20110421

Werner Otto Sirch: Hilf dir selbst!

Karfreitag 22.4.2011 - Predigt Lk 23, 33-49

33 Als sie an die Stätte kamen, die da heißt Schädelstätte, kreuzigten sie ihn dort und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten und einen zur Linken. 34 Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun! Und sie verteilten seine Kleider und warfen das Los darum. 35 Und das Volk stand da und sah zu. Aber die Oberen spotteten und sprachen: Er hat andern geholfen; er helfe sich selber, ist er der Christus, der Auserwählte Gottes. 36 Es verspotteten ihn auch die Soldaten, traten herzu und brachten ihm Essig 37 und sprachen: Bist du der Juden König, so hilf dir selber!
38 Es war aber über ihm auch eine Aufschrift: Dies ist der Juden König. 39 Aber einer der Übeltäter, die am Kreuz hingen, lästerte ihn und sprach: Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns! 40 Da wies ihn der andere zurecht und sprach: Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist? 41 Wir sind es zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsre Taten verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. 42 Und er sprach: Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst! 43 Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein. 44 Und es war schon um die sechste Stunde, und es kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde, 45 und die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang des Tempels riss mitten entzwei. 46 Und Jesus rief laut: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er. 47 Als aber der Hauptmann sah, was da geschah, pries er Gott und sprach: Fürwahr, dieser ist ein frommer Mensch gewesen! 48 Und als alles Volk, das dabei war und zuschaute, sah, was da geschah, schlugen sie sich an ihre Brust und kehrten wieder um. 49 Es standen aber alle seine Bekannten von ferne, auch die Frauen, die ihm aus Galiläa nachgefolgt waren, und sahen das alles.



Liebe Gemeindeglieder,
liebe Schwestern und Brüder,

1. Hilf dir selbst

„Hilf dir selbst!“ Dreimal hören wir dies in der Erzählung des Arztes Lukas, der dabei ist und zusieht, wie ein Mensch einen schrecklichen Tod am Kreuz stirbt. Dreimal: „Hilf dir selbst!“ Menschen die sich schlecht benehmen, die Spott treiben mit einem der Todesqualen leidet und in wenigen Stunden den Tod durch Ersticken erleidet. „Und das Volk stand da und sah zu.“ Steht da und schaut betroffen zu - erbarmungslos, ohne Erbarmen.

2. Zuschauen

Zuschauen! Wir kennen das. Gaffer, die sich nicht sattsehen können an einem Unglück. Gaffer, die sich nicht sattsehen können am Grauen, am Undenkbaren. Gaffer, die alles ganz genau sehen müssen - die Not anderer. Gaffer, die behindern, statt zu helfen.
Zuschauen! Da ist einer gefallen, hat etwas getan, was man besser nicht tut, hat anderen geschadet. Nun ist er dran – jetzt wird ihm geschadet – gründlich – und da gibt es keinen „Notausgang“ mehr, damit er seine Würde bewahren kann. Zuschauen und laut oder leise denken: „Das kommt davon! Es geschieht ihm recht!“
Zuschauen! Da wird einer angepöbelt, kurz darauf niedergeschlagen und mit den Schuhen getreten, überall hin – auch ins Gesicht, ohne Rücksicht auf seine Gesundheit. Zuschauen und denken: Nichts wie weg!
Zuschauen! Schweigen, wenn eine Kollegin oder ein Kollege gemobbt wird. Leise denken: „Es gibt Leute, die verdienen so was“ – oder: „Bin ich froh, dass ich in Ruhe gelassen werde.“
Zuschauen! Wenn sich Kinder schlecht benehmen und keine Grenzen kennen.
Zuschauen, nur nicht einmischen. Was geht’s mich an?

3. Gerechtigkeit

Es gibt keine Gerechtigkeit, sagt sie. Ich sitze am Tisch in ihrer Küche. Sie deutet mit dem Kopf auf ein Bild über der Kommode. Er ist im Krieg geblieben. Vier Monate waren sie verheiratet. Eingezogen, Ostfront, noch einmal Urlaub. Dann kein Lebenszeichen mehr. Ihre Tochter, erzählt sie und weint, ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Seit Jahrzehnten ist sie allein. Kaltes Wohnzimmer, warme Küche. Angelaufene Fenster. Kartoffeln auf dem Gasherd. Sie wischt sich die Brille mit der Schürze.
Es gibt keine Gerechtigkeit mehr. Heute morgen hat sie erfahren, dass man ihr den gepachteten Garten wegnimmt. Nun wird er Firmengelände. Gut, sie tauschen. Aber das ist zu weit weg für mich, am anderen Ende der Stadt. Und noch einmal neu anfangen, mit 71?

Bitter sieht sie aus. Abgeschaffte Hände, abgeschaffte Seele, abgeschafftes Gesicht. Wer hat, der bekommt mehr. Der eine Geld, der andere Sorgen. Sie sagt es nicht ganz so zurückhaltend. Aber bald ist auch das 'rum. Das 'rum? Na ja, 71, sagt sie. Hätte ich einen Mann gehabt, dann hätten sie nicht so mit mir umspringen können.
Drei Wochen später bekommt sie auf der Straße einen Schlaganfall, fällt ungeschickt, stirbt noch am Unfallort. Verwandte sind keine da. Zur Beerdigung werden wenige ältere Frauen aus der Nachbarschaft kommen. Die Ansprache wird kurz sein. „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Keiner, der dem Pfarrer ins Wort und der Organistin in den Arm fällt und sagt: So geht das doch nicht.
Und dann eines von den vielen Gräbern auf dem riesigen Friedhof. Nach Jahren verwildert, wenn sich keine mitleidige Hand findet. Es gibt keine Gerechtigkeit auf der Erde, nicht einmal auf dem Friedhof würde sie sagen.

Die Soldaten nehmen ihre Lanzen, den zerteilten Rock und gehen in die Kaserne. Sie haben ihren "Job getan". Jesus ist tot. Ordentliche Arbeit, tausendfach erprobt an Juden, später an Christen. Scheintod ausgeschlossen. Auch das muss jemand tun. Wer redet von Moral?
Er ist der Zeuge für Gottes Gerechtigkeit. Immer wieder angekündigt: „... wird er, der Gerechte, den Vielen Gerechtigkeit schaffen“ (Jes 53,11; 11,4f), der Mensch Gottes, der Zeuge der Gerechtigkeit Gottes auf Erden.
Nun hängt er, abgeurteilt nach römischem Recht, gefoltert und gedemütigt am Kreuz zwischen zwei Straftätern. Das ist die Gerechtigkeit, die auf Erden gilt. Wer die Macht hat, setzt das Recht. Der Tod hat das Sagen.

Karfreitag – Tag der Gottverlassenheit des Menschen. Karfreitagswetter, sagte man bei uns zu Hause, wenn es trübe, nasskalt war. Wenn es den ganzen Tag über nie richtig Tag wurde. Karfreitag, der Tag, an dem es nicht Tag wird.

4. Mit Spott prüfen

„Hilf dir selber!“ Da hängt er am Kreuz. Er, der kein Verbrechen begangen hat. Er, der sich um andere sorgt, Müde aufrichtet, Kranke heilt, Tote ins Leben ruft. Er hängt am Kreuz, weil er andere in die Quere kommt, ihre Macht in Frage stellt. Er muss sich mit Spott prüfen lassen: „Er hat andern geholfen; er helfe sich selber, ist er der Christus, der Auserwählte Gottes.“ Durch Schmach und Qual wollen die Oberen des Volkes, die Soldaten und zuletzt einer der mit ihm Gekreuzigten, prüfen ob sein Anspruch, Gottes Sohn zu sein, auch berechtigt ist. Wenn ja, wird Gott ihm helfen.

Gott hängt am Kreuz. Von Menschen hingerichtet, gequält und geschlagen. Abgelehnt und gehasst. Von den Oberen denunziert und verspottet. Sie wollen einen anderen Gott. Am liebsten wären sie selbst Gott. Vielleicht ist das der Grund, warum sie so viel Hass und Spott über den Sohn des allmächtigen und lebendigen Gottes ausgießen. Selbst Gott sein wollen. Das ist bis zum heutigen Tage geblieben. Aber Gott möchte, dass wir ihm vertrauen und annehmen was er für uns auf Golgatha getan hat. Annehmen, dass er für unsere Schuld mit seinem Blut bezahlt hat, damit wir frei und losgekauft sind von der Macht des Bösen.

5. Der Schächer am Kreuz

Einer, der mit Jesus gekreuzigt war, hat verstanden wer da neben ihm am Kreuz hing und was das für ihn bedeutet. Er hat hingeschaut auf das eigene Leben, auf die eigene Schuld, weist den anderen, der Jesus prüfen wollte wie die Oberen und Soldaten, zurück: „Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist? 41 Wir sind es zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsre Taten verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. 42 Und er sprach: Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst! 43 Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein.

Jesus, der leidende und sterbende Gottessohn nimmt sich, trotz der eigenen Qual und Pein, des Verbrechers neben ihm an und verheißt ihm den Lohn des Gerechten. Ihm, der sich seiner Schuld gestellt hat, der bereit war hinzusehen auf sein Leben und es vor Jesus zu bekennen, ihm nimmt Jesus die Schuld ab, legt sie bei sich aufs Kreuz und spricht ihn ledig und frei – vor Gott gerecht.

6. Wir am Karfreitag 2011

Ich denke, es ist auch unsere Sehnsucht, heute, am Karfreitag 2011, dass der gekreuzigte und auferstandene Herr und Heiland uns freispricht von all dem was in Gottes Augen keinen Bestand hat. Wir werden nachher Zeit haben, jeder für sich, sein Leben anzuschauen – hinzusehen auf das was uns schmerzt, auf das, was wir besser nicht getan hätten, auf das, was uns von Gott und von anderen Menschen trennt. Hinsehen auf das was Heilung und Vergebung braucht. In der Beichte und dem Heiligen Abendmahl, das wir anschließend feiern, bietet uns Gott die Vergebung unserer Schuld und einen Neuanfang an.

Und der Friede Gottes bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

20110411

Martin Adel: Paulus – Zur Freiheit befreit

Judika – 10.04.2011 Themenpredigt: Paulus

Liebe Gemeinde

1. Hinführung

Da ist einer auf dem besten Weg Karriere zu machen. Ein Fleißiger, ein Gescheiter, ein Eifriger, ein Pflichtbewusster. Alles läuft in guten, wohlgeordneten Bahnen. Er hat Erfolg. Er kann sich ausdrücken und er hätte es weit bringen können. Er steht auf der richtigen Seite, gewinnt an Macht und Ansehen und bekommt die Mittel, die anderen, die auf der falschen Seite stehen zu verfolgen, gefangen zu nehmen und mundtot zu machen.

Doch dann passiert ein tiefer Einschnitt in seinem Leben. Christus stellt sich ihm in den Weg und er steht plötzlich auf der anderen Seite.

Statt zu verfolgen, wird er nun zum Verfolgten. Die bürgerliche Sicherheit tauscht er ein in finanzielle und berufliche Ungewissheit. Hunger, Not, Bedrängnis, Verhaftung, Anfeindungen werden sein stetiger Begleiter und am Ende seines Lebens stirbt er den Märtyrertod für seinen Glauben. Und doch ist er jetzt zufriedener und freier als zuvor. Alle Äußerlichkeiten treten in den Hintergrund, weil er in Christus einen ganz neuen Wert gefunden hat, einen, der mehr aufwiegt als alle Sicherheiten davor.

Dort oben steht dieser Mann, dieser Paulus – der Völkerapostel, Jahr und Tag in unserer Kirche, die auch seinen Namen trägt, mit dem Schwert der Verkündigung in der Hand. Und wir hören ihn sagen: (Phil 3) 7 was mir(früher ein) Gewinn war, (worauf ich stolz war) das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet … und ich erachte es für Dreck. Denn: Gal 5,1: Christus hat uns Zur Freiheit befreit.

2. Vita Pauli bis zur Bekehrung

Was ist passiert?
Schauen wir zurück.
Paulus war ein frommer Jude. Er ist streng. Streng mit sich selbst und mit den anderen. Keine Nachlässigkeiten – die tun nicht gut. Er ist gesetzestreu. Da weiß man, was richtig ist. Da gibt es klare Regel. So ist es richtig – so ist es falsch. Und das gilt nicht nur für die Arbeit, sondern auch zu Hause, in der Familie, im Privaten. Das ist eine Lebenshaltung, eine Überzeugung. Denn Gott ist ein gerechter Gott und streng noch dazu. Die Gnade Gottes muss man sich verdienen – wie auf Erden so im Himmel.

Und dann kommen sie auch aus unserem Mund, die Worte: hart, klar und verletzend:
Also so eine gute Frau hat der nicht verdient?
Siehst du, das hat er jetzt davon. Aber er wollte ja nicht hören.
Da brauchst du kein Mitleid haben, die hat ihr Leben selber verpfuscht.
Wer mit dem Feuer spielt … Gilt das auch für Fukuschima?
Wie sagen wir gern: Das Leben ist hart, aber gerecht.

Und dann kommen da welche und sagt: Gott ist Liebe! – das ist zu einfach. Ein Mensch - Gottes Sohn! Der Messias! Der mein Versagen gnädig ansieht! Der mich durch die Verstrickungen und Verwirrungen meines Lebens hindurch ansieht und mir mit geöffneten Armen entgegen eilt und ruft: Mein Sohn – meine Tochter.
Das verwässert alles. Da fehlt die Strenge und die Disziplin und die ausgleichende Gerechtigkeit. Das ist Gotteslästerung.

Und deshalb muss die gute, alte Ordnung wieder hergestellt werden.
Und wenn ein Stephanus nicht bereit ist, zu widerrufen, dann muss er eben die Konsequenzen dafür tragen. Auch wenn man ihn dafür steinigt! Das mag hart klingen, ist aber gerecht. Schließlich hat er es doch selber so gewollt.
In dieser inneren Lebenshaltung zieht Paulus weiter nach Damaskus, um dem ganzen Christen-Spuk ein Ende zu setzen. Doch dann stellt sich ihm Jesus Christus in den Weg und öffnet ihm die Tür zu einem neuen Leben.

Und so heißt es in der Apostelgeschichte:
Die Bekehrung des Saulus (Apg 9)
1 Saulus aber schnaubte noch mit Drohen und Morden gegen die Jünger des Herrn und ging zum Hohenpriester 2 und bat ihn um Briefe nach Damaskus an die Synagogen, damit er Anhänger des neuen Weges, Männer und Frauen, wenn er sie dort fände, gefesselt nach Jerusalem führe.
3 Als er aber auf dem Wege war und in die Nähe von Damaskus kam, umleuchtete ihn plötzlich ein Licht vom Himmel; 4 und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme, die sprach zu ihm: Saul, Saul, was verfolgst du mich? 5 Er aber sprach: Herr, wer bist du? Der sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst. 6 Steh auf und geh in die Stadt; da wird man dir sagen, was du tun sollst. 7 Die Männer aber, die seine Gefährten waren, standen sprachlos da; denn sie hörten zwar die Stimme, aber sahen niemanden. 8 Saulus aber richtete sich auf von der Erde; und als er seine Augen aufschlug, sah er nichts. Sie nahmen ihn aber bei der Hand und führten ihn nach Damaskus; 9 und er konnte drei Tage nicht sehen und aß nicht und trank nicht.

Und was danach folgt ist ein tiefgehender Wandel vom Saulus zum Paulus.

Es braucht einige Jahre, bis Paulus zu dem wird, wie wir ihn heute kennen – der Völkerapostel und der Missionar für die weltweite Christenheit. Doch eines ist dabei immer klar. Diese Begegnung mit Jesus Christus lässt in ihm das heranwachsen und reifen, was er ab sofort auch lebt und verkündet. Die Gesetzlichkeit ist zerbrochen. Und was darauf folgt ist nicht die Beliebigkeit oder die Schlamperei und Nachlässigkeit, sondern liebende Blick auf das Leben. Und Paulus schreibt: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit“

3. Neues ist geworden - Paradigmenwechsel

Durch die Begegnung mit Christus und die Beschäftigung mit seinem Leben, seinen Worten, seinen Taten findet in Paulus ein völliger Paradigmenwechsel statt.
Nicht mehr ich, sondern Christus – das ist die Perspektive.
Nicht mehr meine Werke, meine Gerechtigkeit, mein Können, mein Erfolg, mein Ansehen, meine Tollheit, sondern Gottes Liebe und seine Gerechtigkeit sind der Maßstab für mein Leben und für meinen Umgang mit den anderen. In Christus werden wir zu einer neuen Kreatur.

2 Kor 5,17ff
Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.
19 Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. …. Lasst euch versöhnen mit Gott!


Das ist das Evangelium. Die Kraft Gottes, die uns befähigt, ja, die uns nötigt, in die Welt eine anderes Wort hinein zu sprechen als Selbstgerechtigkeit, Ausgrenzung und Verachtung.

Die Hartherzigkeit, die er früher gelebt hat, findet eine grundlegende Verwandlung durch Christus und er kann sagen:

Gal 2,19f
Ich bin mit Christus gekreuzigt. 20 Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahingegeben.

4. Ihr seid alle Gottes Kinder

Und diese Veränderung geht so weit, dass er sich sogar mit den den Jüngern und Aposteln in Jerusalem anlegt und das Evangelium für uns, für die Welt befreit.
Denn als die anfangen, untereinander Grenzen zu ziehen und Gesetze aufzurichten, wer wie und wie am besten glaubt und nachfolgt, ob z.B. die Griechen, also die Heiden, nicht vor der Taufe noch beschnitten werden müssten oder dass sie zumindest die jüdischen Speisegesetze als religiöses Muss einhalten müssten, da sträubt sich in ihm alles und er schreit:
Nein! Hört endlich auf mit dieser permanenten Unterscheiderei, wer wo her kommt und wer welche Hautfarbe, welche Nationalität, welche Tradition, welchen Stand, welche Sprache, welches Geschlecht hat.

Gal 3,25ff
25 Nachdem aber der Glaube gekommen ist, sind wir nicht mehr unter dem Zuchtmeister (des Gesetzes). 26 Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. 27 Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. 28 Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.

Und als sie weiter machen zu unterscheiden und sich die Köpfe einzuschlagen, wer denn besser glaubt und wer denn eher den Willen des Herrn erfüllt, wer denn den besseren Gottesdienst täte und wer denn bei Gott mehr ansehen hätte, die, die prophetisch reden, die die im Chor singen, die die nur ruhig in den Gottesdienst gehen oder die, die in Ekstase und Verzückung geraten über dem Wort Gottes.
Da schreibt er an die Gemeinde in Korinth und manchmal habe ich den Eindruck, als hätte er die Worte direkt an uns hier in St. Paul geschrieben: Hört auf euch ständig abzugrenzen in Alte und Junge und wie es sich denn nun richtiger, heiliger, evangelischer verhält.

1 Kor 12
4 Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist.
5 Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr.
6 Und es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen.
Christus ist der Leib und wir alle Glieder dieses Leibes.
13 Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt. …. 26 Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.


Christus ist und bleibt das Zentrum allen unseres Lebens und Denkens. Und es würde schon ausreichen, wenn wir unsere unterschiedlichen Gaben in den Dienst dieses einen Gottes stellen würden, anstatt herum zu mäkeln, wer was tut und wie er es tut und was er denn alles tun könnte …

5. Zur Freiheit befreit

Gal 5,1ff
1 Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen! 6 Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe tätig ist. …. 14 Denn das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt, in dem (3.Mose 19,18): »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!« 15 Wenn ihr euch aber untereinander beißt und fresst, so seht zu, dass ihr nicht einer vom andern aufgefressen werdet.

Die Begegnung mit Christus hat Paulus in seinem innersten tief beschämt und verändert. Ihm, dem Verächter und Verfolger der Gemeinde hat Christus gewissermaßen zum Vorarbeiter in seinem Weinberg berufen. Aus der Enge aller Gesetzlichkeit und Rechthaberei hat Gott ihm Versöhnung zugesprochen und ihn zur Liebe befreit. Und es gibt nichts und niemanden mehr, den Paulus noch fürchten müsste. Über den Tod kann er dann sogar spotten: 1 Kor 15 - Tod, wo ist dein Sieg. Tod, wie ist dein Stachel.
Natürlich hat er genug Angst und Sorge – gerade um die jungen Gemeinden, die noch nach ihrem Weg suchen. Not und Verfolgung muss er erleiden, Bedrängnis, Trübsal, Gefängnis …


Doch in ihm wächst die Gewissheit und die Kraft gegen alle Enttäuschung und Niedergeschlagenheit und Rückschläge, dass sich die Liebe Gottes durchsetzen wird – denn aus ihr hat er sein Leben neu zurück bekommen, ein Herz das atmet – zur Freiheit befreit - und er wird zum Botschafter Christi in der Welt bis heute, wenn er sagt:

Röm 1,16f
16 ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen.

Amen