem Friedhof. Soviel Schmerz, soviel Leid und
Abschied. Alt und Jung und dazwischen. Und viel Kaputtes und abgebrochenes
Leben.
Doch
ich kann Zuhören und Mitfühlen und Aushalten und Trauern. Bei manchem
verpfuschten Leben habe ich manchmal den Eindruck, dass ich der einzige bin,
der um den Verstorbenen trauert.
Ohne
den Glauben an die Auferstehung Jesu könnte ich manchmal nicht mehr dort
stehen. Dieses befreiende Wort Gottes ist mir dann Trost und Kraft zugleich.
Nicht ich muss es mehr tragen und aushalten, weil Gott trägt und aushält. Und
so kann ich mich dem aussetzen, kann verstehen, wer jemand war und was er den
Hinterbliebenen war und kann sogar vom Loben sprechen und vom Danken, obwohl
ihr Mann mit 74 Jahren so früh gestorben ist. Da zeigt sich in
aller Trauer der Dank für das Schöne und Gute. Und es ist nicht mehr nur
schwarz und dunkel und aussichtslos und gnadenlos. Ich kann vom Ostermorgen
sprechen, bereits an den Karfreitagen unseres Lebens.
Durch
seine Wunden seid ihr geheilt worden!
Das
ist nicht mehr mit dem Kopf erklärbar, aber in unserem Herzen fühlbar und kann
von dort unseren Kopf wieder befreien.
Das
hat sich bei mir verändert und verändert sich immer noch weiterhin. Ein anderer
Blick auf´s Leben und die Bewertung der Dinge. Freier, mutiger – trotz und in
so manchen Rückschlägen und Ermüdungen.
Wir
müssen niemandem etwas vorspielen. Aber wir müssen uns auch nicht dem
allgemeinen Gejammere beugen, diese Haltung der ewig zu kurz gekommenen
Weil wir für die Sünden tot sind … und
nun für das Gute leben.
Ich
bin durch Gottes Weg mit mir nicht nur barmherziger oder gnädiger geworden,
manchmal bin ich auch konfrontierender, bohrender, widerständiger.
Wenn
ich verletzt bin, hilflos, wütend kann ich das wahrnehmen und ich muss nicht
immer gleich poltern und rasen und mich verteidigen. Ich kann auch mal zurück
stehen.
Ich
bin fähig geworden, auch Fehler zuzugeben, Entschuldigung zu sagen – auch wenn
es mir schwer fällt.
Ich
bin fähig geworden zu loben – nicht
immer – aber doch deutlicher und ich kann mich sogar freuen, wenn jemand etwas
besser kann als ich.
Ich
lass mich trösten, überreden, weiß nicht alles besser – obwohl ich dazu neige,
am liebsten alles für mich alleine richtig zu entscheiden.
Das hat sich verändert. Ein verstehenderes Herz, ein offeneres
Ohr – manchmal schon fast zu viel, so dass es dann schmerzt und man schauen
muss, wie man sich selber schützt.
Und ich weiß, vielen von euch geht es
ähnlich.
Doch
ohne Angst, im Gespür und in der Gewissheit – Gott schaut auf mich – auch da,
wo ich´s selber noch nicht begriffen habe.
Wie
geht es ihnen mit ihrem Herrgott?
Was
ist bei ihnen anders geworden durch den Glauben?
Mehr
Trost oder getröstet sein über allen Veränderungen?
Mehr
Zuversicht?
Mehr
Nächstenliebe?
Mehr
Kraft – innerlich?
Mehr
Vergebung, als ihnen sonst möglich wäre.
In der
Erinnerung an Jesu Wort wieder einmal über den eigenen Schatten springen und
den ersten Schritt wagen zur Versöhnung, zur Entschuldigung, zu einem neuen
Anfang.
Wie
heißt es in unserem Predigtwort:
25 Ihr wart wie Schafe, die sich verlaufen haben; jetzt aber seid ihr
auf den rechten Weg zurückgekehrt und folgt dem Hirten, der euch leitet und
schützt.
Und das gilt damals wie heute. Wir sind keine Heiligen, aber auf dem Weg der
Heiligen. Für die Sünden tot, können
wir nun für das Gute leben. Durch seine Wunden sind wir geheilt worden! – Gott sei Dank.
Amen