20100518

Werner Otto Sirch: Wo ist er ...?

13.5.2010 Christi Himmelfahrt

Predigt Apostelgeschichte 1,3-11
Jesus zeigte sich den Aposteln nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich Gottes.
4 Und als er mit ihnen zusammen war, befahl er ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, die ihr, so sprach er, von mir gehört habt;
5 denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem heiligen Geist getauft werden nicht lange nach diesen Tagen.
6 Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel?
7 Er sprach aber zu ihnen: Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat;
8 aber ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.
9 Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg.
10 Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern.
11 Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.


Liebe Gemeindeglieder,
liebe Schwestern und Brüder in Christus,

nach einer alten christlichen Tradition wird an Ostern im Gottesdienst ein Osterwitz erzählt, der uns zum österlichen Lachen bringt. An Ostern ist der Witz ausgefallen. Dafür erzähle ich heute einen Himmelfahrtswitz.

Jesus und Klein-Fritzchen spielen vor der Kirche. Klein-Fritzchen hat einen Roller. Jesus fragt ihn: Leihst du mir den mal? Ja, klar. Na, er düst los. Und ... er kommt und kommt nicht wieder.
Fritzchen wird langweilig, er geht in die Kirche. Dort steht der Pastor gerade auf der Kanzel und sagt: Und Jesus ist in den Himmel gefahren. Klein-Fritzchen zuckt zusammen und ruft laut und empört in den Kirchenraum: Waaas? Mit meinem Roller?


Wie soll man sich das nun vorstellen, Jesu Himmelfahrt? Klein-Fritzchen hat die Befürchtung, dass er seinen Roller nicht mehr zurückbekommt, weil Jesus damit in den Himmel gefahren ist.

Als Kind habe ich mir vorgestellt, dass Jesus auf einer Wolke stehend, wie mit einem Aufzug in den Himmel gefahren ist. Vielleicht wurde meine Fantasie von einem Gemälde oder von einer Zeichnung in dieser Weise beflügelt.

Ein Pfarrer hat an Himmelfahrt riesige Fußsohlen aus Pappe an der Wand seiner Kirche befestigt und seine Predigt damit begonnen, dass Christi Himmelfahrt so nicht stattgefunden habe.
Wie hat sie nun stattgefunden? Wurde Jesus vor den Augen seiner Jünger entrückt, oder von einer Wolke verdeckt? Was war wirklich geschehen?

Wo ist Jesus jetzt, wohin ging er? In den Himmel, würden wir sagen und so haben wir es auch in unserem Text gelesen. Was meint Lúkas, wenn er davon spricht, dass Jesus in den Himmel aufgenommen wurde? Meint er einen geographischen Ort im planetarischen oder galaktischen Raum? Zur Zeit des Lukas dachte man, dass die Erde eine Scheibe ist und der Himmel sich darüber wölbt. Zu diesem alten babylonischen Weltbild gehörte der Glaube, dass die Gottheiten in diesem Himmelsgewölbe wohnten. Inzwischen wissen wir aber, dass die Erde rund und Teil eines riesigen, unendlichen Weltalls ist. Es ist also schwer zu sagen, wo der Himmel ist, zu dem Jesus aufgefahren sein könnte. Der russische Astronaut Juri Gagarin, der als erster Mensch ins Weltall flog, sah es als Beweis an, dass es keinen Gott gibt, weil er ihn bei seinem Flug im All nicht gesehen hat.

Lukas und die anderen Männer des Alten Testamentes wussten, dass Gott nicht auf irgend einem Planeten in der Weite des Himmels wohnt. Sie kannten die Schrift und konnten dort lesen: „Siehe der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen“. Gott ist also größer als seine Schöpfung. Und es ist nicht wahr, dass die biblischen Männer wie Lukas und Paulus Gott irgendwo oben im Weltraum lokalisiert haben. Gott ist überall. Wir Menschen können nur in Bilder versuchen, die Größe Gottes zu beschreiben, wir haben keine Worte dafür. Beim Propheten Jesaja spricht Gott zu uns auch in einem Bild: „Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel meiner Füße!“ Gott ist von uns nicht zu fassen und an einen bestimmten Ort zu binden. Er ist mit seinem machtvollen Arm dort wo er sein und wirken will.

Warum spricht Lukas dann aber davon, dass Jesus in den Himmel aufgefahren ist? Auch im Glaubensbekenntnis bekennen wir: „aufgefahren in den Himmel ...“? Was hat es also mit dem Himmel zu tun, wenn wir das Paradies, die Wohnung Gottes suchen? Ich denke wir brauchen Bilder, wenn wir von dem sprechen, der Himmel und Erde geschaffen hat. Unser Verstand kann mit seinen Möglichkeiten Gottes Größe und Heiligkeit nicht fassen und beschreiben. Wir brauchen räumliche Bilder, wenn wir von dem sprechen, der schon immer war und immer sein wird, wenn wir von dem sprechen, der der Anfang und das Ende ist, der überall ist. Auch der moderne Physiker wird, wenn er an Gott denkt, nach oben blicken zum Himmel und Gott droben suchen. Er wird ihn dort suchen, wo das Licht ist, wo die Sonne Wärme schenkt, die wir zum Leben brauchen. Gott des Lebens.

Himmel ist also ein Bild, das wir Menschen brauchen, um uns verständlich machen zu können. Wenn wir als Kinder gebetet haben: „Lieber Gott mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm“, so haben wir mit unserem Kindergebet Gott darum gebeten, dass wir bei ihm sein werden, wenn wir einmal sterben werden. Unter Himmel meinen wir, wenn wir vom Glauben sprechen, nicht eine Galaxie, sondern den Ort, an dem Gott wohnt. Jesus ist nicht in eine andere Galaxie aufgefahren, sondern zu Gott gegangen. „Er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters ...“ so bekennen wir es in unserem Glaubensbekenntnis.

Himmelfahrt ist die Hinaufnahme Jesu. Mit ihr geschieht Jesu Erhöhung zur Rechten Gottes. Jesus wird aus einer noch bestehenden Bindung an den irdischen Raum entnommen. Himmelfahrt ist der Weg in die Höhe zu Gott, für die Menschen nicht fassbar und durch die „Wolke“ verhüllt Gott sein geheimnisvolles Handeln auch für die Jüngeraugen. Jesus ist bei Gott, hat den Ehrenplatz an der rechten Seite Gottes eingenommen.

Die „Erhöhung zur Rechten Gottes“ ist nichts anderes, als dass Jesus zur Rechten Gottes sitzt und dadurch Anteil bekommen hat an seiner göttlichen Art des Seins und des Wirkens. Dadurch ist Jesus bei seinen Jüngern anwesend, zwar nicht mehr unmittelbar und sichtbar, aber nahe und wirksam, was durch Lukas in der Apostelgeschichte bezeugt wird: „Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden“. Christus ist zwar nicht sichtbar und den Augen seiner Jünger verborgen, aber er sieht es wie es seiner Gemeinde geht. Er kennt die Seinen und sorgt sich um sie.

Liebe Gemeindeglieder, liebe Schwestern und Brüder, damit könnte ich jetzt eigentlich meine Predigt beenden: Happy end und gut damit!

Ich hätte damit aber einen für mich ganz wesentlichen und wichtigen Gedanken ausgeklammert, den ich in aller Kürze ansprechen will. Es ist ein Gedanke, der für meinen Glauben mit entscheidend ist: „Jesus kommt wieder.“

Wir haben einen kommenden Herrn. Zwei Männer in weißen Gewändern haben es den Jüngern gesagt. Engel, Boten aus der Himmelswelt. Auch sie sind uns nahe, kennen, sehen und hören uns, nehmen teil an unserem Leben. Sie verstehen, warum die Jünger ihrem geliebten Herrn staunend, vielleicht auch schmerzlich oder freudig nachsehen. Jesus kommt wieder! Das ist ihre Nachricht. Es ist also kein Abschied für immer. Genauso wie Jesus jetzt fortging aus dem irdischen Raum in die total andere Welt Gottes, so wird er von dort zurückkehren und aufs neue in den Raum des sichtbaren Wirkens auf dieser Erde eintreten. Jesus kommt wieder!

In den Ostertagen war die Herrlichkeit Jesu noch eigenartig verborgen. Er wurde gar nicht sofort erkannt. Aber jetzt bei der Himmelfahrt wird er „emporgehoben“, von den Grenzen des Irdischen befreit und mit der Herrlichkeit Gottes beschenkt. Und ebenso werden ale Geschlechter auf Erden „... kommen sehen des Menschen Sohn in den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit“. Dieses Wiederkommen wird genauso real erfolgen, wie Jesu Fortgang in den Himmel.

Die Engel geben keine Zeitangabe wann Jesus wiederkommen wird. Wir sind und bleiben eine wartende Gemeinde. Darauf bleibt alles ausgerichtet, was jetzt und bis ans Ende der Erde durch die Gemeinde getan werden muss. Maranatha, unser Herr kommt! Amen.

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