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Martin Adel: Und machten sich auf die Suche

29.11.2009 - 1.Advent

Liebe Gemeinde,
beim Anspiel der Hortkinder waren die letzten Worte des Erzähler: „Und die drei Weisen packten noch am selben Tag alle notwendigen Sachen zusammen. Mutig brachen sie auf. Voller Erwartung – wie der König des Friedens wohl aussehen würde. Und sie machten sich auf die Suche.

Das ist ganz wichtig in der Adventszeit – wenn wir jetzt wieder unsere Stuben schmücken, die Sterne, die Kerzen, den Zimmerschmuck hervorholen - dass wir nicht nur an den Äußerlichkeiten, dem Gewohnten und Vertrautem hängen bleiben, sondern uns selbst auf die Suche machen.

Eine Suche, die in dem Wort Sehnsucht mit gemeint ist und die in dem Wort Sucht eine falsche Antwort gefunden hat.

Gerade die dunkle Jahreszeit lädt uns dazu ein, innezuhalten, eine Kerze anzuzünden und innerlich herunter zu fahren. Sich nicht immer nur verrückt machen zu lassen von all den Krise und Katastrophen und der Gewalt.

Sich ausklinken und zur Ruhe kommen. Ganz bewusst. Nicht getrieben, sondern gewollt. Selbst bestimmt und aushalten, wenn dann auch die Fragen wieder hoch kommen, vor denen wir schon zu lange weglaufen.

Dabei könnte es ja vielleicht auch ganz anders sein. Dass wir im Innehalten plötzlich wieder sehen, wie reich wir beschenkt sind, welchen Schatz wir in unseren Kindern haben, welchen Reichtum durch unsere Familie, was doch auch geworden ist aus meinem Leben, durch meiner Hände Arbeit und was geworden ist aus dem Leben derer, die mir lieb sind.

Das Anspiel der Kinder, die liebevoll schmückenden Hände, die selbstgemachte Musik - ein Geschenk an uns! Und wir sehen es oft nicht mehr. Nehmen es als selbstverständlich hin in einer überfüllten und überfütterten Umwelt, die das Nörgeln aus dem „ff“ kann und vergessen hat, was Zurückhaltung ist oder wie das Loben geht.

Erschöpfte Gesichter, die sich die Sehn-Sucht verboten haben. Keine Suche mehr – sondern eher ein: Ach, lasst mich doch in Frieden.
Und ich frage mich: Was ist passiert?

Schauen wir uns die Weisen aus dem Morgenland an. Sie waren auf der Suche. Und sie haben es sich nicht verbieten lassen. Erwachsene Männer. Kluge Männer.
Und sie sind dabei geblieben: Es muss doch noch mehr geben, als nur diese eine, raue Wirklichkeit.

Und Gott schickt ihnen einen Stern. Mitten am leuchtenden Nachthimmel. Ein besonderer Stern – und sie nehmen ihn zum Zeichen, zum Antrieb, zur Orientierung. Wie ein himmlisches Navi. Und sie finden den Frieden Gottes.
Ja, liebe Gemeinde, wir meinen immer, wir könnten alles alleine machen, dabei brauchen wir auch in diesen Herzens- und Seelendingen eine Orientierung, um in der Fülle der Angebote nicht irre zu gehen. Wie lange hätten die Könige gesucht, ohne diesen Stern, und sie hätten nichts gefunden?

Doch auf die Suche müssen wir uns schon machen. Auf die Suche, erfüllt von der Sehn-Sucht, dass das noch nicht alles ist und die Welt ihr letztes Wort noch nicht über uns gesprochen hat.

Die Suche nach dem Frieden – nicht nur in Afghanistan oder in so vielen Staaten Afrikas, sondern auch bei uns, in unseren Familien, in unseren Dörfern und Städten, in unserem Land. Die Idee, dass es Verständigung und Gerechtigkeit gibt zwischen Menschen, Völkern, Rassen und Religionen. Die Gewissheit, dass es noch mehr gibt wie Macht und Geld und das Recht des Stärkeren.

Diese Sehn-Suche dürfen wir uns nicht nehmen lassen, enttäuscht und verbittert vom Leben. Sondern wir sollten sie der Welt entgegenhalten und sagen: hier ist es und da war es und dort wird es auch noch kommen – weil es stimmt und immer wieder stimmt: Gott kommt auf die Erde – kommt, dass Friede werde.
Das ist das letzte Wort und dafür stehen wir ein und dafür machen wir uns auf den Weg. Auch heute noch.

Sicherlich – das klingt etwas unbequem und wir werden uns dafür eine Schneise in die Adventszeit schlagen müssen, durch die Kaufhausmusik und die Glühweinbuden hindurch. Die gehören dazu, unbestritten – aber wenn sich die Adventszeit darauf beschränkt, werden wir das Christkind verpassen und nur noch erschöpft an Heilig Abend in unseren Sessel fallen oder die Flucht in die nächste Kneipe antreten. Denn nur durch Lichterketten und Schokoladenlebkuchen wird sich Gott in der Krippe nicht finden lassen. Und unsere Suche bleibt vergeblich. Denn das eine ist unsere Tradition oder der Kitsch, der daraus gemacht wurde und das andere ist die Wahrheit Gottes.
Gott kommt auf die Erde, kommt, dass Friede werde.

Wir werden uns auf die Suche machen müssen – so wie es den Weisen und den Hirten und auch Maria und Josef nicht erspart geblieben ist, sich auf den Weg zu machen. Doch es gibt etwas zu entdecken. Es gibt einen Schatz zu finden, den alles Gold der Welt nicht aufwiegen kann.

Liebe Gemeinde,
wenn die Adventszeit Fastenzeit ist, dann will sie uns eine Hilfe sein, das Alltägliche einmal zu durchbrechen und Auszeiten zu schaffen zum Erholen und zum Kraftschöpfen.

Manche finden Entspannung beim Plätzchen backen, manche beim Spielen und Basteln. Manche beim Lesen, beim Musikhören, beim Anzünden der Adventskerzen. Die winterlichen Monate laden förmlich dazu ein, die lange Ruhe des Abends zu nutzen um Atem zu holen, so wie die Natur im Winter Atem holt.
Machen wir uns auf die Suche. Blicken wir nicht nur auf unseren oft erschöpfenden Alltag, sondern heben wir unseren Blick und richten uns aus, so wie es Lukas sagt: „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“ (Lk 21,28)
Suchen wir nach unserem Stern, der uns leiten will.

Und keine Sorge: Um zum Kind in der Krippe zu kommen muss man nicht immer so weit gehen wie die drei Weisen aus dem Morgenland. Manchmal müssen wir nur die Tür aufmachen und Christus herein lassen.

Amen

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