20100222

Martin Adel: Ehe

14.2.2010 - Valentinstag

Lukas 15,11-32
11 Und Jesus sprach: Ein Mensch hatte zwei Söhne.
12 Und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht. Und er teilte Hab und Gut unter sie.
13 Und nicht lange danach sammelte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land; und dort brachte er sein Erbteil durch mit Prassen.
14 Als er nun all das Seine verbraucht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land, und er fing an zu darben
15 und ging hin und hängte sich an einen Bürger jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten.
16 Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm.
17 Da ging er in sich und sprach: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger!
18 Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir.
19 Ich bin hinfort nicht mehr wert, daß ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner!
20 Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater, und es jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küßte ihn.
21 Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, daß ich dein Sohn heiße.
22 Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße
23 und bringt das gemästete Kalb und schlachtet's; laßt uns essen und fröhlich sein!
24 Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein.
25 Aber der ältere Sohn war auf dem Feld. Und als er nahe zum Hause kam, hörte er Singen und Tanzen
26 und rief zu sich einen der Knechte und fragte, was das wäre.
27 Der aber sagte ihm: Dein Bruder ist gekommen, und dein Vater hat das gemästete Kalb geschlachtet, weil er ihn gesund wiederhat.
28 Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Da ging sein Vater heraus und bat ihn.
29 Er antwortete aber und sprach zu seinem Vater: Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe dein Gebot noch nie übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, daß ich mit meinen Freunden fröhlich gewesen wäre.
30 Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist, der dein Hab und Gut mit Huren verpraßt hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet.
31 Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, das ist dein.
32 Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden.



Liebe Gemeinde,
stellen Sie es sich doch vor ihrem inneren Auge vor. Ein tanzendes Paar. Erinnern wir uns noch, wie es war? Das Gefühl, die Hand es anderen in der meinen zu spüren? Die Berührung von Wange und Wange. Der verstohlene Blick: Ich schau sie an. Sie schaut mich an. In der Menge von tausenden von Menschen entdeckt er mich und ich entdecke ihn. Du und Ich. Ich und Du.
Erinnern wir uns noch – auch wenn wir es vielleicht schon lange nicht mehr gespürt haben. Die Bewegungen, die Entscheidungen – gemeinsam, wie aus einem Guss. Leichtfüßig im Wind sich wiegend. Zwei, die eins sind. Und obwohl der Mond nur fahl im Licht steht pulsiert das Herz – ein Herz und eine Seele.

Erinnern wir uns noch? Wie es war? Wie es am Anfang war? Wie es noch ist? Oder wieder ist?
- Hör ich da ein kleines Seufzen, ein Schwelgen? Seh ich da ein wehmütiges Sehnen in manchen Augen?
Oder war es nie so? Haben wir es uns verboten oder ist es uns ausgetrieben worden?
Oder haben wir es einfach vergessen? Ist es uns verloren gegangen, über den Jahren, hinter den Jahren, neben den Kindern, dem Beruf, dem Alltag? Dieses Gefühl des tanzenden Paares

Verlorene Liebe
Schön, dass sie gekommen sind. Mutig hier her. Bestärkend: Ja, die Ehe ist eine gute Gabe Gottes. Fragend: War es die richtige Entscheidung? Zweifelnd: Kann die Ehe eine gute Gabe Gottes sein, wo wir doch so schwer daran tragen. Jung und dumm gewesen und nur zu sehr ernüchtert in all den Jahren?
Einigen unter uns ist das Ja schon einmal zerbrochen. Sie sind daran gescheitert. Unschuldig – schuldig, Täter und Opfer und ich habe noch keinen getroffen, der darauf stolz war, wenn die Liebe zerbrach. Im Gegenteil. Beim Erzählen wird sie wieder wach, die Wut, der Schmerz, das Leiden, der zweite, der dritte Versuch zum Neuanfang und zum Schluss bleiben doch nur Scherben und unsere Kinder mit tiefen Verletzungen und Großeltern mit großen Verunsicherungen.

Verlorene Liebe. Verlorene Jahre?
In der Ehe? Nach der Ehe?

Nein!

Lassen wir uns nicht durcheinander bringen.
„ … aber die Liebe ist die größte unter ihnen“ – dieses Wort gilt: auch für uns und über uns.
Es ist nämlich zunächst und zuerst die Liebe Gottes über uns und für uns und er steht bereit und hält seine angenagelten Hände für uns weit ausgebreitet, dass wir kommen und ihm in die Arme werfen – egal, ob wir als Verlorene kommen, so wie der verlorene Sohn, umgekehrt, weil wir alles aufs Spiel gesetzt haben und neu beginnen wollen. Oder ob wir geblieben sind und über dem Bleiben alles Gefühl verloren haben, hartherzig verhärtet, wie der Ältere, eifersüchtig. Im Gesetz der eigenen Rechtschaffenheit gefangen.

Liebe Gemeinde,
ich weiß nicht, warum sie hier sind. Aber wir, meine Frau und ich sind hier, weil wir nur allzu sehr wissen, wie zerbrechlich und störanfällig das Zusammensein immer wieder auch ist. Je näher man sich ist, desto schmerzhafter kann der Streit, wenn die Wut in einem hoch kocht. Und deshalb brauchen wir neben und hinter und über unserem Ja und der Treue zu einander immer wieder das JA Gottes und seinen Segen.
Denn die Liebe kann man nicht wieder hineinreden, wenn sie einem abhanden gekommen ist. Aber man kann sie sich neu schenken lassen. So unvermittelt, wie sie am Anfang da war, ohne dass man gefragt hat: Du – Ich / Ich – Du. So kann sie zurück kommen, wenn wir uns aufschließen lassen, wenn wir uns öffnen lassen und sich dabei unser Blick wieder weitet und wir dabei versöhnlicher werden. Denn unser Blick verändert sich. Wie sagte es letzthin eine Frau zu mir:
Damals war ich so überglücklich, dass der mich angesehen hat. Und ich war so froh, dass ich ihn hatte.
Und dann verändert sich etwas und heute denke ich manchmal: Der kann froh sein, dass er mich hat.

Das zeugt von einem neuen Selbstbewusstsein, das da gewachsen ist. Ist das nicht toll. Aber man hat es auch gewonnen durch den anderen und an ihm und mit ihm. Manchmal in der Unterstützung und manchmal im Widerstand. Und ich sehe mich in einem neuen Licht.

Keiner von uns will nur durchhalten. 20 / 25 / 30 Jahre. Das wäre auch verfehlt. Ohne dich bin ich weniger. Mit dir bin ich mehr. Das ist der Anfang und das ist auch das Geschenk, das uns Gott in der Partnerschaft bereit hält.
Lassen wir es uns neu schenken.
Sucht, fragt, überlegt, probiert aus – eine neue Sichtweise. Langsam geht es, aber versuchen kann man es trotzdem: Den Blick mal von links, anstatt von rechts. Nicht mit der lauernden Haltung, wann er nur wieder den nächsten Fehler macht. Welch furchtbares Gesetz. Die Ehe als täglicher Kriegsschauplatz?
Barmherzigkeit und Vergebung sind zwei festen Säulen, um miteinander alt zu werden, und wenn ihr keines von beiden mehr könnt, dann kommt zu mir in die Seelsorge oder nehmt den Freund, die Freundin mit ins Boot. Den Bruder, die Schwester.
Und dann überspringt euren eigenen Schatten – im Gebet vor Gott liegend. Was kann ich? Was schaff ich? Ohne Mut und Vertrauen geht es eh nicht. Weder im Glauben noch im Leben.
Und plötzlich kommt es mir über die Lippen: „Das hast du so schön gemacht!“ und der andere hört es und denkt nicht gleich argwöhnisch: „Was will er denn jetzt?“
Ihr Männer: Wann habt ihr das letzte Mal eure Frauen beachtet und wertgeschätzt?
Ihr Frauen: Wann habt ihr das letzte Mal eure Männer bewundert und gelobt?
Fremde Worte? Fremdgewordene Worte?
Dann wird es wieder einmal Zeit, sich zu verändern. Denn unser Denken und Verstehen und unser Herz ist völlig blockiert.
Eine Kollegin sagte letzthin im Gespräch: Das wichtigste ist für mich die Zusage, „dass mich Gott liebt, obwohl er mich kennt“
Und das sollte uns anspornen. Auch in unseren Ehen.
Dass wir zurück finden zu einer zweiten Naivität und einer neuen Liebe. „Obwohl sie diese Eigenheiten hat, liebe ich sie!“
Und der eine muss dazu umkehren, so wie es im Evangelium, der jüngere Sohn getan hat. Und keiner hat es ihm vorgeschrieben, sondern er selbst ist zu der Einsicht gekommen: 18 Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. 19 Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße …. 20 Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater.
Und der andere muss sich wie der ältere Sohn aus seiner Ecke, in die er sich beleidigt und gekränkt verkrochen hat, ins Haus zurück rufen lassen, so wie es hier heißt:
Mein braver Sohn. Du hast alles richtig gemacht. Du bist allezeit bei mir und alles, was mein ist, das ist dein. 32 Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden.

Ich weiß ja nicht, wie die Rollen in ihren Partnerschaften verteilt sind. Eines ist jedenfalls klar:
Gott kommt zu uns beiden – mit ausgebreiteten Armen. Und ER will uns den Weg ebnen zu einem neuen Anfang, weil es um nichts weniger als das Leben geht, so wie es hier heißt:
32 Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Partner war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden.
Lassen wir uns davon anstecken – wenn es nicht schon längst geschehen ist.

Amen

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