20141110

Martin Adel: Wir gehören nicht der Finsternis noch der Nacht

Drittletzter Sonntag im Kirchenjahr
09.11.2014
Predigttext 1. Thessalonicher 5,1-6(7-11)

Thema: … wir gehören nicht der Finsternis noch Nacht

Leben im Licht des kommenden Tages
5 1 Von den Zeiten und Stunden aber, liebe Brüder, ist es nicht nötig, euch zu schreiben; 2 denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommen wird wie ein Dieb in der Nacht.
3 Wenn sie sagen werden: Es ist Friede, es hat keine Gefahr –, dann wird sie das Verderben schnell überfallen wie die Wehen eine schwangere Frau und sie werden nicht entfliehen.
4 Ihr aber, liebe Brüder, seid nicht in der Finsternis, dass der Tag wie ein Dieb über euch komme. 5 Denn ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages. Wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis. 6 So lasst uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein. 7 Denn die schlafen, die schlafen des Nachts, und die betrunken sind, die sind des Nachts betrunken.
8 Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil.
9 Denn Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn, sondern dazu, das Heil zu erlangen durch unsern Herrn Jesus Christus, 10 der für uns gestorben ist, damit, ob wir wachen oder schlafen, wir zugleich mit ihm leben. 11 Darum ermahnt euch untereinander und einer erbaue den andern, wie ihr auch tut.


Liebe Gemeinde,
1. Licht und Finsternis liegen oft dich zusammen
Licht und Finsternis liegen oft dich zusammen. Und Licht und Finsternis werden auch nicht von allen gleich gedeutet. Nehmen wir nur den 9.November 1989 – heute vor 25 Jahren ist die Mauer zwischen der DDR und der BRD gefallen. Und während die einen Jubeln: „Das ist der Tag des Aufbruchs“ – klagen die anderen und mahnen lautstark: „Das ist der Tag des Niedergangs – ihr werdet es schon noch sehen.“ Und für die Gewinner war es ein Tag des Aufbruchs und für die Verlierer ein Tag des Niedergangs. Und für Viele irgendetwas dazwischen.
Licht und Finsternis?
An einem anderen 9.November war auch ein schwarzer Tag. Heute vor 76 Jahren brannten im ganzen Land die jüdischen Synagogen. Und im Licht des Feuers bejubeln die Nazis ihren Sieg und viele jubeln mit auf dem Wahn ins tausendjährige Reich und reißen ganz Deutschland in die tiefste Finsternis. Dass daraus ein vereinigtes Europa und bereits 69 Jahre Frieden in unserem Land entstanden sind, ist ein großartiges Geschenk und eine noch viel größere Aufgabe. Immer wieder.
Licht in der Finsternis.

2. Berufen zu den Kindern des Lichts
Aber damit wir nicht unsicher werden in unserem eigenen Bemühen, schreibt Paulus ganz klar an die Christen in Thessalonikie:
5 Denn ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages. Wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis.
Das ist die Berufung von uns. Wir sind Kinder des Lichts und des Tages. Ob wir´s nun wollen oder nicht. Und auch die dunklen Seiten auch in unserer Kirchengeschichte kommen ans Licht, weil wir selbst gemessen werden am Licht – an Christus. Und das ist gut so, denn es kann nicht zweierlei Maßstäbe geben. Und so, wie wir für das Licht eintreten, werden wir auch an diesem Licht gemessen – Gott sei Dank. Aber wir müssen nicht mehr scheinen, als wir sind. Gott sei Dank. Wir müssen uns nicht ins rechte Licht setzen oder mit Photoshop unsere Fassade aufhübschen. Gott sei Dank.
Denn nicht wir müssen glänzen. Und wir haben auch nicht das Licht, mit dem wir den anderen heimleuchten könnten, sondern das Licht – Christus - hat uns und wir wollen ihm nachfolgen.
Und manchmal zeigen wir das öffentlich, so wie heute in diesem Gottesdienst und manchmal im stillen Kämmerlein, in der Seelsorge, im Glaubensgespräch, in der hilfreichen Tat und manchmal im Verborgenen, wie bei unseren Geschwistern in den Ländern, in denen sie wegen ihres Glaubens verfolgt werden. Aber Kinder des Lichts sind wir alle. Wir sind zwar nicht alles Leuchten, aber wir können vom Leuchten erzählen und uns darin üben und gegenseitig stärken und aufbauen in dem, was uns trägt und was uns hält.

3. Kinder des Lichts!
Kinder des Lichts! Sind wir das?
Keiner von uns würde sich wahrscheinlich so nennen.
Aber wir haben alle eine Vorstellung, wie das aussehen könnte oder sollte – ein Kind des Lichts. Das klingt altertümlich und uncool. Aber manchmal sagen wir das ja auch zu einem anderen: Du bist ein Engel. Oder: Dich schickt der Himmel. Oder: Du bist ein Schatz – und wir meinen, da ist ein Lichtstrahl in meine Leben bekommen. Eine Sorge, eine Hilflosigkeit, eine Not löst sich auf. Eine Perspektive für mein Leben entsteht.
Und umgekehrt können wir auch sagen: Der hat ganz finstere Gedanken. Dich reitet wohl der Teufel. Was für eine Gehässigkeit. – Und hoffentlich meiden wir diese Orte oder halten den Umgang in der richtigen Distanz.

Wir haben alle eine Vorstellung, wie die Kinder des Lichts aussehen könnten. Und das ist gut so, denn dann haben wir eine Orientierung, ein Ausrichtung für unser Leben und für unser Entscheiden. Wir lassen uns ansprechen und sind ansprechbar – selbst zwar fehlerhaft, mit Makel und unzulänglich – aber wir sind ansprechbar auf die Vorstellungen vom Leben und vom Miteinander in der Gesellschaft, so wie Christus es uns vorgelebt hat. Und wir mühen uns redlich in der Liebe und in der Nächstenliebe - hoffentlich, im Versöhnen und in der Barmherzigkeit wider alle Hartherzigkeit – auch in uns.
Leicht ist es nicht und oft ermüden wir darüber, doch gerade darin sind wir Kinder des Lichts, weil wir nicht nachgeben, sondern parteiisch unser Leben in die Hand nehmen. „So soll es sein“ und dafür mühe ich mich. Allein geht das nicht, und deshalb schreibt Paulus:
Darum ermahnt euch untereinander und einer erbaue den andern, wie ihr auch tut.
Nicht nur ermahnen! .. und einer erbaue den anderen steht hier auch – vergessen wir das nicht.

4. Gottes Rüstung für uns
Doch neben dem ermahnen und erbauen finde ich das andere noch viel wichtiger – das da steht. Denn Christus lässt uns nicht alleine im Licht stehen. Sondern hier heißt es:
8 Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil.
Nicht aus eigener Kraft, sondern Christus ist unsere Rüstung – und das reicht. Und dann schwindet die Angst und die Liebe bricht sich ihre Bahn.

Lassen sie mich ein Beispiel dazu erzählen:
Hof – schon lange her. Wir hatten im Stadtteil einen alten Tante Emma Laden. Das Geschäft lief schlecht und die Besitzerin musste bis ins hohe Alter im Laden stehen, da die Rente nicht reichte. Dann wurde sie krank. Die Nachbarn betreuten sie, versorgten sie mit Essen, doch eigentlich waren sie überfordert, denn die Frau war auch eine eigenwillige Person.
Ich wurde gebeten, einen Besuch zu machen und das Bild, das sich mir bot, war erschütternd. Eine verwahrloste Wohnung und mitten darin sitzend eine alte Frau, krank, mit schrecklich offenen Beinen. Doch sie wollte nicht zum Arzt und meinte, sie könnte es auch nicht bezahlen. Eigentlich wollte sie nur noch sterben.
Unsere Seniorenbegleiterin leistete dann ganze Arbeit – in Liebe, mit Geduld aber nüchtern und sachlich kam sie fast täglich vorbei und nach zwei Wochen war die Dame bereit ins Krankenhaus zu gehen. Dort mussten ihr beide Füße amputiert werden und nach weiteren zwei Wochen ist sie gestorben und ich habe sie beerdigt.
In der direkten Nachbarschaft hat man sich dann über die Kirche aufgeregt, dass man der alten Frau noch so etwas antut. Hätte man sie zu Hause gelassen, dann wäre sie schneller gestorben. Was für ein Zynismus. Was für eine Härte.
Doch ich habe ein anderes Bild vor meinem inneren Auge. Kurz vor ihrem Tod hatte ich die alte Krämerin im Krankenhaus noch einmal besucht. Und da lag sie in ihrem Bett, halb aufgerichtet - das Bettzeug über ihre Fußstümpfe gezogen und lächelt mich selig an und sagt: Dass ich das noch einmal erleben darf. In einem sauberen Bett zu liegen. Vielen Dank.
Wie heißt es im Wochenspruch: Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist die Zeit des Heils.
Da gibt es kein Objektiv mehr, sondern nur noch den parteiischen Einsatz – voller Hoffnung.
Kinder des Lichts?
Die Orte sind ganz unterschiedlich und vieles bleibt unentdeckt. Doch lassen wir uns nicht durcheinander bringen, sondern lassen wir uns leiten von der Zusage Christi:
8 Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil. 9 Denn Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn, sondern dazu, das Heil zu erlangen durch unsern Herrn Jesus Christus, 10 der für uns gestorben ist, damit, ob wir wachen oder schlafen, wir zugleich mit ihm leben – bis in die Ewigkeit.
Amen

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