20100316

Werner Otto Sirch: Gelobt sei Gott!

14.2.2010 - Sonntag Lätare

Predigt 2. Kor 1,3-7
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes,
4 der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.
5 Denn wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus.
6 Haben wir aber Trübsal, so geschieht es euch zu Trost und Heil. Haben wir Trost, so geschieht es zu eurem Trost, der sich wirksam erweist, wenn ihr mit Geduld dieselben Leiden ertragt, die auch wir leiden.
7 Und unsre Hoffnung steht fest für euch, weil wir wissen: wie ihr an den Leiden teilhabt, so werdet ihr auch am Trost teilhaben.


Liebe Gemeindeglieder,
liebe Schwestern und Brüder,

Gelobt sei Gott!, das sind die ersten Worte unseres heutigen Predigttextes. Gelobt sei Gott! Es ist nicht Bitte oder Dank, der den zweiten Korintherbrief eröffnet, sondern das Lob Gottes. Paulus spricht dieses Lob an Gott aus, trotz vieler schwerer Bedrängnisse und Leiden, die er erdulden musste: Schläge und Haft, Verleumdung, Krankheit, Verfolgung, Todesnot. Oft genug verzweifelte er am Leben.

Gelobt sei Gott! Wann ist uns, liebe Gemeinde, dieses Wort zum letzten Mal über die Lippen gekommen oder wann haben wir es in einem Brief geschrieben? Den Dank an Gott. Trotz allem was wir erleben, trotz allem was uns Not macht, trotz allem was uns am Leben verzweifeln und leiden lässt. Gelobt sei Gott! Wir neigen eher dazu zu jammern und zu klagen, Gott die Freundschaft aufzukündigen, aus der Kirche auszutreten, weil er nicht so ist wie wir ihn uns vorstellen und weil er ein so mieses „Bodenpersonal“ hat. Gelob sei Gott! Es bleibt uns im Hals stecken, wenn wir an die nicht enden wollenden Nachrichten von Missbrauch in Klöstern denken, wenn die Vorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands im Vollrausch durch Hannover fährt und ein Rummelsberger Rektor wegen gefährlicher Körperverletzung, die er als Vorgesetzter Untergebenen zugefügt hat, verurteilt wird. Gelobt sei Gott!

Liebe Gemeinde, das sollte jetzt nicht sarkastisch klingen. Es sind Vorgänge, die mich, und nicht nur mich, zur Zeit stark bewegen, worunter ich leide und mich schäme, dass so etwas möglich ist und getan wird, obwohl man es besser wissen müsste. Ich bin mir bewusst, dass es Menschen sind, die gefehlt haben, angegriffene Menschen und ich muss ja nur auf mich selbst sehen, dann entdecke ich auch einen, der sündhaft und voller Schuld ist. Ich habe also bestimmt keinen Grund mit meinem Finger auf andere zu deuten.

Gott sieht, dass wir leiden, an uns, an unseren Schwächen und an anderen, die uns wichtig sind, auf die wir geschaut haben und die nun so tief gestürzt sind. Gott sieht das unsägliche Leid, das in unserer Welt geschieht und in das auch wir Christen mit hineingezogen sind – und oft genug dabei schuldig werden. Es zieht uns herunter – auch jetzt, wenn ich davon spreche.

Eigentlich möchten wir Christen doch viel stärker sein und all dieser Bedrängnisse und Versuchungen mit der Hilfe unseres Glaubens standhalten können. Aber auch unter uns gibt es Krankheiten, die verzweifeln lassen und ohnmächtig machen. – Zerbrechende Ehen und Partnerschaften, Arbeitslosigkeit und Heimatlosigkeit, Alkoholismus und Drogenabhängigkeit aller Art, Ausweglosigkeit, Sinnleere und Selbstmord bedrücken die Gesellschaft und die Gemeinde. Das ist die Realität. Wir sollten nicht meinen, dass die Botschaft Christi die Boten mit besonderer Glaubensstärke und Ausstrahlungskraft ausstattet.

Wie sollen wir in all dieser Bedrängnis Trost finden? Was kann uns trösten? Wer kann uns trösten?

Unsere Bibel ist das Buch des Gotteslobs. Wir können in ihm von Menschen lesen, die als Leidbeladene und Getröstete in dieses Lob unseres Gottes einstimmen. Gerade die Psalmen zeigen uns solche Menschen, die gerade in schwerer Not, in Trostlosigkeit und Leid Zuversicht und Trost finden. Im bekannten Psalm 23 lesen wir: Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Gott tröstet und ist auch in schweren Zeiten bei uns, so dass wir uns nicht vor der Zukunft fürchten müssen. Viele sind durch schweres Leid hindurchgegangen und können, wenn sie von Gott reden, mit dem Beter des 94. Psalms bezeugen: Ich hatte viel Kummer in meinem Herzen, aber deine Tröstungen erquickten meine Seele.

Ja, so hatte ich das auch erlebt 2008, ein schweres Jahr für mich und meine Familie. Ich war oft an der Grenze, wenn auf der Intensivstation der Tod bei meiner Frau anklopfte. Und dann, nach Wochen und Monaten der Besserung, der Hoffnung, dass alles gut werden wird, der plötzliche Tod, innerhalb weniger Stunden. Ich hatte viel Kummer in meinem Herzen, aber deine Tröstungen erquickten meine Seele. Ich war am Ende meiner Kraft, gesundheitlich am Ende, traurig, depressiv – aber niemals am Ende mit Gott. Zu ihm konnte ich mich flüchten mit meinem Kummer und meinem verletzten Herz. Er tröstete mich und hatte die Medizin schon bereitgestellt: „Nimm Cristin zu dir!“ Auch so konkret kann Tröstung durch Gott sein. Und so entspringt aus dem Leid und der Not das Lob Gottes.

Gelobt sei Gott! Sagen wir manchmal, wenn es gerade noch mal gut gegangen ist. Vielleicht sollten wir das öfter sagen: Am Morgen, wenn wir gesund aufstehen können. Am Abend, wenn wir unseren Tag beschließen und uns zur Ruhe legen. Gelobt sei Gott, wenn wir von einer Krankheit genesen oder durch Bedrängnisse hindurchkommen, sie durchstehen können. Gelobt sei Gott, dass er unser Leben bis hierher bewahrt hat, uns und unsere Kinder beschützt. Gelobt sei Gott, dass wir in den Bedrängnissen unseres Lebens nicht ungetröstet bleiben müssen um depressiv zu resignieren.

Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden Es sind die Worte Jesu aus den Seligpreisungen. In mir klingen diese Worte wie frische Luft. Worte, die in die Zukunft weisen und Mut machen da anzupacken, wo wir wegen all der schrecklichen Leiden dieser Welt aufgeben möchten, weil wir sie nicht mehr ertragen können. Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. Es sind Worte der Zuwendung Gottes und des Heils an uns. Es ist der barmherzige Gott, der uns durch Jesus seine Liebe und Zuwendung schenkt.

Was kann uns in aller Bedrängnis und Not, in unserem Leid trösten? Wer kann uns trösten? Trösten ist Aufgabe der christlichen Gemeinde. Und hier sind vor allem die gefragt, die den Trost Gottes an sich selbst erfahren haben. Gott, der barmherzige und tröstende Gott, der in Jesus menschliche Gestalt angenommen hat, tröstet uns, damit auch wir trösten können.

Es ist soviel Trost unter uns nötig. Oft gar nicht auf den ersten Blick sichtbar. Viele versuchen ihre Not, ihre Verletzungen, ihr Elend mit sich selbst abzumachen. Und dann ist trotzdem der Wunsch da, dass da jemand ist, der ein gutes Wort hat, der das lösende Wort kennt, wenn das eigene Gewissen anklagt und der Glaube an sich selbst verloren gegangen ist. Wer sollte besser trösten können, als der, der selbst getröstet ist?

Trösten denkt nicht an meine noch so einfühlsamen und schlauen Worte. Trösten ist Gottes Wort in eine bestimmte Situation hineinzusprechen und dadurch Gottes Zuwendung zu erfahren. Das gilt ganz besonders im Angesicht des Todes, wo wir in äußerster Trostlosigkeit das Bekenntnis der Zuversicht der Nähe Gottes brauchen, um uns getrost auf den Weg machen zu können, auf den Weg, hin in Gottes Ewigkeit.

Gottes Trösten ist immer sein machtvolles und errettendes Handeln. Gott tröstet sein Volk, wendet sein Geschick führt es aus der Gefangenschaft, so können wir es immer wieder in der Bibel lesen. Gott tröstet uns, wendet unser Geschick und führt uns aus der Gefangenschaft unserer Bedrängnisse unserer Selbstbezogenheit und unseres Elends zur Freiheit und zum neuen Leben. Das ist die Nachricht an uns. Durch alle Bedrängnisse hindurch sind wir von ihm Getragene und werden mit den Erfahrungen seines Trostes beschenkt. Gelobt sei Gott! Amen.

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