20100913

Ute Lehnes-de Fallois: Gottes Kinder

14. Sonntag nach Trinitatis - 12.9.2010
Römer 8, 14-17

Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, daß ihr euch abermals fürchten müßtet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater! Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, daß wir Gottes Kinder sind. Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, wenn wir denn mit ihm leiden, damit wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.

Von Gott will ich nicht lassen, denn ER lässt nicht von mir,
führt mich durch alle Straßen, da ich sonst irrte sehr.
Er reicht mir seine Hand, den Abend und den Morgen, tut ER mich wohl versorgen, wo ich auch sei im Land. (EG 365,1)


So lasst uns in der Stille um den Segen des Wortes Gottes beten.
(Stille)

Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.
Der Herr segne unser Reden und Hören durch seinen Heiligen Geist. Amen.

Liebe Gemeinde !

1. Was Menschen so antreibt

Was die Menschen halt so treiben oder wovon sie getrieben werden,
darauf möchte ich heute morgen einen Blick mit Ihnen werfen.

Denn wovon der Mensch getrieben wird,
das bestimmt ja auch das, was der Mensch so treibt.

1.1. Der umtriebige Perfektionist

Den einen treibt der eigene Perfektionismus um.
Irgendetwas ist immer noch nicht perfekt genug, im Haus, im Garten, im Beruf.
Und so wird das Zimmer wieder mal neu tapeziert,
ein kleiner Teich im Garten angelegt und die nächste Gehaltsstufe angestrebt.
Es gibt immer was zu tun!

Auch im Urlaub finden viele nicht so recht zur Ruhe.
Da wird bereits schon vor dem Frühstück der Liegestuhl am Pool mit dem Handtuch markiert.
Kennen Sie das ?
Sie kommen nach dem Frühstück entspannt zum Pool und sehen sich
einem Meer handtuchbedeckter Liegestühle gegenüber.
Es ist zwar nur die Hälfte der Liegestühle besetzt,
aber auf jedem liegt ein Handtuch, das Ihnen sagen will:
Du bist hier unerwünscht!
Sie selbst finden dann zwar keinen Liegestuhl mehr,
aber die Besitzansprüche sind perfekt deutlich.

Es gibt nicht wenige, die treibt die Angst um,
einen Fehler zu machen, ihr Leben nicht perfekt genug zu organisieren, sich womöglich eine Blöße zu geben oder sich Kritik einzuhandeln.
Und so dreht sich das Leben um die Frage:
Wie mache ich alles richtig?
Und so folgt eine Aktion der nächsten:
Zu Hause, im Urlaub, im Beruf.
Sich zwischendurch Ruhe zu gönnen, nachzudenken, Kraft zu schöpfen, das wird schon fast als vermessen empfunden, denn es gibt ja immer was zu tun, um den eigenen Ansprüchen und den Ansprüchen andrerer gerecht zu werden.

1.2. der umtriebig Suchende

Was Menschen so alles antreibt.
Oft steckt die ANGST dahinter.
Die Angst einen Fehler zu machen,
die Angst etwas zu versäumen
oder auch die Angst, allein zu sein oder allein zu bleiben.
Die Angst vor dem Alleinsein treibt viele um.

Ich weiß nicht, wie viele Menschen täglich im Internet auf Partnersuche gehen. Und es sind nicht nur die Jungen.
Getrieben von der Angst, nach einer Trennung allein zu bleiben, nicht mehr rechtzeitig den Richtigen oder die Richtige zu finden, allein alt und grau werden zu müssen. Stunden werden da vor dem Computer zugebracht, immer in der Hoffnung, jetzt doch endlich am Bildschirm die Liebe des Lebens zu finden.

1.3. der umtriebig Sparsame

Andere treibt die Angst um, ihr Geld könnte nicht reichen.
Wo kann man am billigsten tanken?
Da werden dann schon mal 20 km bis zur billigsten Tankstelle gefahren. Ob sich das am Ende finanziell lohnt, sei dahingestellt.

Immer auf der Suche nach einem Schnäppchen.
Was Menschen halt so umtreibt.
Manche buchen auch jetzt schon ihren Urlaub für nächstes Jahr,
weil sonst ist der Frühbucherrabatt weg.

Aber wer von uns, liebe Gemeinde, weiß denn schon, was nächstes Jahr sein wird?
Ist es nicht wirklich genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat?
Warum treibt so viele Menschen die Sorge um,
dass es nicht reichen könnte? Dass sie etwas verpassen könnten.
Und das sind nicht die Armen.
Da geht die Angst um, dass wir unseren gewohnten Wohlstand verlieren könnten und darum drehen sich so viele Gedanken um das Geld. Immer und immer wieder.

Doch eines sollten wir nicht vergessen:
Es geschehen immer wieder Dinge, die wir in dieser globalisierten Welt eben nicht mehr in der Hand haben. Da können wir unsere Euros und Cents hin – und herdrehen, wie wir wollen und da können wir noch so viel Zeit damit zubringen, die besten Sonderangebote ausfindig zu machen, das wird uns am Ende dann auch nichts mehr nutzen.

Wenn mir jemand vor 9 Jahren gesagt hätte, dass am 11. September, dem ersten Schultag meiner jüngsten Tochter, das World Trade Center in New York in Schutt und Asche fallen würde, ich hätte es nicht geglaubt. Und ich erinnere mich noch sehr gut an den ersten Elternabend, nämlich genau an jenem 11.September 2001,
wo niemand mehr sagen konnte, wie das Ganze ausgehen würde.
Wie der Vergeltungsschlag der USA aussehen würde und
ob wir auf einen dritten Weltkrieg zusteuern?
Und ob unsere Kinder im Frieden oder im Krieg ihre ersten Schuljahre erleben werden.
Der Krieg wurde und wird nicht auf europäischem Territorium geführt, doch das wusste damals niemand. Es hätte auch ganz anders kommen können.
Und dann hätte keinem mehr ein Frühbucherrabatt genutzt,
das Benzin an der Tankstelle hätte es vermutlich nur noch rationiert gegeben und den Rest mag ich mir nicht vorstellen.

2. Welcher Geist treibt uns?

Welcher Geist treibt uns eigentlich?

Denn wovon der Mensch getrieben wird,
das bestimmt ja auch, was er treibt.

Treibt uns der Geist der Angst, der Sorge, des zu Kurz-Kommens, des Egoismus, des Perfektionismus, des Neids, der Einsamkeit und des Alleinseins ?
Oder treibt uns als Christen nicht ein anderer Geist?

Denn, so schreibt Paulus,
welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.
Denn ihr habt in eurer Taufe nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet. Ihr habt den Heiligen Geist empfangen, den Geist, der liebt und euch von der Angst befreit.
Durch ihn rufen wir: Abba, lieber Vater.
Durch den Geist wissen wir, dass wir nicht allein sind.
Wir haben einen Vater im Himmel.
Wir haben unseren Platz hier in der Kirche und wir haben unseren Platz in der Ewigkeit unseres Gottes.

Es ist der Geist der Liebe und der Freiheit,
der Hoffnung und des Vertrauens, der die Kinder Gottes treibt!

Spüren Sie den Unterschied zum Geist der Angst?
Mit dem Geist Gottes als treibende Kraft unseres Lebens eröffnet sich für uns als getaufte Kinder Gottes eine ganz andere Dimension von Leben.
Eine Dimension, die weiter greift als nur die Angst.
So wie Jesus sagt: In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.
Durch Jesus kennen wir unseren Vater im Himmel.
Mit allem, was uns auf der Seele liegt dürfen wir zu diesem Vater im Himmel kommen und sagen: Abba, Papa, nimm die Last von mir oder hilf mir bitte, sie zu tragen.
Wir sind nicht allein.
Der Geist Gottes, dieser kindliche Geist, wie Paulus ihn beschreibt, lässt uns vertrauen. Lässt uns darauf vertrauen, dass unser Vater im Himmel für jeden von uns den rechten Weg weiß und keiner von uns dabei zu kurz kommt.
Der Geist Gottes führt unsere Gedanken über uns selbst hinaus.
Er lässt uns auch an andere denken, nicht nur an uns selbst.
Es ist der Geist der Liebe, der uns frei macht, auch andere zu lieben, nicht nur uns selbst.
Es ist der Geist der Vergebung, der uns frei macht, auch andere um Verzeihung zu bitten.
Es ist der Geist der Ewigkeit, der uns gewiss macht, dass wir hier und auch in der Zukunft bei Gott unseren Platz haben werden. Wir müssen nicht ängstlich unser Handtuch auf den Liegestuhl legen, um uns am Pool einen Platz zu reservieren, weil wir wissen, wir haben einen Platz in der himmlischen Hängematte unseres Gottes.
Es ist der Geist Gottes, der uns manchmal sogar zu einem Danke treibt!
Danke, lieber Gott, dass du mich jetzt in dieser Situation bewahrt hast,
oder Danke, lieber Gott, dass du mir die Kraft gegeben hast einen Angehörigen über Jahre hinweg zu pflegen oder
Danke, lieber Gott, dass unser Land in den letzten Jahren nicht zu einem Kriegsschauplatz geworden ist.
Danke, lieber Gott, dass unsere Kinder im Frieden aufwachsen dürfen.

Im Evangelium haben wir heute gehört, wie
10 Aussätzige rein wurden, aber nur einer umkehrte, um Jesus dafür zu danken. Aber diesen einen hat der Geist Gottes getrieben. Er hat ihn zurück getrieben zu Jesus und zur Dankbarkeit.

Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.
Wir sind Gottes Kinder.
Und wenn uns der Geist Gottes treibt,
dann sehen wir diese Welt auch in der Dimension des Glaubens,
in ihrer Rückbindung an Gott und das bestimmt dann auch unser Denken und Handeln.

Denn das, was den Menschen innerlich antreibt,
das treibt dann auch sein Denken und Handeln.

Wir brauchen nicht ängstlich auf das zu schauen, was andere haben und wir vielleicht nicht, weil wir wissen, dass unser Vater im Himmel für uns sorgt.
Wir brauchen es nicht allen und jedem recht machen, weil wir wissen, dass Gott uns so annimmt, wie wir sind.
Wir müssen nicht nach Schnäppchen und Sonderangeboten jagen, weil wir wissen, dass es uns am Ende auch nicht seliger sein lässt.

Das entspannt das „eigene kleine Leben“,
weil wir wissen, dass wir da, wo wir gerade sind,
im Vertrauen auf Gott gut aufgehoben bin.
Bei DIR; HERR, ist die Quelle des Lebens und in deinem Lichte, sehen auch wir das Licht!

Das macht uns frei von der Sorge, wir könnten etwas verpassen,
weil wir wissen, dass wir das, was wir zum Leben brauchen,
in unserem Glauben finden

Der Glaube treibt den Blick weiter – weiter hinaus –
in eine andere Dimension des Lebens – weg von uns selbst,
hin zu den Menschen neben uns und deren Leben –
hin zu den Menschen, die vielleicht Hilfe brauchen und denen es gerade nicht gut so geht.

Dass wir den Geist Gottes immer wieder spüren und er uns treibt,
uns unserem himmlischen Vater anzuvertrauen, im Gebet, in der Stille, im Dank, im Lob, aber auch mit unserer Klage und unseren Sorgen

und uns dieser Geist dann auch antreibt, nicht nur auf uns zu achten, sondern auch auf die Menschen neben uns und auf Gottes gute Schöpfung überhaupt, das wünsche ich uns allen heute, morgen und immer wieder aufs Neue.
Dass wir uns als Kinder Gottes schon hier und jetzt erleben,
und dass uns Gottes Geist treibt und nicht die Angst vor der Welt.
Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und sinne in Jesus Christus, unserm Herrn. Amen.

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