20110712

Martin Adel: Verharrungen durchbrechen als Öffnung zum Leben

03.07.2011 - 2. Sonntag nach Trinitatis
Predigt Matthäus 22,1-14

Wochenspruch Mt 11,28
Christus spricht: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.


Liebe Gemeinde,
der Predigttext für diesen Sonntag steht im Matthäus-Evangelium im 22. Kapitel. Eine Einladung und gleichzeitig eine große Herausforderung.

1. Der Predigttext – Eine Zumutung

Die königliche Hochzeit
22 1 Und Jesus fing an und redete abermals in Gleichnissen zu ihnen und sprach: 2 Das Himmelreich gleicht einem König, der seinem Sohn die Hochzeit ausrichtete.
3 Und er sandte seine Knechte aus, die Gäste zur Hochzeit zu laden; doch sie wollten nicht kommen. 4 Abermals sandte er andere Knechte aus und sprach: Sagt den Gästen: Siehe, meine Mahlzeit habe ich bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh ist geschlachtet und alles ist bereit; kommt zur Hochzeit! 5 Aber sie verachteten das und gingen weg, einer auf seinen Acker, der andere an sein Geschäft. 6 Einige aber ergriffen seine Knechte, verhöhnten und töteten sie.
7 Da wurde der König zornig und schickte seine Heere aus und brachte diese Mörder um und zündete ihre Stadt an.
8 Dann sprach er zu seinen Knechten: Die Hochzeit ist zwar bereit, aber die Gäste waren's nicht wert. 9 Darum geht hinaus auf die Straßen und ladet zur Hochzeit ein, wen ihr findet. 10 Und die Knechte gingen auf die Straßen hinaus und brachten zusammen, wen sie fanden, Böse und Gute; und die Tische wurden alle voll.
11 Da ging der König hinein, sich die Gäste anzusehen, und sah da einen Menschen, der hatte kein hochzeitliches Gewand an, 12 und sprach zu ihm: Freund, wie bist du hier hereingekommen und hast doch kein hochzeitliches Gewand an? Er aber verstummte.
13 Da sprach der König zu seinen Dienern: Bindet ihm die Hände und Füße und werft ihn in die Finsternis hinaus! Da wird Heulen und Zähneklappern sein. 14 Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.


2. Erschreckende Brutalitäten
Ein Hochzeitsfest und im Umfeld dazu soviel Ablehnung und Blut. Man kann es kaum ertragen. Da ist die begeisterte Einladung zum Hochzeitsfest – und dann hagelt es lauter Absagen?
Jeder von uns hat dazu seine eigene Erinnerungen von Einladungen und Absagen und den Enttäuschungen und Kränkungen, die, die man selber erlitten hat und die, die man anderen zugefügt hat. Gründe gibt es immer, um nicht zu kommen.
Aber sie verachteten das und gingen weg, einer auf seinen Acker, der andere an sein Geschäft.
Und dann die Brutalität, die folgt:
6 Einige aber ergriffen seine Knechte, verhöhnten und töteten sie. 7 Da wurde der König zornig und schickte seine Heere aus und brachte diese Mörder um und zündete ihre Stadt an.
Ein Hochzeitsfest soll es sein und schon bevor es beginnt ist es getränkt in lauter Blutvergießen. Wer will denn da noch feiern?

Und Jesus lässt uns in seiner Gleichnisrede damit noch nicht in Ruhe. Auf die zweite, erfolgreiche Einladung folgt nicht die Freude über den vollen Hochzeitssaal, sondern er richtet unseren Blick auf den einen Gast, der falsch gekleidet ist und hinaus geworfen wird. Und es ist ja nicht irgendein Rauswurf, sondern wie heißt es: 13 Da sprach der König zu seinen Dienern: Bindet ihm die Hände und Füße und werft ihn in die Finsternis hinaus! Da wird Heulen und Zähneklappern sein.

3. Historische Verkürzung
Nan fragt sich, was bewegt Jesus, dass er in seinem Gleichnis ein Hochzeitsfest in einen derartigen Gewalt beladenen Rahmen stellt?
Machen wir uns auf den Weg, um zu verstehen, was gemeint sein könnte.
Wir könnten uns in die geschichtliche Betrachtung flüchten und sagen: Historisch ist es ja genau so passiert.
Gott schickt seinen Sohn Jesus Christus zu seinem Volk Israel, doch die erkennen den Messias nicht an, sie lehnen ihn ab, sie bleiben weg und zum Schluss lassen ihn einige noch von den Römern ans Kreuz schlagen. Aber die Rache folgt auf den Fuß – im Jahre 70 n. Chr. wird Jerusalem zerstört und nach weiteren 70 Jahren (137 n. Chr.) wird der Staat Israel vollständig von der Landkarte verschwunden sein. Das Hochzeitsfest hat trotzdem statt gefunden. Nur war dieses Mal die ganze Welt eingeladen und sie sind gekommen, die Bösen und die Guten, ein paar von den Juden und viele Griechen, Römer und Heiden.

4. Wider das Beharrungsvermögen – von der Brutalität des Lebens
Aber die Reduzierung auf ein historisches Ereignis ist zu kurz gegriffen. Wenn Jesus vom Reich Gottes erzählt, geht es immer um Grundsätzliches, um Grund-Menschliches. Um das Heil für uns. Und darum lohnt es sich, noch einmal genauer hinzusehen. Was könnte gemeint sein? Und ich entdecke Grundsätzliches.
Doch dann ist die Brutalität in der Erzählung nicht mehr die Brutalität Gottes, sondern die Gewalt des Menschen, gegen andere und gegen sich selbst. Wie er sich sträubt, sich mit Händen und Füßen sträubt, eingeschlagene Wege und Pfade zu verlassen, um zu Verharren in seiner Welt.
Jesus beschreibt damit die oft auch Tot bringende Beharrung, mit der wir keinen Millimeter abweichen. Jede Einladung zu einer Veränderung und Durchbrechung meines Alltags wird dabei auf die Seite geschoben: Passt nicht. Später mal. Danke, aber …
Und wenn die Einladung noch einmal ausgesprochen wird, dann werden wir schon mal auch ein bisschen deutlicher: Lass mich jetzt in Ruh. Ich will das nicht hören. Ich bleib, wie ich bin.
Jede unsere Süchte, alle unsere Abhängigkeiten, dort wo sich unser Lebensstil auf kurz oder lang gegen uns selbst verkehrt und jede Entscheidungsfreiheit zum Teufel geht, dort ist Gefahr in Verzug. Und jeder, der hinterfragt, jede, die einlädt zur Veränderung bekommt es bald mit unserem geballten Zorn zu tun.
Doch es rächt sich. Im Kleinen, im Privaten und auch im Großen.
Ganz Deutschland lag in Schutt und Asche und Europa überzogen mit Leid und Elend, bis wir endlich begriffen haben, wie ein Miteinander der Völker aussehen muss.
Oder nehmen wir das Energiemärchen Atomkraft. Alles war bereits eingespurt und dann der Rückfall in alte Zeiten. Danach fliegen uns die Kernkraftwerke um die Ohren, in Baden Württemberg wird ein Grüner Ministerpräsident gewählt und man rudert zurück und alles kostet wieder Milliarden.
Wir verharren – das ist die eigene Lebensbrutalität, da braucht es gar nicht erst Gott dazu, sondern er ist es, der einlädt zum Hochzeitsfest, doch der Mensch verharrt im System.
Libyen, Syrien, Griechenland – immer wieder andere Verhältnisse und Situationen, doch das Prinzip bleibt das Gleiche. Wir Verharren.

5. Nähe und Veränderung
Und deshalb lädt Gott ein ins Reich Gottes, weil es im Himmelreich ums Leben, ums Überleben – nicht nur für ein paar Wenige, sondern für alle geht.
3 Und er sandte seine Knechte aus, die Gäste zur Hochzeit zu laden;
Und weil die Ersten nicht kommen, schickt er noch einmal aus:
Geht hinaus auf die Straßen und ladet zur Hochzeit ein, wen ihr findet. 10 Und die Knechte gingen auf die Straßen hinaus und brachten zusammen, wen sie fanden, Böse und Gute; und die Tische wurden alle voll.

Gott will, dass wir kommen, Wir sollen kommen, denn in der Berührung mit seinem Reich besteht unsere Chance zur Veränderung, zu Umkehr und Heilung.
Darum ist es ja so wichtig, dass wir uns auf den Weg machen.
Böse und Gute sind eingeladen – denn es geht nicht um die Gästeliste, sondern es geht um mich, um das Kommen zu Gott. Hier passiert die Veränderung. Im Kontakt mit ihm kann das Lebenszerstörende in uns zurück gedrängt werden, wie bei einer Chemotherapie oder einer Strahlentherapie. Das Kranke und Krank-Machende muss weichen. Zachäus, Levi, Maria von Magdala, Paulus und all die anderen, die haben das erlebt.
Im Kontakt mit dem Reich Gottes beginnt in uns die Verwandlung, so wie mit dem Urlaub oft erst wieder die Entspannung kommt und in uns Seiten zum Klingen kommen, die im Alltag verkümmern sind. Deshalb spricht Christus ja auch: Kommt her, zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. Das ist auch die Einladung zu einem Moment Urlaub von all unseren Belastungen.

Und so hart das klingen mag, aber genau aus diesem Grund fliegt dann auch der wieder raus, der sich nicht passend gekleidet hat. Denn es geht nicht darum, dass dessen Hose vielleicht ein gestopftes Loch hat oder sein Hemd ein Gebrauchtes aus der Kleiderkammer ist. Alle sind eingeladen. Doch es geht um seine innere Haltung. Da kann man auch Klunker umhängen haben oder nicht. Die schützen dann auch nicht. Wer sich von diesem Fest nicht berühren lassen möchte, sondern nur zum Fressen und Saufen gekommen ist, der nimmt nur einem anderen den Platz weg.
Das ist wie mit dem Schüler, der im Unterricht einen Walk-Man auf hat; der kann auch nichts hören, geschweige denn verstehen und dann kann er auch gleich zu Hause bleiben.
Eingeladen war er trotzdem.
Gott lädt uns ein in seine Nähe, uns alle, nicht nur die Auserwählten, sondern Böse und Gute, damit wir uns anrühren lassen von seinem Glanz, um erleichtert und angerührt von seinem Fest nach Hause zu gehen und mutig am nächsten Puzzelstein meines Lebens zu bauen. Amen

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