20100913

Ute Lehnes-de Fallois: Ihr seid das Licht der Welt

8. Sonntag nach Trinitatis - 25.7.2010
Epheser 5, 8b-14

Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. Das alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird; denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heißt es: b Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.

So lasst uns in der Stille um den Segen des Wortes Gottes beten.
(Stille)

Jesus sagt: Ihr seid das Licht der Welt.
So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen. (Mt 5,14.16)

Der HERR segne unser Reden und Hören durch seinen Heiligen Geist. Amen.

Liebe Gemeinde!

1. Dem eigenen Sein/ der eigenen Rolle zu entsprechen, ist gar nicht so leicht

In der vorletzten Woche sind wir mit unserem neuen Konfirmandenkurs zur Freizeit in die Weihermühle in der Nähe von Kulmbach gefahren.
Das waren drei heiße Tage, im wahrsten Sinn des Wortes.
Gleich am ersten Abend steht einer unserer jugendlichen Mitarbeiter völlig aufgeregt vor mir und fragt mich:
„Frau Lehnes, haben Sie einen Notfallplan?“
In dem Moment schrillen bei mir sämtliche Alarmglocken: ich sehe vor meinem inneren Auge blutende Lippen, gequetschte Nasen, Hitzschläge und Sonnenbrände.
So versuche ich, ruhig durchzuatmen und frag ihn dann, was denn jetzt passiert sei?
„Das müssen Sie sich anschauen,“ antwortet er, „ das müssen Sie sich anschauen, alles voller Ungeziefer – unser ganzes Zimmer, alles voller Ungeziefer“ Und so eile ich mit dem jungen Mann in Richtung des besagten Zimmers und in der Tat: bei genauerem Hinsehen, kann man sie erkennen: mindestens 8-10 Stechmücken und ein paar Fliegen sitzen an den Wänden.
„Frau Lehnes, haben sie einen Notfallplan?“
Ja, habe ich.
Als erstes schließen wir mal das Fenster und dann rücken wir, bewaffnet mit einem Schlappen den Viechern auf den Leib. Und - wir besiegen sie.

Warum ich ihnen dieses kleine Episode erzählt habe?
Weil es manchmal gar nicht so leicht ist,
der eigenen Rolle zu entsprechen.
Das zu leben, was man ist.
Und weil Gott uns manchmal mehr zutraut, als wir uns selbst.

Da kommt ein junger Mensch aus der Stadt auf’s Land,
und da sieht er etwas, was er so nicht kennt.
Und statt zu überlegen, wie verhalte ich mich jetzt da als Mitarbeiter, welche Möglichkeiten habe ich, um das Problem zu lösen,
fällt er in die Rolle des Konfirmanden zurück und läuft ganz aufgelöst
weg.
Ich war übrigens sehr erleichtert, dass nichts wirklich Schlimmes passiert ist und kann inzwischen gut über die Geschichte schmunzeln.

Erwachsenwerden, selbständig zu entscheiden, das ist eben nicht leicht.

Erwachsen sein und Entscheidungen treffen zu müssen,
auch in heiklen Situationen, in Situationen, in denen man oft nicht weiß, was richtig und was falsch ist und wo oft um Kompromisse gerungen werden muss, auch das ist nicht leicht.
Und Älterwerden oder Altwerden, auch das - keine einfache Übung. Zu akzeptieren, dass man zu manchen Dingen einfach länger braucht, schneller müde wird und nicht mehr so belastbar ist wie früher.

Doch ganz gleich, wie alt wir sind und mit welchen Anforderungen wir uns gerade konfrontiert sehen, wir alle haben unsere Heimat im Glauben.
Wir sind Kinder des Lichts. Wir sind es hier und jetzt.
Auch wenn und das manchmal schwer fällt, zu glauben.
Für Gott sind wir mehr Licht,
als wir selbst es ahnen.
Er traut uns mehr zu als wir uns oft selbst.

Wir sind Kinder des Lichts! Erleuchtet durch unseren Glauben.
In der Taufe hat uns Gott als seine Söhne und Töchter angenommen und uns das Licht des Lebens geschenkt.
JA, das hat er.
Auch wenn es uns manchmal schwer fällt, zu glauben, dass wir Gottes Licht in und bei uns tragen
Und ER möchte nicht, dass wir sein Licht unter den Scheffel stellen,
sondern dass wir es leuchten lassen hier in dieser Welt.

Und eigentlich möchten wir das wir auch sehr gerne.
Unser Licht als Christin, als Christ leuchten lassen,
es der Welt zeigen,
unserer Rolle und unserem Leben als Christen entsprechen,
und genau das ist der Punkt,
an dem es für uns manchmal schwierig wird.
Es ist die Nahtstelle, an der es von der Theorie in die Praxis übergeht,
von der Geborgenheit der individuellen Frömmigkeit und dem Heimatgefühl hier in der Gemeinde hinaus in die weite Welt,
wo uns eben nicht automatisch alle lieb,
wir uns Anfechtungen ausgeliefert sehen und
unsere Überzeugungen verteidigen müssen.
Und wo wir manchmal eben auch am liebsten weglaufen würden,
um nach dem Notfallplan zu fragen, der da heißt:
und wie denke, rede und handle ich jetzt als Christin, als Christ so,
dass es meinem Glauben entspricht,
und dass auch durch mich das Licht Jesu Christi offenbar wird!

Denn offensichtlich traut mir Gott ja zu,
dass es auch durch mich offenbar wird.

2. der Predigttext als Ermutigung zu einem „Leben im Licht“

Die Worte aus dem Epheserbrief, unserem heutigen Predigttext,
möchten uns genau an dieser Nahtstelle,
an der es von innen nach draußen geht, MUT zusprechen.
Sie wollen uns ermutigen als „Kinder des Lichts“,
die wir ja tief drin alle sind,
voller Vertrauen und Zuversicht nach draußen zu gehen sein und in dieser Welt ganz einfach auch unseren Glauben zu leben.
Zu leben als Kinder des Lichts und dann wird auch durch uns offenbar werden, was nicht der Güte und der Wahrheit und der Gerechtigkeit entspricht.
NUR MUT, sagt der Epheserbrief.
Und seid es und ihr könnt es.
Und wenn was schief geht, dann geht es eben schief.
Das ist mehr als nur ein Notfallplan,
als ist mehr als nur eine Regieanweisung für Schauspieler,
um nicht aus der Rolle zu kippen.
Sondern es ist die Ermutigung an das eigene Licht und seine Strahlkraft zu glauben in der Gewissheit, dass Gott an unserer Seite bleibt, auch wenn was nicht gleich beim ersten Mal klappt.

So wie wir es nach dem Sündenbekenntnis miteinander gesungen haben:
Du bleibst an meiner Seite, du schämst dich nicht für mich.
Du weißt, ich bin untreu, und dennoch gehst du nicht.
Du stehst zu unserer Freundschaft, obwohl ich schwierig bin,
hältst du mir die Treue, gehst mit mir durch dick und dünn. Du bist treu, HERR, an jedem neuen Tag. Du bist treu, HERR, auch wenn ich versag. Unerschütterlich hält deine Treue mich, Du bleibst mir treu.

2.1. Prüft

Als Christinnen und Christen sollen wir kleben,
und unser Licht nicht unter den Scheffel stellen,
sondern hinauf auf den Leuchter,
so dass es alle sehen können.
Und wie wir das anstellen, das sagt uns der Epheserbrief.

„Prüft,“ heißt es da, „prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist,“ und was der Güte, der Gerechtigkeit und der Wahrheit dient.
Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit, das sind die Kriterien,
die uns an die Hand gegeben sind.
Und nach diesen Kriterien urteilen wir.
Wir müssen und wir brauchen nicht alles gut zu heißen,
was wir sehen oder was selbst von uns erwartet wird.
Wir haben die Freiheit, Ja oder Nein zu sagen.
Wir haben die Freiheit, immer wieder neu zu prüfen und auch eine Meinung zu ändern.
Ein ganzes Leben lang. Immer wieder. In aller Freiheit.

Das, was für jemanden mit 20 wahr ist,
das muss für den gleichen Menschen mit 30 oder 40 nicht mehr wahr sein. Wir dürfen uns ändern! Wir sind nicht Gefangene im Glauben, sondern wir sind frei.
Frei, uns selbst zu prüfen, auf das eigene Leben und auf den eigenen Lebensstil zu schauen und dann zu entscheiden: Ja, das ist gut und das will ich weiter tun oder auch zu entscheiden: Nein, das will ich so nicht oder nicht mehr.
Da gibt es für mich inzwischen andere Wege, um der Güte, der Gerechtigkeit und der Wahrheit zu dienen. Und darum kann und will ich mein Leben jetzt anders gestalten.
Diese Freiheit haben wir.
Wir haben sie im persönlichen Leben und wir haben sie im öffentlichen Leben.

Dass wir in einer multimedialen Gesellschaft leben, die uns ständig neue Bedürfnisse einredet, und die uns dazu verleiten will, immer noch mehr zu konsumieren und dass Geiz geil ist, auch das muss auf den Prüfstand!
Und dann entscheiden wir, was davon der Güte, der Gerechtigkeit und der Wahrheit in dieser Welt dient. Und dann sind wir mutig und sagen NEIN zu dem, „was dem Herrn nicht wohlgefällig ist“.
Das ist nicht immer bequem und einfach,
aber Gott traut es uns zu.
Denn für ihn sind wir seine Kinder,
die Kinder des Lichts, und darum können wir das.

2.2. Deckt auf

„Habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf!“, so heißt es weiter.

Habt den MUT, den Teppich hochzuheben und schaut euch den Dreck an, der sich darunter verbirgt.

Es geht nicht um Schuldzuweisung,
sondern ums Draufschauen und um das Wahrnehmen dessen,
was sich unter der Oberfläche verbirgt.

Und da verbirgt sich einiges.

Einiges, von dem ich denke, da kann doch was nicht stimmen!
Es wird viel von Bildung und Chancengleichheit geredet. Aber wie bitte soll eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern im Teilzeitjob die Nachhilfe für die G 8, das achtjährige Gymnasium bezahlen?
Für Hartz IV zu reich, für 20.-€ Nachhilfe pro Woche zu arm!
Chancengleichheit? Schön wär’s.

Die Bundeswehr macht auf Hochglanzplakaten Werbung für die Ausbildung beim Bund. Jeder Raucher muss sich damit abfinden, dass der Bundesgesundheitsminister warnt: Rauchen gefährdet ihre Gesundheit. Warum warnt nicht der Bundesverteidigungsminister auf dem Hochglanzplakat: Der Einsatz in Krisen- und Kriegsgebieten dieser Welt gefährdet nicht nur ihr Leben, sondern auch das Leben anderer.

Die Staatsverschuldung ist so hoch wie nie. Geld, um endlich mehr Lehrer im Grund – und vor allem auch im Hauptschulbereich einzusetzen, fehlt. Dafür bekommen Großhoteliers jetzt einen Steuernachlass.
Und haben dann einige der Hauptschüler endlich ihren Quali geschafft, dann haben sie noch lange keine Lehrstelle.

Da kann doch was nicht stimmen!
Und ich frage mich:
Wie lange sollen wir eigentlich noch als dumm verkauft werden?
Das sind wir nämlich nicht!

Darum schauen wir genau hin, prüfen und entscheiden.
Es geht nicht darum, anderen die Schuld zuzuweisen,
sondern aufzudecken, zu offenbaren und zu benennen, was eben nicht stimmt.

3. Wach auf, steh auf!

Darum, so heißt es weiter:
wach auf, der du schläfst!
Mach die Augen auf und schau auf diese Welt und hab den Mut zu sagen, was nicht der Güte und der Gerechtigkeit und der Wahrheit dient.

Wir haben ja oft die Tendenz, uns mit dem abzufinden, was ist,
wir nehmen es als gegeben hin und denken: „da kann man halt nichts machen!“ und resignieren.
So, liebe Gemeinde,
stellen wir aber unser Licht unter den Scheffel und
nicht hinauf auf den Leuchter, so dass es alle sehen können.
Wach auf, sagt der Epheserbrief,
nimm dein Licht jetzt in die Hand und bring es dorthin, wo es noch finster ist.
Bring deine Fröhlichkeit, deinen Glauben, deinen Optimismus, deine Liebe zu den Menschen, die vielleicht gerade jetzt in diesem Moment schon darauf hoffen, dass sich Dinge ändern. Dass da einer kommt und das Licht auch in ihr Leben bringt.

Du bist mehr Licht in dieser Welt,
als du selbst es ahnst.
Gott braucht dich mit deiner Strahlkraft,
damit es heller wird und die Finsternis verschwindet.
Darum wach auf und lass dir die Chance nicht entgehen.

Und unser Predigttext endet mit der Aufforderung:
Steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.
Ein ganz starkes Wort, provozierend, herausfordernd.
Steh auf von den Toten –
Begrabe nicht deine Träume von einer besseren und anderen Welt,
sondern lebe diesen Traum,
so wird dich Christus erleuchten !
DU bist ein Kind des Lichts!

Ich habe mich gefragt, wo ich denn selbst ein Kind des Lichts bin,
wo ich anderen Menschen das Licht Christi vielleicht schon gebracht habe, wo ich in Liebe gehandelt habe und es so durch mich ein wenig heller geworden ist.
Ich weiß es nicht, aber ich weiß ganz viele Menschen, die mir auf meinem Weg zu einem Licht geworden sind und durch die ich meinen Glauben wieder ganz neu sehen konnte oder durch die ich einen anderen Blick auf diese Welt auch gelernt habe.

Das ist ja auch das Schöne, dass wir nicht durch eigene Berechnung Kinder des Lichts sind, sondern dass wir jeden Tag auf’s neue, die Chance haben, für andere das Licht zu sein. Auch wenn wir das dann selbst oft gar nicht merken.

Schau ich auf unsere Gemeinde, dann sehe ich da viele, die als Kinder des Lichts unterwegs sind, die sich nicht abfinden mit Ungerechtigkeit, Lieblosigkeit und Lüge. Ich denke an die Frauen, die im dress-in mitarbeiten, an die, die sich in ihrer Nachbarschaft umschauen, an die, die für andere beten und an alle, die sich auf so ganz unterschiedliche Weise für ihren Glauben und ihre Überzeugung engagieren.

Wir sind oft mehr Licht für andere, als wir selbst es ahnen!

Darum lasst uns als Kinder des Lichts leben,
prüfen, ,was unserem Sein in Christus entspricht
und was der Güte, der Gerechtigkeit und der Wahrheit entspricht.

So wird auch durch uns offenbar werden,
wer Christus für diese Welt ist. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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