20151022

Martin Adel: Predigt zur Osternacht

Osternacht 05.04.2015

Predigttext Jesaja 26,13-14.19
13 HERR, unser Gott, es herrschen wohl andere Herren über uns als du, aber wir gedenken doch allein deiner und deines Namens. 14 Ihre Toten werden nicht wieder leben, die Schatten stehen nie wieder auf. Sie, die früher über uns herrschten, hast du bestraft und ausgerottet samt allem, was an sie erinnert. … 19 Aber deine Toten werden leben, deine Leichname werden auferstehen. Wachet auf und rühmet, die ihr liegt unter der Erde! Denn ein Tau der Lichter ist dein Tau, und die Erde wird die Toten herausgeben.


Liebe Gemeinde,
Wie schwer es ist, diesen Worten zu glauben.
Wie leicht es manchmal ist, wenn wir diesen Worten vertrauen können.
Machen wir etwas falsch, wenn wir an die Auferstehung glauben?

Wir sind und bleiben in einer gebrochenen Welt. Der Ostermorgen ist ein Zeuge davon. Während die einen schreien: Sie haben in der Nacht den Leichnam geklaut – erleben die anderen die wundersame Verwandlung, wie sich Stück für Stück ihre Furcht legt und die Schatten der Nacht und der Enttäuschung zurück gedrängt werden. Das Erschrecken über die Brutalität des Lebens und seiner Aporien muss weichen diesem inneren Wissen: Gott wird das letzte Wort über uns haben und es wird uns frei machen in aller Bedrohung und uns stärken in aller Ohnmacht und uns ermutigen in aller Angst. Wir sind nicht mehr Schmerz und Trauer schutzlos ausgeliefert, bis sie uns zerfressen haben.

Gott ist am Werk – auch wenn ich noch nichts davon spüre. Gott ist am Werk – auch wenn ich noch festhalten will am Alten. Gott ist am Werk und setzt sich durch.
Mitten hinein in die explodierende Natur, trifft uns dieses Wort der Auferstehung – gewissermaßen als natürliches Unterpfand Gottes, wie wir es Jahr für Jahr erleben dürfen, um uns eine Ahnung zu geben, was Auferstehung bedeutet. Dort, wo nichts mehr ist, wo dürre Äste aus dem dreckigen Braun des Bodens schauen, regt sich neues Leben.
Unser Kopf ist das Problem, nicht das Herz. Wir haben mit unserem Kopf kapituliert vor der Unbegreiflichkeit Gottes und uns zurückgezogen auf das, was wir erklären können – und wir werden dann die Schatten des Unerklärlichen nicht los.
Vor den Fragen des Lebens dreht der Mensch durch und die Meute schreit: Es muss ein Opfer her – und die Eltern des Todes-Piloten werden zu Tätern und das Arztgeheimnis zur billigen Verhandlungsmasse. Vielleicht fangen wir wieder an Leichenteile zu schänden oder außerhalb des Friedhofs zu beerdigen. Und sie wollen uns dann weismachen, dass die Religion gefährlich sei und der Glaube menschenverachtend.
Wer bremst uns ein, wenn nicht dieser Gott am Kreuz, der für die Liebe eintritt und für unsere Versöhnung stirbt, damit nicht wieder, wenn die Vernunft an ihre Grenzen stößt, die Angst in uns zur Treibjagd blässt.
13 HERR, unser Gott, es herrschen wohl andere Herren über uns als du, aber wir gedenken doch allein deiner und deines Namens.
Und wir feiern es nach, Jahr für Jahr, dieses Ostererinnern, weil wir nicht nur hoffen und glauben, sondern es manchesmal selbst schon erlebt haben, wie sich unser Sinn verwandelt und unser Herz wieder zu schlagen beginnt, weil sich der Auferstandene uns in den Weg gestellt hat, so wie damals den Frauen und Männern.
Und Jesaja schreibt: 14 Ihre Toten werden nicht wieder leben, die Schatten stehen nie wieder auf. Sie, die früher über uns herrschten, hast du bestraft und ausgerottet samt allem, was an sie erinnert.

Liebe Gemeinde,
hinter dem Ostermorgen verbirgt sich das gleiche, gewaltige Schauspiel, wie hinter dem Anfang der Schöpfung. Gott schafft aus dem Nichts. Wo kein Trost mehr zu erwarten ist, wo die Welt und das Leben an ihr Ende gekommen sind, setzt Gott einen neuen Anfang.
Und Petrus singt im Gefängnis und die Reformatoren nehmen kein Blatt mehr vor den Mund und Bonhoeffer wird selbst in Gefangenschaft noch zum Seelsorger und Tröster.
Hinter unserer realen Welt zeigt sich am Ostermorgen Gottes Welt für uns. Und in Christus wird sie durchlässig für uns und dann in uns real.
Dann stehen wir am Friedhof und hören dieses tröstende Wort von der Auferstehung und es erleichtert uns in der Trauer und unsere Seele gesundet. Da ist kein Schalter und auch kein „don´t worry, be happy“ Gesäusle – denn manche Schmerzen kann man nicht mehr weglachen.
Aber gehalten und getragen von Gottes Wort, sind wir nicht für immer gefangen in den Fängen des Todes., so wie Jesaja sagt:
19 Aber deine Toten, Gott, werden leben, deine Leichname werden auferstehen. Wachet auf und rühmet, die ihr liegt unter der Erde! Denn ein Tau der Lichter ist dein Tau, und die Erde wird die Toten herausgeben.

Für unsere leiblichen Wunden haben wir viele und gute Medizin entwickelt, aber für die zerbrochenen Seelen bleiben uns oftmals nur die Tabletten. Christus ist nicht gestorben und wieder auferstanden, damit wir der Welt nachplappern: Tot ist tot und uns dann an den Lebenden rächen oder unser eigenes Leben zerstören, weil es nie mehr so werden wird, wie es früher war.
Und deshalb setzt Gott sein Zeichen in Christus, der uns befreien will aus diesem trostlosen Zirkel, weil er stärker ist als aller Tod und dabei wahrer Mensch geblieben ist, uns nahe.
Mit Christus wird unser Verstehen über diesen Schmerz und diese Trauer hinausgeführt und unsere Wahrnehmung verwandelt sich hin zum Neuen Sein.
Die Toten kommen dadurch nicht zurück, aber die Fesseln des Todes müssen uns frei geben, damit wir den Weg zurück finden in ein Leben finden, das lebenswert ist.
Gott hält uns mit seinem Wort diese heilsame Botschaft bereit. Und sie gilt immer noch. Heilsame Speise für unsere Seelen. Und wir dürfen es hören und schmecken, immer wieder, bis es in uns zur Gewissheit wird, so wie Paulus schreibt: Römer 8,31ff
38 Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, 39 weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.
Amen

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