20100111

Martin Adel: Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit :

Heiliger Abend 24.12.2009 Christvestper

Predigt - Tit 2,11-14 (Einheitsübersetzung)
11 Denn die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten.
12 Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben,
13 während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten: auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus.
14 Er hat sich für uns hingegeben, um uns von aller Schuld zu erlösen und sich ein reines Volk zu schaffen, das ihm als sein besonderes Eigentum gehört und voll Eifer danach strebt, das Gute zu tun.


Liebe Gemeinde
1. Prolegomena
Sie haben es vielleicht auch gelesen, den kleinen Artikel in den Fürther Nachrichten am 3. Adventswochenende. Auf der Titelseite war er eingedruckt mit der provokativen Überschrift: „Weihnachten am besten abschaffen?“ Darunter wird eine Umfrage zitiert mit den Einleitungsworte: „Viele klagen über Stress.“
„Jeder Vierte gibt an, die Feiertage setzten ihn massiv unter Druck“ und „jeder Sechste gibt zu, dass dann zu Hause meist dicke Luft herrscht.“
Gut, man könnte jetzt auch entspannt sagen – dann soll doch die Minderheit von 18,6 Prozent kein Weihnachten feiern und wir, die Mehrheit von 81,4 % könnten uns beruhigt zurück lehnen und sagen:
Passt doch alles.
Doch mal im Ernst, liebe Gemeinde,
wundert es uns, dass die Stimmung in so manchen Familien kippt? Was ist denn aus Weihnachten bei uns geworden? Für viele doch nur noch ein Fest ohne Inhalt. Ein kitschiger Weihnachtsbaum, dschingel bells vom CD-Player und eine Krippe sucht man meistens vergeblich. Ein leeres Fest mit dem krampfhaften Versuch sich über ein Baby zu freuen, mit dem wir gar nichts anfangen können. Wen wundert es da, dass wir dann nur noch erschöpft sind, orientierungslos umherirrend zwischen unseren Gefühls- und Sehnsuchtsfetzen aus Kindertagen.
Wer Weihnachten ohne Christus in der Krippe feiern will, der kann nur erschöpfen. Denn wer liegt denn da im Stall? Ein süßes Eideidei, gutzi, gutzi, gutzi oder ist es der Herr der Welt. Können wir sie noch sehen, die Wirklichkeit damals und die Wirklichkeit heute: sorgenvolle Eltern, abgerissene Hirten, verfolgte Könige und im Hintergrund das Waffengeklirr der kindermordenden Soldaten des Herodes und mitten darin Gott mit uns.
Wenn das Zentrum unseres Glaubens in den Glühweinschwaden und im Lebkuchendunst untergeht, dann muss es uns nicht wundern, dass Weihnachten immer mehr zum Stressfest wird.
Aber was hindert uns, das zu ändern!

Unser diesjähriger Predigttext nötigt uns förmlich, das Weihnachtsfest von dieser anderen Seite zu betrachten – dem Kern unseres Glaubens her.
Kein Wort für Hochglanzbroschüren und Kaufhausgeklimper und vielleicht gerade deshalb das rechte Wort gegen allen Weihnachtsstress. Damit wir nicht den Weihnachtszirkus unserer Tage verwechseln mit dem Weihnachten, das Gott uns schenkt. Und so heißt es im Neuen Testament, im Titusbrief, im 2. Kapitel, die Verse 11 – 14.

2. Die Gnade Gottes ist allen erschienen zur Rettung
11 Denn die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten.
Das ist der Anfang. Und so ein Wort tut gut. Die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. Auch mich und dich. So grundsätzlich und einmalig. Vorbehaltlos. Nicht den Juden nach Geburt oder den Deutschen nach dem Pass, die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. Auch mich und dich. Gott sei Dank. Das ist der Anfang!

3. … und erzieht uns
Doch dann geht es weiter. Anders weiter. Kein Zuspruch. Sondern der Aufbruch wird gefordert. Veränderung. Weil eben nicht schon alles heil ist, sondern erst heil werden soll. Und so ruft uns das Wort aus der Krippe zurück und lenkt unseren Blick weg von der Welt und unseren großen Fragen und Anfragen und Problemen und führt uns hin zu uns selbst.
12 Sie (Die Gnade Gottes) erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben,
Kein religiöses Gefühl, sondern ein Erziehungsweg wird beschrieben. Keine romantische Anschaulichkeit, sondern die Rettung besteht darin, dass wir uns erziehen lassen, hin ziehen lassen, uns von Gottlosigkeit und irdischen Begierden loszusagen – und wir wissen von alleine, was damit gemeint ist. Das Leben ohne Gott ist uns ja besser vertraut als mit ihm. Und wenn Fragen aufkommen, dann decken wir sie schnell zu mit unseren Antworten. Und wundern uns dann, wenn wir all diese Selbstberuhiger und Trösterle für unsere gestressten Seelen brauchen.
Dabei gilt sein Wort auch für uns:
11 Denn die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. 12 Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben,

4. … während wir warten
Attraktiv ist daran erst einmal gar nichts, aber heilsam ist es. Und das ganze nicht für einen Gewinn, sondern auf Hoffnung hin. Denn vorweisen können nichts, außer den Worten, die wir nachsprechen und nachglauben und einer Haltung, die von einer anderen Lebenseinstellung Zeugnis ablegt, so wie es hier heißt:
13 während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten: auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus.
Die Gemeinde damals wartete, dass sich ihre Hoffnung erfüllt. Und sie wird gestärkt im Warten. Keine Abkürzung, wie bei den vielen anderen Heilsverkündern unserer Tage: Fahr dieses Auto und du fühlst dich frei. Leg dein Geld bei uns an und nächstes Jahr strahlst du vor Glück. Buch diesen Urlaub und du verbringst zwei Wochen im Paradies.

Die Gemeinde wartet „auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus.“
So ein Evangelium lässt sich schlecht verkaufen, in einer Welt, die die sofortige Erfüllung aller Bedürfnisse predigt.
„Warten“ fällt da schwer. Haben und zeigen muss man es und die neue ist die alte Religion: „Haste was, dann biste was.“ „Warten“ kommt da nicht vor. Heute wird gelebt – wer weiß schon, was morgen kommt. Ist das alles, was wir haben?
Und wir stellen erschreckt fest: man kann wirklich nicht gleichzeitig zwei Göttern dienen.

5. … und er hat uns erlöst
Ja, liebe Gemeinde, unsicher sind viele von uns, ob denn die Botschaft noch stimmt, wenn es hier heißt:
14 Er hat sich für uns hingegeben, um uns von aller Schuld zu erlösen und sich ein reines Volk zu schaffen, das ihm als sein besonderes Eigentum gehört und voll Eifer danach strebt, das Gute zu tun.
Doch sie stimmt, diese Botschaft – es sei denn, wir haben umsonst unsern Baum geschmückt und unsere Krippen umsonst aufgebaut. Die Botschaft gilt - damals wie heute. Aber wir nutzen sie zu wenig. Kritisch distanziert sind wir und merken dabei, wie wir darüber erschöpfen und ermüden.
Denn die Frage will beantwortet sein – auch von mir: Wie stehe ich zu diesem Kind im Stall?
Ist es nur süßer Kitsch, eine liebgewordene Angewohnheit aus Kindertagen oder ist er wahrhaft Gottes Sohn? Gelten die Worte, die er spricht und zeugen sie von einer Wahrheit, die sich als wahr herausstellen wird, auch wenn ich mir oft schwer tue, daran zu glauben? Und gilt es, wenn er zu mir sagt: Dir sind deine Sünden vergeben? Oder gilt es nicht?
Alles Fragen, die meine Antwort wollen. Nicht immer gleich mit dem Brustton der tiefsten Überzeugung, aber doch mit der inneren Gewissheit, dass das, was wir heute feiern etwas mit dem Heiland der Welt zu tun und damit auch mit meinem Heil und der Kraft Gottes, die mir zum Leben hilft.
Nicht wir haben uns das ausgedacht, sondern Gott hat damals einen neuen Anfang gesetzt – dort in Bethlehem im Stall. Und dieser Anfang hat bis heute Gültigkeit. Und wir dürfen daran teil haben, so wie es hier steht:
Denn die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. Auch mich.
Und das bedeutet: Auch mich!
Amen

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